Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elfenbeinhandel in Afrika: Elefanten auf der Abschussliste
> Wilderer bedrohen Elefantenbestände, denn Elfenbein wird hoch gehandelt.
> Wie Aktivisten und Regierungen ums Leben der Tiere kämpfen.
Bild: Elefanten wissen um die Bedrohung und verändern ihr Verhalten. Tagsüber…
Nairobi taz | Mwashoti ist beinahe drei Jahre alt. Seine deformierte
Vorderpfote hinderte den lebhaften Burschen nicht daran, mit den Dutzenden
anderen Elefantenwaisen im Schlammbad oder im Gebüsch zu spielen. Sein Bein
steckte in einer Wildererfalle, als er in den Taita-Hügeln im Süden von
Kenia gefunden wurde. Nach anderthalb Jahren guter Versorgung im
Elefantenwaisenheim des David Sheldrick Wildlife Trust am Rande der
Hauptstadt Nairobi hat er zwar kein hübsches Bein, aber er ist ein gesunder
Elefant.
Die Falle war wahrscheinlich nicht für den kleinen Mwashoti bestimmt,
sondern für einen erwachsenen Elefanten, um das Tier zu töten. Die Wilderer
sind scharf auf die Stoßzähne. Noch immer wird in China, Vietnam oder
Thailand für Elfenbein sehr viel Geld bezahlt – die Elefantenzähne haben in
Asien den Status von Edelsteinen, ihr Besitz zeugt von Erfolg und
Wohlstand. In Afrika werden Elefanten hemmungslos gewildert.
Seit 1980 ist die Zahl der Tiere um über 60 Prozent gesunken. Nach Angaben
des ersten panafrikanischen „Great Elephant Census“, dessen Ergebnisse nach
drei Jahren Arbeit im August vorgestellt wurden, schrumpfte der
Elefantenbestand Afrikas allein zwischen 2007 und 2014 um ein Drittel –
114.000 Tiere wurden getötet, 350.000 sind noch übrig. Anderen Daten
zufolge werden in Afrika jährlich 30.000 Elefanten von Wilderern getötet
werden. Zwischen 2009 und 2015 hat sich die Zahlen der Elefanten in
Mosambik und Tansania halbiert.
## Die Wilderei nimmt wieder zu
„Wenn es so weitergeht, werden meine Enkelkinder keine Elefanten mehr in
der Wildnis sehen können“, meint Paul Udoto von Kenias Tierschutzbehörde
KWS. „Und das wird ganz bestimmt der Fall sein, wenn die Europäische Union
nicht unseren afrikanischen Plan unterstützt.“ Kenia und 28 weitere Länder
in Afrika haben sich zu einer „Elefantenkoalition“ zusammengetan und
fordern auf der jetzt beginnenden Artenschutzkonferenz Cites ein generelles
Handelsverbot für Elfenbein. Das lehnt die EU-Kommission ab.
Zwischen 1989 und 1999 gab es ein solches Verbot schon einmal. Aber dann
wurden Ausnahmen zugelassen: Simbabwe, Südafrika. Namibia und Botswana
durften Teile ihrer bereits bestehenden Bestände an beschlagnahmtem
Elfenbein verkaufen, um den Erlös in den Elefantenschutz zu stecken.
Doch Experten kritisieren: Seit diese einmaligen Verkaufsaktionen möglich
sind, nimmt die Wilderei wieder zu – es ist schwer zu beweisen, dass
gehandeltes Elfenbein nicht aus dem legalen Verkauf kommt. Korruption
spielt ebenfalls eine große Rolle, weil es um sehr viel Geld geht.
„Den Handel teilweise freizugeben spielt den illegalen Händlern in die
Hände. Weiß die EU das denn nicht?“ Udoto in seinem vollgestopften Büro im
KWS-Hauptquartier am Rande vom Nairobi-Wildpark ist wütend. Er ringt die
Hände und fügt hinzu: „Wenn die EU ein Verbot nicht unterstützt, hat sie
das Blut vieler Elefanten an den Händen.“
## Bedrohte Waldelefanten
Kenia steht an der Spitze der afrikanischen „Elefantenkoalition“. Mehrmals
haben die kenianischen Behörden beschlagnahmte Stoßzähne verbrannt. Im
April zündete Präsident Uhuru Kenyatta höchstpersönlich einen Berg von 105
Tonnen Elfenbein an. Kenia will beweisen, dass Tierschutz möglich ist, ohne
Geld am Elfenbein zu verdienen.
Die Strategie scheint zu funktionieren. Voriges Jahr wurden in Kenia zum
ersten Mal seit Langem wieder mehr Elefanten geboren als getötet. Aber die
Wilderer verlagern ihre Aktivitäten. Momentan droht vor allem den
Waldelefanten in Zentralafrika, wo es weite Landstriche ohne ausreichende
Überwachung gibt, das Aussterben. Die Waldelefanten sind kleiner als die in
den Savannen des südlichen und östlichen Afrika. In Westafrika sind
Elefanten schon lange eine Rarität.
Kenia kämpft nicht nur gegen die Wilderei, sondern auch gegen den
Schmuggel. Der Hafen von Mombasa am Indischen Ozean, wichtigster Transitort
für den Warenverkehr zwischen Ostafrika und Asien, ist zentral auch für
Elfenbeinschmuggler. „KWS, Polizei, Grenzbehörden und Justiz arbeiten
zusammen, um den Handel zu blockieren. Nur gemeinsam können wir den Kampf
gewinnen“, sagt Udoto und schließt das Fenster seines Büros im ersten
Stock: Eine Gruppe Paviane ist auf dem KWS-Gelände unterwegs und sucht
Essen, die Affen steigen auch gerne durch Fenster.
Allmählich wird es für Elfenbeinschmuggler ungemütlich in Ostafrika. Dieses
Jahr wurde mithilfe von Interpol ein kenianischer Schmuggler in Tansania
verhaftet. Faisal Mohammed Ali war im Besitz von zwei Tonnen Elfenbein –
die Stoßzähne von 114 Elefanten mit einem Wert von etwas über zwei
Millionen Euro. Er wurde zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt.
## Nachfrage kommt aus Asien
In Tansania läuft derzeit ein Gerichtsverfahren gegen die sogenannte
Elfenbeinkönigin: Yang Fanglan, die mit ihrer Brille und dem sanften
Gesicht aussieht wie eine durchschnittliche chinesische Großmutter. Die
Frau, die seit 1970 in Afrika lebt, soll einen Elfenbein-Schmuggelring
führen. Sie wird des Schmuggels mit Stoßzähnen im Wert von etwa zwei
Millionen Euro beschuldigt. Sie beteuert ihre Unschuld.
„Die Wilderer machen die gefährliche Arbeit, die Händler verdienen das
große Geld“, sagt Frank Pope von der Elefantenschutzorganisation Save the
Elephants. „Es müssen aber nicht nur Wilderer und Händler verfolgt werden.
Es muss dafür gesorgt werden, dass es keinen Markt mehr gibt für Elfenbein,
dass Menschen es nicht mehr haben wollen.“
China ist noch immer der größte Markt für Elfenbein. Nach der weltweiten
Kritik will Peking den Handel nun eindämmen. Aber in Vietnam und Thailand
steigt die Nachfrage weiter. Deswegen sei eine entschlossene Haltung
Europas wichtig, finden afrikanische Elefantenschützer.
„Während in China das Bewusstsein wächst, dass Elfenbein nicht cool ist und
Elefanten dafür nicht getötet werden sollen, nimmt die EU-Kommission eine
erstaunliche Position ein. Es sieht aus wie eine Unterstützung für Länder,
die sich die Möglichkeit offenhalten wollen, mit bedrohten Tierarten
Geschäfte zu machen. Dabei wird nur an die wirtschaftliche Seite gedacht
und nicht an die Gefahr des Aussterbens“, sagt Pope. „Um ein weltweites
Handelsverbot für Elfenbein zu erreichen, brauchen wir die EU auf unsere
Seite.“
## Tiere verstecken sich am Tag
Save the Elefants organisiert die Luftüberwachung von Elefantenherden und
schult Wilderer in Parkwächter um. Pope, der seit vier Jahren für die
Organisation arbeitet, erklärt, dass den Elefanten die Gefahr durchaus klar
ist: sie verändern ihr Verhalten. „Tagsüber verstecken sie sich immer mehr
im dichten Gestrüpp und kommen nur noch heraus, wenn es dunkel wir. Die
Riesen vom Busch spüren die Bedrohung.“
Mwashoti ist noch kein Riese. Seine Stoßzähne fangen erst an zu wachsen:
Winzige elfenbeinfarbige Punkte sind zu sehen auf beiden Seiten seines
Rüssels. Er ist gerade umgezogen: von Umani Springs in den Kibwezi-Wald.
Hier warten die älteren Elefantenwaisen darauf, wieder ausgewildert zu
werden.
22 Sep 2016
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Elefanten
Afrika
Elfenbein
Tierschutz
Fußball
Elefanten
China
Elfenbein
China
Wilderei
Elfenbein
Tierschutz
China
Artenschutzkonferenz
Schwerpunkt Iran
Walfang
Rote Liste
## ARTIKEL ZUM THEMA
Artenschutz in Simbabwe: Kicken gegen die Wilderei
Die illegale Nashorn-Jagd in Simbabwe ist auch Folge sozialer Probleme. Was
tun? Zum Beispiel Fußball spielen – in der Rhino Cup Soccer League.
Park-Ranger schießen auf Einheimische: Der Elefant im Kürbisacker
Immer mehr Dickhäuter bevölkern den Queen-Elizabeth-Park in Uganda. Doch
statt Gras fressen sie die Felder der Bauern leer. Die wehren sich.
Kampf gegen Elfenbeinhandel in Afrika: 15 Jahre Haft
Die „Elfenbeinkönigin“, die Chinesin Yang Fenglan, wird in Tansania
verurteilt. Sie gilt seit Jahrzehnten als Patin der chinesischen Mafia.
Nachruf auf Esmond Bradley Martin: Ermordeter Elfenbein-Ermittler
Esmond Bradley Martin ermittelte oft verdeckt gegen den Elfenbeinschmuggel.
Nun wurde er in Kenia offenbar bei einem Raubüberfall ermordet.
Elefantenstoßzähne in China: Elfenbein nur noch illegal
Die Volksrepublik China verbietet den Handel mit Elefantenstoßzähnen.
Tierschützer sind sehr erfreut, die USA lavieren.
Studie über Bedrohung durch Wilderer: Elefanten machen die Nacht durch
Afrikanische Elefanten sind tagaktiv. Aus Angst vor Wilderern fangen die
Tiere nun offenbar an, ihre Aktivitäten in die Nacht zu verlagern.
Umweltschützer über Elfenbeinmafia: „Egal ob Kokain oder Elfenbein“
Alain Ononino von der Umweltorganisation WWF kämpft in Zentralafrika mit
ungewöhnlichen Methoden gegen Elefanten-Wilderer. Und das mit Erfolg.
Verkehr in Nationalpark Kenias: Eisenbahn auf Stelzen
Vor den Toren Nairobis gibt es ein Dilemma der Wirtschaftsförderung:
Bahnstrecke gegen Nationalpark. Für das Land ist beides wichtig.
Neuer Interpol-Präsident aus China: Erstmal eigene Interessen verfolgen
Chinas Vizeminister für Sicherheit wird Interpol-Chef. Er will chinesische
Korruptionsverdächtige ausliefern lassen. Menschenrechtsgruppen sehen das
kritisch.
Welt-Artenschutzkonferenz: Hilfe für Elefanten und Papageien
Die Mitgliedsstaaten haben sich für die Schließung nationaler
Elfenbeinmärkte ausgesprochen. Auch Papageien sollen in Zukunft besser
geschützt werden.
TV-Doku über Raubtiere im Iran: Erst Phantom, nun Nationalsymbol
Asiatische Geparde lebten einst zwischen Arabien und Indien. Heute findet
die wohl seltenste Wildkatze ihre letzte Zuflucht nur noch im Iran.
Berufung auf Ausnahmeregelung: Japan fängt wieder Wale
Seit 2003 werden in Japan Wale zu „wissenschaftlichen Zwecken“ gejagt. Nach
einem erzwungenen Stopp geht der Walfang jetzt weiter.
Gorillaarten auf Rote Liste aufgenommen: Sanfter Riese in höchster Gefahr
Der Berggorilla und der Östliche Gorilla wurden auf die Rote Liste
bedrohter Arten aufgenommen. Von ihnen gibt es jeweils nur noch wenige
Hundert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.