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# taz.de -- Schwierige Regierungsbildung in Spanien: Rajoy buhlt um die Soziali…
> Der bisherige Ministerpräsident Rajoy stellt sein Regierungsprogramm vor
> und will gewählt werden. Doch noch fehlt ihm die Mehrheit.
Bild: Der amtierende Ministerpräsident Mariano Rajoy am 29. August
Der bisherige Ministerpräsident Mariano Rajoy soll auch der neue
Regierungschef Spaniens werden. Das ist das Ziel eines 100-Punkte-Plans,
auf den sich Rajoys Konservative mit der liberalen Partei Ciudadanos am
Wochenende geeinigt haben. Am heutigen Dienstag will Rajoy sein
Regierungsprogramm im spanischen Parlament vorstellen und dabei auch um
Stimmen oder Stimmenthaltungen werben. Denn auch zusammen mit Ciudadanos
hat Rajoy noch immer keine Mehrheit.
Der 100-Punkte-Plan ist auf den ersten Blick vielversprechend. Er sieht
eine Reform des spanischen Hypothekenrechts vor, mit dem die Wohnung als
Sicherheit für einen Immobilienkredit ausreichen soll. Damit wäre die
Übergabe der Schlüssel an die Bank ausreichend, wenn ein Wohnungskäufer die
Raten nicht mehr zahlen kann. Die in den letzten Jahren vorgenommenen
empfindlichen Kürzungen an der Pflege sollen ebenso rückgängig gemacht
werden wie die umstrittene Bildungsreform. Beide hatte die spanischen
Volkspartei PP in den vergangenen vier Jahren mit ihrer absoluten Mehrheit
durchgesetzt. All die Neuerungen sind Forderungen aus den
Massenkundgebungen gegen die Austeritätspolitik der letzten Jahre.
Umstritten ist besonders bei den Gewerkschaften die Einführung von
Subventionen für Niedriglohnempfänger besonders schlecht bezahlter
Tätigkeiten, also das sogenannte Aufstocken. Zudem wollen Konservative und
Liberale den Arbeitsmarkt mit seinen vielen unterschiedlichen
Beschäftigungsverhältnissen entflechten und den Kündigungsschutz erneut
reformieren.
Ciudadanos hatte bei ihrem ersten Versuch der Regierungsbildung Ende März
ganz ähnliche Maßnahmen vereinbart – damals noch mit den Sozialisten. Bei
der Wahl zum Ministerpräsidenten fiel Sozialistenchef Pedro Sánchez jedoch
durch, weil Konservative wie auch Podemos gegen ihn stimmten. Es folgten
Neuwahlen im Juni. Mit ihrer inhaltlich nun ganz ähnlichen
Regierungsvereinbarung wollen Konservative und Ciudadanos Druck auf die
Sozialisten ausüben, dass sich diese bei der Wahl Rajoys zumindest
enthalten. Denn mit den 170 Stimmen der beiden Fraktionen würde Rajoy bei
den Abstimmungen am Mittwoch und am Freitag wie schon Sánchez im März
scheitern – er bräuchte 177. Enthalten sich die Sozialisten, hätte Rajoy
allerdings mehr Ja- als Gegenstimmen.
Die Sozialisten rechtfertigen ihre weiter ablehnende Haltung gegenüber
Rajoy damit, dass der neue Regierungspakt einen Haushaltsvorbehalt
beinhaltet: Alle Maßnahmen sollen nur dann umgesetzt werden, wenn sie nicht
gegen den Stabilitätspakt der EU verstoßen. Auch das Bündnis aus
Postkommunisten und Podemos, Unidos Podemos, kritisiert das Maßnahmenpaket
als „Propagandafeuerwerk“.
Ausschlaggebend für das Nein der Sozialisten dürften jedoch eher
parteitaktische Gründe sein. Wenn sie die Wahl Rajoys durch Enthaltung
ermöglichen, würden viele Wähler darin eine Art Große Koalition sehen.
Nicht mehr die Sozialisten, sondern das seit Juni merklich passiv gewordene
Bündnis Podemos könnte sich dann als die echte Opposition gegen die
Konservativen profilieren. Im Fall längst nicht mehr auszuschließender
erneuter Neuwahlen – womöglich am 25. Dezember – könnte Podemos die
Sozialisten als stärkste sozialdemokratische Kraft überflügeln, so die
Befürchtungen der Sozialisten.
30 Aug 2016
## AUTOREN
Hans-günter Kellner
## TAGS
Mariano Rajoy
Pedro Sánchez
Spanien
Podemos
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