# taz.de -- Neue Medikamente im Test: Nur einmal gibt es grünes Licht | |
> Neue Arzneimittel bringen oft wenige Verbesserungen, sind aber meist | |
> teurer. Ein Bericht der TK bewertet die Medikamente jetzt mit | |
> Ampelfarben. | |
Bild: In einer Apotheke in Hamburg: Medikamente im Regal eines Kommissionieraut… | |
BERLIN taz | Eine einfache Ampel, die zeigt, ob bei einem Medikament Kosten | |
und Nutzen stimmen: so funktioniert das Bewertungssystem der Techniker | |
Krankenkasse (TK). Für ihren Innovationsbericht hat sie alle im Jahr 2013 | |
auf den Markt gekommenen Präparate überprüfen lassen. | |
Im Rahmen des Berichts wurden die Medikamente mit anderen Therapien für das | |
gleiche Krankheitsbild verglichen und der Zusatznutzen ermittelt. Auch die | |
Kosten wurden berücksichtigt, um zu einem Gesamtergebnis zu kommen. Und die | |
Bilanz ist ernüchternd: Lediglich eines von 23 Medikamenten erreichte die | |
Bestnote und somit eine grüne Ampel. Es handelt sich um das | |
Brustkrebsmedikament „Perjeta“ mit dem Wirkstoff Pertuzumab. Für neun | |
Präparate zeigte die Ampel „gelb“ und für 13 „rot“. Bis heute wurden … | |
fünf der Wirkstoffe vom deutschen Markt genommen. | |
„2013 haben wir keine wirklichen Innovationen gesehen“, sagt Dr. Jens Baas, | |
Vorsitzender des Vorstandes der Techniker Krankenkasse. Dennoch hat sich | |
der durchschnittliche Packungspreis verdoppelt. Während die Neuheiten des | |
Jahres 2012 im Durchschnitt 670 Euro pro Packung kosteten, waren es 2013 | |
schon 1418 Euro. Nach der Markteinführung stiegen auch die anfallenden | |
Kosten für die Krankenkasse auf 55 Milliarden im Jahr, nahezu doppelt so | |
viel wie 2012. | |
Fast 60 Prozent des Gesamtumsatzes machten die onkologischen Präparate aus. | |
Medikamentöse Lipidsenker wurden zwar nur fünf Prozent der Patienten | |
verordnet, verursachten aber mehr als ein Drittel der Kosten. Das am | |
häufigsten verschriebene Arzneimittel war „Elvanse“, welches zur Behandlung | |
von ADHS eingesetzt wird – trotz seiner negativen Bewertung. | |
Das könnte sich laut Baas nun auf die Zusatzbeiträge der meisten Kassen | |
auswirken. Dabei sollte das 2011 beschlossene | |
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, kurz AMNOG, die Kosten für die | |
gesetzlichen Krankenkassen dämpfen. Er beklagt, dass „die in die | |
Neuregelung gesetzten Hoffnungen bislang nicht erfüllt“ wurden. Nun | |
geplante Veränderungen führten zudem „in die falsche Richtung“. So solle | |
etwa vom Prinzip abgewichen werden, dass ein neues Medikament nur teurer | |
sein dürfe, wenn es im Vergleich zu einer bestehenden Therapie einen | |
Zusatznutzen habe. | |
Die Krankenkassen wünschen sich jetzt mehr Transparenz für die | |
Preisgestaltung. Sie wollen, dass eingeführten Medikamente nach einigen | |
Jahren noch einmal bewertet werden, um unerwünschte Wirkung und | |
Gesundheitsgefährdung auszuschließen. Vor allem aber sollen die neuen | |
Ampeln für Ärzte eine Entscheidungshilfe bei Verschreibungen sein, und | |
unabhängig von den Interessen der Pharmaindustrie. | |
8 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Judith Freese | |
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