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# taz.de -- Massenschlachtung von Rentieren geplant: Rentier-Wahnsinn in Norweg…
> Wegen einer erstmals in Europa aufgetauchten Krankheit wird eine ganze
> Herde Rentiere getötet. Kritiker halten das für falsch.
Bild: Künftig werden wohl weniger Rentiere in Skandinavien zu sehen sein
Stockholm taz | „Das ist vermutlich die schwierigste Entscheidung, die ich
als Landwirtschaftsminister bislang getroffen habe“, sagte Jon Georg Dale,
als er seinen Beschluss am Montag bekannt gab: „Und ich bin sicher, dass
viele sie infrage stellen werden.“ Was der norwegische Landwirtschafts- und
Ernährungsminister absegnete, bedeutet die Abschlachtung einer ganzen Herde
von 2.000 bis 2.500 Wildrentieren – etwa einem Zehntel des Bestands wilder
Rentiere in Norwegen.
Mit dieser radikalen Maßnahme, die die Behörde für
Nahrungsmittelsicherheit, „Mattilsynet“, der Regierung empfohlen hat, soll
die Ausbreitung der Hirnkrankheit „Chronic Wasting Disease“ verhindert
werden. Sie ähnelt dem Rinderwahnsinn BSE und der
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen und befällt Geweihträger wie
Hirsch, Ren und Elch: Eine ansteckende und tödlich verlaufende Krankheit,
bei der es zu Veränderungen im Gehirn kommt, die Tiere immer mehr abmagern
und schließlich verenden. In Nordamerika ist diese Krankheit seit 50 Jahren
verbreitet, in Europa war in einer 2007 durchgeführten Studie noch kein
einziger Fall entdeckt worden.
Erstmals in einem europäischen Land nachgewiesen wurde die Krankheit dann
im April 2016 bei einem toten Rentier in der südnorwegischen Region
Nordfjella. Einen Monat später war die Chronic Wasting Desease dann unweit
davon erstmals bei einer Elchkuh diagnostiziert worden. Aufgrund der Nähe
zur schwedischen Grenze verstärkte die schwedische veterinärmedizinische
Anstalt ein eigenes Untersuchungsprogramm. Anfang 2017 empfahl die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) die Einrichtung eines
europaweiten [1][Überwachungssystems].
Wie der „Hirsch-Wahnsinn“ nach Europa kam, ist bislang ein Rätsel. Die
schwedischen Veterinärmediziner gehen aber aufgrund der Inkubationszeit von
rund zwei Jahren und des langsamen Verlaufs der Krankheit davon aus, dass
es sie in Skandinavien womöglich bereits seit Jahren gibt. Übertragen wird
sie durch Direktkontakt, über Urin und Kot, Futter und Wasser. Methoden,
die Krankheit an lebenden Tieren zu diagnostizieren, gibt es bislang nicht.
## Massenschlachtung ist umstritten
Deshalb, so Minister Dale, sei die jetzige Massenschlachtung auch keine
übertriebene Reaktion, obwohl die Krankheit bislang nur an drei Rentieren
und zwei Elchen festgestellt worden sei. Man müsse auf Nummer sicher gehen.
Bis Mitte Juni soll ein konkreter Plan für eine Abschussaktion vorliegen.
Während die Naturschutzorganisation NOAH unnötige Panik kritisiert, warnt
die Nahrungssicherheitsbehörde Mattilsynet, jedes Abwarten erhöhe das
Risiko einer weiteren Ausbreitung. Eine Garantie, mit dieser Aktion die
Krankheit wirklich stoppen zu können, gebe es aber auch nicht. Womöglich
drohen also weitere Massentötungen von Rentieren.
11 May 2017
## LINKS
[1] http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/170118
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Norwegen
Rentier
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