# taz.de -- Rassistische Polizeikontrolle: Nicht blond, also verdächtig | |
> Weil er Migranten im Auto mitnahm, geriet ein Mann in eine | |
> Polizeikontrolle. Dabei ist „Racial Profiling“ verfassungswidrig – und | |
> ein bekanntes Problem. | |
Bild: Obacht, diese Frau sieht fast schon nicht deutsch genug aus für ein deut… | |
BREMEN taz | Wer einen BMW fährt, aber nicht aussieht, als ob er ein | |
Deutscher wäre, ist der Bremer Polizei prinzipiell verdächtig – und muss | |
mit einer Durchsuchung rechnen. Diesen Schluss legt zumindest der Fall | |
eines Mannes nahe, der nachts in Peterswerder von der Polizei gestoppt | |
wurde: „Zwei augenscheinliche Asylbewerber/Migranten“ waren aus einem | |
„silberfarbenen 3er BMW“ ausgestiegen und „hatten sich fußläufig entfer… | |
So steht es als Anlass des Einsatzes im offiziellen Polizeibericht, welcher | |
der taz vorliegt. „Daraufhin folgten wir dem Fahrzeug und es wurde von uns | |
per Anhaltekelle gestoppt.“ | |
Der Fahrer hatte zwar sowohl einen gültigen Führerschein und auch einen | |
rechtmäßigen Aufenthaltstitel, wurde aber dennoch weiter kontrolliert, | |
protokollierten die Polizisten weiter. Warum? Er sei in der Vergangenheit | |
bereits mit „Gewaltdelikten“ auffällig geworden und arbeite jetzt im | |
Sicherheitsgewerbe, so der Bericht. | |
Bei der Durchsuchung des Autos wurde schließlich eine mit Schreckschuss- | |
und Gasmunition und geladene Gaspistole gefunden, eine Walther P99 – für | |
die der Mann einen kleinen Waffenschein gebraucht hätte, den er aber nicht | |
hatte. Die Waffe wurde deshalb beschlagnahmt. | |
## Anwalt sieht Fall von „Racial Profiling“ | |
Für seinen Rechtsanwalt Sven Sommerfeldt ist das ein klarer Fall von | |
„Racial Profiling“ – und also unrechtmäßig. Er will nun Widerspruch | |
einlegen und vor dem Verwaltungsgericht klagen, um die Rechtswidrigkeit des | |
Polizeieinsatzes feststellen zu lassen. In einem weiteren Schritt könnte | |
die Polizei dann auf Schadensersatz verklagt werden. | |
Die Polizei wollte sich zu dem Fall zunächst noch nicht klar äußern. Eine | |
abschließende Bewertung stehe noch aus, sagte eine Polizeisprecherin, „die | |
Ermittlungen dauern an“. Die Polizei Bremen kontrolliere aber grundsätzlich | |
„anlassbezogen“ – auf welcher Rechtsgrundlage die Kontrolle stattfand, | |
konnte die Polizei aber zunächst nicht sagen. Laut dem Bremer Polizeirecht | |
müssten für eine Kontrolle wie diese „tatsächliche Anhaltspunkte“ für e… | |
konkrete Straftat oder eine Gefahr vorliegen, sagt Sommerfeldt. | |
Denn in Deutschland darf niemand nur deshalb kontrolliert werden, weil er | |
eine dunkle Hautfarbe hat. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in | |
Koblenz schon 2012 festgestellt, und das bestreitet auch die Bremer Polizei | |
nicht. Das „Racial Profiling“ verstößt gegen das Diskriminierungsverbot d… | |
Grundgesetzes, entschieden die Richter damals. | |
Eine solche Kontrolle ist auch dann unzulässig und verfassungswidrig, wenn | |
die Hautfarbe als Teil eines „Motivbündels“ jedenfalls ein wichtiges | |
Kriterium gewesen ist. Das stellte das OVG Rheinland-Pfalz jüngst in einem | |
anderen Fall fest. | |
„Grundsätzlich“ führe die Bremer Polizei keine Personenkontrollen durch, | |
die sich ausschließlich auf eine Nationalität oder einen ethnischen | |
Hintergrund stützen, behauptet eine Behördensprecherin. Zugleich räumt die | |
Polizei aber prinzipiell ein, dass rassistische Polizeikontrollen durchaus | |
ein Problem sind, auch in Bremen: Im vergangenen Herbst fand deshalb in | |
Bremen bereits der zweite Fachtag zum „Racial Profiling“ statt. Sogar im | |
rot-grünen Koalitionsvertrag ist es Thema: „Kontrollen aufgrund der | |
Hautfarbe sind keine Grundlage polizeilichen Handelns“, heißt es da | |
schlicht. | |
## Die Polizei wurde eigens für das Thema sensibilisiert | |
Sommerfeldt geht davon aus, dass rassistische Polizeikontrollen auch in | |
Bremen noch immer an der Tagesordnung sind – und nur nicht immer so gut | |
dokumentiert seien wie hier. Zahlen gibt es keine. | |
Allerdings stellte die Europäische Grundrechte-Agentur 2014 in einer Studie | |
fest, dass 79 Prozent der Bundespolizisten am Frankfurter Flughafen | |
ethnische Merkmale für besonders hilfreich halten, um Ausländern ohne | |
Papiere auf die Spur zu kommen. | |
Polizeipräsident Lutz Müller befürwortete schon 2015 eine externe | |
[1][Beschwerdestelle], um rassistischer Diskriminierung zu begegnen. | |
Amnesty International fordert sie seit Langem – aber es gibt sie noch immer | |
nicht. Die Polizei entscheide nicht über eine solche Beschwerdestelle, | |
sagte eine Sprecherin. | |
24 Aug 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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