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# taz.de -- Berliner Landtagswahl: Wählen ins Blaue
> Zum Glück nur Opposition? Nein. In mehreren Bezirken wird die AfD nach
> der Wahl vermutlich Stadträte stellen und mitregieren. Das liegt am
> Proporzmodell.
Bild: Bald nicht mehr nur Opposition.
Sie ganz aus den Parlamenten raushalten, das hielt der Regierende
Bürgermeister Michael Müller (SPD) noch im Juni für möglich. Traurige
Wahrheit aber ist: Die Rechtspopulisten werden allen Umfragen zufolge nicht
bloß ins Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente einziehen. Sie werden
höchstwahrscheinlich auch mitregieren dürfen: als Stadträte in den
Bezirksämtern.
In welchen genau, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Denn die letzten
belastbaren Zahlen zum Wahlerfolg der AfD in den Bezirken stammen von der
Europawahl 2014 – damals war die AfD eine andere Partei als heute. In
Marzahn-Hellersdorf erzielte sie vor zwei Jahren mit 11,7 Prozent ihr
bestes Ergebnis, gefolgt von Treptow-Köpenick, Reinickendorf, Spandau und
Lichtenberg mit jeweils um die 10 Prozent. Gut möglich, dass die Partei
nach ihrem Rechtsruck in Bezirken wie Marzahn-Hellersdorf dieses Mal noch
deutlich besser abschneiden wird. Gut möglich aber auch, dass so mancher
Euroskeptiker in Reinickendorf sich inzwischen von der Partei abgewendet
hat.
Auch personell ist noch vieles unklar. Für Marzahn-Hellersdorf steht der
Name Manfred Bittner im Raum, der in den 90er Jahren für die CDU schon
einmal im Bezirksamt saß. In Reinickendorf ist mit Rolf Wiedenhaupt
ebenfalls ein Ex-CDUler Anwärter auf den Posten. Wiedenhaupt, von 1985 bis
1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses, saß Ende der 90er mehrere Jahre wegen
Steuerhinterziehung im Gefängnis – bei der AfD will er nun wieder
politische Karriere machen.
Dass die AfD Stadträte stellen wird, ist folgenschwer. Denn anders als
Abgeordnete in der Opposition bekommen sie hier echte Macht: Ausgestattet
mit mehr als 100 Mitarbeitern und einem Jahresetat von mindestens 50
Millionen Euro, können diese weitgehend selbstständig über ihre Bereiche
verfügen. Schleichend könnte ein AfD-Jugendstadtrat beispielsweise auch
jenseits von offensichtlichen Geldkürzungen einem linken Jugendclub das
Leben schwer machen: mit Auflagen, Berichtspflichten, zusätzlichen
Kontrollen.
Dass AfD-Stadträte überhaupt möglich sind, liegt am Proporzmodell in den
Bezirken, wo die Stadträte nicht von der Regierungspartei oder -koalition
gestellt, sondern nach Abschneiden der Parteien bei der BVV-Wahl vergeben
werden. Mit etwas Glück können schon 12 Prozent für einen Stadtratsposten
reichen.
Etwas Handlungsspielraum haben die anderen Stadträte trotzdem: Bei der
Entscheidung über Zuschnitt und Verteilung der Ressorts können sie
versuchen, der AfD solche zuzuschustern, in denen sie möglichst wenig
Schaden anrichten kann. So gibt es etwa im Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf
bereits Überlegungen, der AfD das Umweltressort zu überlassen – mit
Verantwortung für Grünflächen- und Friedhofsamt. Und vielleicht birgt die
besondere Berliner Situation ja auch eine Chance: dass sich die AfD durch
ihre erste Regierungsbeteiligung selbst entzaubert.
Den gesamten Schwerpunkt: Siehe Printausgabe der taz.
11 Sep 2016
## AUTOREN
Stefan Alberti
Malene Gürgen
## TAGS
Schwerpunkt AfD in Berlin
Nazis
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Michael Müller
Abgeordnetenhauswahlen 2016
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