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# taz.de -- 20 Jahre Ökomarkt auf dem Kollwitzplatz: „Morgens geerntet, mitt…
> Seit zwei Jahrzehnten gibt es den Ökomarkt am Kollwitzplatz. Wie hat er
> sich durch die Gentrifizierung in Prenzlauer Berg verändert?
Bild: Kiste mit Bio-Gemüse
taz: Frau Westphal, heute ist der Prenzlauer Berg bekannt für gut situierte
Familien, vor 20 Jahren wohnten hier Studenten und Künstler. Wie konnte
sich der Markt in diesem Umfeld etablieren?
Elisabeth Westphal: Es gab hier schon immer ein hohes Interesse daran, zu
wissen wo Lebensmittel herkommen. Früher haben unsere Kunden eher einzelne
Produkte gekauft, ein paar Äpfel und einen Kohl etwa. Heute kommen die
Leute und erledigen ihren kompletten Einkauf auf dem Markt.
Die Gentrifizierung des Kiezes war also ein Segen für Sie als
Marktleiterin?
Viele Zugezogene haben mehr Geld, aber wir haben auch viele treue Kunden
verloren. Zur Jahrtausendwende haben sich gerade ältere und ärmere Menschen
bei uns verabschiedet. Einige konnten sich die Mieten nicht mehr leisten,
aber manche sind auch weggezogen, weil sie aufs Land wollten. Für uns war
das ein Verlust. Denn als Markt sind wir auf die Akzeptanz der Anwohner
angewiesen. Bei manchen Zugezogenen ecken wir auch an. Denn der Markt
konkurriert um Parkplätze für Autos.
Musste sich der Markt in den vergangenen Jahren an die neue Kundschaft
anpassen?
Ja. Früher hatten wir ausschließlich regionale Ware. Die Landwirte haben
nur das verkauft, was sie selbst produziert haben. Ein Gemüsebauer hat zum
Beispiel Möhren und Rote Bete verkauft und ein Geflügelproduzent seine
selbst geschlachteten Hühner. Heute erwarten die Kunden aber, dass es auf
dem Markt alles zu kaufen gibt. Einige Händler kaufen deshalb Bananen oder
auch Zitronen dazu, die wachsen in der Umgebung eben nicht. Da muss man
natürlich klar sagen, was aus eigenem Anbau ist und was nicht.
Welche Angebote sind noch dazugekommen?
Inzwischen haben wir über 40 Stände. Und nicht alle verkaufen Lebensmittel.
Denn es kommen auch Touristen, die den Flair des Prenzlauer Bergs suchen.
Bei uns gibt es nicht die klassischen Touristenartikel, sondern
Handwerkskunst oder zum Beispiel Kaschmir-Kleidung aus der Mongolei. Da
haben wir jede Woche auch andere Stände.
Vor 20 Jahren hatten Sie kaum Konkurrenz, dann hat am Senefelderplatz, nur
300 Meter vom Kollwitzplatz entfernt, ein Bio-Supermarkt von LPG
aufgemacht. Haben Sie da Preisdruck auf die Händler gespürt?
Der Bio-Supermarkt hat auch viele unserer Kunden angezogen. Aber die
meisten sind zurückgekommen. Unser Markt öffnet erst um 12 Uhr, viele
Produkte werden morgens noch geerntet. Diese Frische schätzen die Leute.
Und der Markt ist ja auch die Möglichkeit, die Verbindung zur
Landwirtschaft wieder zu spüren. Unsere Händler verkaufen nicht nur, sie
sprechen mit den Kunden auch über die Herstellung der Produkte.
Sehen Sie Trends, die der Markt in Zukunft aufgreifen wird?
Ich sehe zwei sehr gegensätzliche Entwicklungen. Es gibt Kunden, die gern
und kreativ kochen. Dann reicht es nicht, wenn der Händler Kopfsalat
anbietet, wenn nach Romana-Salat gefragt wird. Dadurch wird unser Angebot
noch vielfältiger werden. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach
zubereitetem Essen. Wir haben deshalb auch Imbisse, die Pizza oder
vegetarische indische Gerichte anbieten. Ein Stand bietet ein Getränk aus
Früchten, Ölsaaten und Nüssen an, der einer vollwertigen Mahlzeit
entspricht. Schnell, aber gesund, das ist gefragt.
22 Sep 2016
## AUTOREN
Tobias Pastoors
## TAGS
Markt
Bio-Lebensmittel
Gentrifizierung
Apfel
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Landwirtschaft
Schwerpunkt Landtagswahlen
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Veganismus
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