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# taz.de -- EuGH-Entscheidung zu Auslieferungen: EU-Bürger bleiben zweitklassig
> Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs schützt die EU-Bürgerschaft
> nicht vor Auslieferung in Drittstaaten. Es gibt aber Schlupflöcher.
Bild: Ein wichtiges Ziel der EU ist die Vermeidung der Straflosigkeit von Verbr…
Freiburg taz | EU-Bürger dürfen bei Auslieferungen weniger geschützt werden
als eigene Staatsbürger. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am
Dienstag in einem wegweisenden Urteil entschieden. Zugleich fand er aber
eine pfiffige Lösung für das damit verbundene Problem.
Im konkreten Fall ging es um den Esten Aleksei Petruhhin. Er wurde aufgrund
einer Interpol-Ausschreibung im Nachbarland Lettland festgenommen. Ihm
droht die Auslieferung nach Russland, wo ihm bandenmäßiger Drogenhandel
vorgeworfen wird.
Der oberste Gerichtshof Lettlands hatte aber Zweifel, ob er den Esten nach
Russland ausliefern darf – schließlich sei der Este ja EU-Bürger. Zwar
sieht die lettische Verfassung nur ein Auslieferungsverbot für Letten vor.
Doch das sei eine möglicherweise unzulässige Benachteiligung der anderen
EU-Bürger. Immerhin verbieten die EU-Verträge „jede Diskriminierung aus
Gründen der Staatsbürgerschaft“. Das lettische Gericht legte die Frage
deshalb dem EuGH vor.
Die Frage lag in der Luft. Auch das Landgericht Berlin fragte den EuGH
Anfang des Jahres, ob EU-Bürger und Deutsche bei Auslieferungen gleich
behandelt werden müssen. Im Berliner Fall verlangte ein Italiener von
Deutschland Schadenersatz, weil er zur Strafverfolgung in die USA
ausgeliefert worden war, während Deutschland die eigenen Staatsbürger nicht
in die USA überstellt.
Im lettischen Fall entschied der EuGH nun, dass der Este in Lettland zwar
grundsätzlich gleich behandelt werden muss. Allerdings gelte dies nicht
beim Schutz vor einer Auslieferung. Denn ein wichtiges Ziel der EU sei auch
die Vermeidung der Straflosigkeit von Verbrechen. Nach dem
völkerrechtlichen Prinzip „ausliefern oder selbst ermitteln“ könnte zwar
ein nicht ausgelieferter Lette in Lettland vor Gericht gestellt werden,
nicht aber ein Este – jedenfalls wenn es um Straftaten geht, die angeblich
in Russland begangen wurden.
Der EuGH hat nun aber einen anderen Weg gefunden, wie EU-Bürger in solchen
Fällen vor der Auslieferung in Drittstaaten geschützt werden können:
Lettland müsste Estland informieren, dass einem Esten die Auslieferung nach
Russland droht. Dann könnte Estland seinen Staatsbürger per europäischem
Haftbefehl nach Estland holen. Dort wäre er zum einen durch die estnische
Verfassung vor Auslieferung geschützt. Zum anderen könnte der Este in
seiner Heimat aber auch wegen der russischen Vorwürfe vor Gericht gestellt
werden.
6 Sep 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
EuGH
Auslieferung
Estland
Staatsbürgerschaft
EuGH
Hartz IV
EU-Ausländer
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