# taz.de -- Umweltschützer über Elfenbeinmafia: „Egal ob Kokain oder Elfenb… | |
> Alain Ononino von der Umweltorganisation WWF kämpft in Zentralafrika mit | |
> ungewöhnlichen Methoden gegen Elefanten-Wilderer. Und das mit Erfolg. | |
Bild: Sichergestellte Schmuggelware in Kenia – mehr als 100 Tonnen Elfenbein | |
taz: Herr Ononino, fürchten Sie um ihr Leben? | |
Alain Ononino: Wilderer sind in mafiaähnlichen Banden organisiert und | |
machen ein Mordsgeschäft. Zusammen mit anderen Umweltverbrechen, etwa dem | |
illegalen Holzeinschlag, ist das in etwa so groß wie der Drogen-, | |
Falschgeld- oder Menschenhandel. Da stören wir. Das ist gefährlich. Und ich | |
habe eine Familie, drei Kinder. Aber wir gehen sehr vorsichtig vor. | |
Sie arbeiten undercover – und damit einzigartig? | |
Wir bahnen zum Schein mit den illegalen Jägern ein Geschäft mit Elfenbein | |
an. Dann schleichen wir uns bei ihnen ein und filmen das. Das machen wir | |
mit versteckter Kamera. Das hat es vorher so noch nicht gegeben. | |
Sie haben beim Geheimdienst gelernt? | |
Ich bin Jurist. Und ich will das gewaltige Artensterben stoppen. Wenige | |
Leute machen jedes Jahr bis zu 23 Milliarden US-Dollar Umsatz mit dem | |
illegalen Handel von Wildtieren und -pflanzen. Die Leute vor Ort gehen leer | |
aus. Das ist nicht fair. Als ich dann irgendwann mal ein Training bei | |
Interpol hatte, kam ich auf die Idee mit den versteckten Kameras. Die | |
Geräte bekommen wir zwar nicht in Kamerun, aber die sind in den USA oder | |
Europa schon für weniger als 300 Euro zu haben. Dazu kann ich aber nicht | |
mehr sagen. | |
Was wissen Sie über die Jäger der Elefanten? | |
Es gibt nicht den einen Jäger, sondern ein großes kriminelles Netzwerk. | |
Mittelsmänner in den urbanen Zentren heuern im Busch Leute an, statten sie | |
mit Stiefeln und Waffen aus. Die gehen dann los, schießen die Elefanten, | |
verstecken die Stoßzähne erst einmal in einfachen Hütten, sodass sie kaum | |
entdeckt werden können. | |
In einer der Filmsequenzen, die Sie derzeit in Deutschland zeigen, gräbt | |
einer der Jäger den Stoßzahn aus dem Boden aus. | |
Das war der Start unserer verdeckten Recherchen. Von da an hat mein Kollege | |
dann den Weg des Elfenbeins verfolgt. Ein Jäger vor Ort bekommt für ein | |
Kilo Elfenbein schon mal bis zu 270 Euro. Die Preise schwanken sehr stark. | |
Ein Stoßzahn wiegt im Schnitt, grob gesagt, jedenfalls 5,5 Kilo. Die werden | |
dann heimlich an den Ort geschafft, wo der Mittelsmann sitzt. Der leitet | |
sie weiter an die Kings und bekommt in etwa den doppelten Preis. | |
Wer sind die Kings? | |
Sie sind die Bosse der Banden; denen ist es oft egal, ob sie mit Kokain | |
oder Elfenbein handeln. Das sind nicht nur Afrikaner. Mittlerweile kommen | |
viele Geschäftsleute aus Asien nach Afrika. Und damit eben auch Kriminelle. | |
Ihre Zentralen haben sie in der Nähe von Flug- oder Seehäfen, etwa in | |
Yaounde oder Douala. Oft lassen sie das Elfenbein in Werkstätten, die sie | |
immer wieder verlegen, verarbeiten sie zu Armreifen und Figuren, damit es | |
ins Handgepäck passt. Anderes wird aber auch in Containern mit doppeltem | |
Boden verschifft, meist nach Asien. Aus China kennen wir Fälle, in denen | |
für ein Kilo einfach verarbeitetes Elfenbein ohne aufwendige Schnitzereien | |
2.000 Euro gezahlt wurden. | |
Wie finden Sie die illegalen Händler? | |
Wir haben ein Netzwerk von Informanten. Wir sprechen sie in Bars, | |
Restaurants oder an Tankstellen an. Nicht gleich am ersten Tag, wir | |
beobachten erst einmal. Ein Informant darf kein Trinker sein, sonst ist die | |
Gefahr zu groß, dass er alles ausplappert. Geld bekommen die Informanten, | |
wenn sie uns Hinweise liefern. Wir schicken dann unsere Rechercheure los, | |
mit denen wir einen Vertrag haben. Sie bekommen zu ihrem festen Lohn – in | |
etwa ein Drittel dessen, was ein normaler Arbeiter in Kamerun bekommt – | |
einen Bonus, wenn sie uns Filmmaterial schicken und einen Fall aufdecken. | |
Haben Ihre Filme Bestand vor Gerichten? | |
Allerdings, der Händler, der durch unsere Recherchen aufgeflogen ist, hat | |
der Polizei noch in seiner Werkstatt 80 Euro, später sogar 1.000 Euro | |
geboten, damit sie ihn gehen lässt. Er kam aber für zwei Jahre ins | |
Gefängnis, drei Jahre sind die Höchststrafe. Seit wir mit der versteckten | |
Kamera arbeiten, gibt es pro Monat etwa eine Festnahme. Vor zehn Jahren gab | |
es fast keine. | |
Eigentlich sollte Interpol Ihren Job machen? | |
Stimmt, aber egal, wie effektiv Interpol sind, sie ist nicht im Busch. Sie | |
braucht Leute, die sie mit Informationen versorgen. Darum sind wir übrigens | |
auch Teil der Interpol Wildlife-Crime Working Group. | |
Warum ist der Schutz von Elefanten so wichtig? | |
Der Handel mit Elfenbein ist im Grunde schon seit 1989 verboten. Trotzdem | |
ist die Zahl der Elefanten in Zentralafrika allein in den letzten zehn | |
Jahren um 60 Prozent zurückgegangen. Elefanten gelten als die Hüter des | |
Waldes. Damit die Samen mancher Bäume keimen, muss sie zum Beispiel erst | |
einmal ein Elefant in sich hineingestopft haben. Sie müssen seinen Magen | |
und Darm passiert haben. Verschwinden die Elefanten, sterben die Bäume. | |
Außerdem zieht der Elefant Touristen an; das ist eine gute Einnahmequelle | |
für die Menschen vor Ort. | |
Glauben Sie wie mancher anderer, dass die Elefantenjagd in Wildparks | |
erlaubt werden sollte, weil Jagdsafaris Geld bringen und Einheimische dann | |
versuchen die Tiere zu schützen? | |
Dafür ist es zu spät; zu viele Tiere sind schon gestorben. Legales Jagen | |
hat nur Sinn, wenn die Population insgesamt noch gesund ist. Wir brauchen | |
mehr Ranger. Und für die Ranger brauchen wir mehr Geld. | |
19 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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