| # taz.de -- Ex-Läufer Jan Fitschen zu Olympia: „Leistungssprünge sind mögl… | |
| > Der frühere EM-Titelträger über 10.000 Meter glaubt, dass auch ohne | |
| > Dopingmittel neue Rekorde fallen können. Der Trainingsmethodik wegen. | |
| Bild: Im Blickpunkt: Chepngetich Kipyegon nach ihrem Olympiasieg über 1.500 Me… | |
| taz: Herr Fitschen, als einstiger Europameister über 10.000 Meter haben Sie | |
| ein Auge für die von den Afrikanern dominierten Laufwettbewerbe in Rio. Hat | |
| Sie etwas überrascht? | |
| Jan Fitschen: Eigentlich gar nichts so sehr. Dass Ruth Jebet, die | |
| Kenianerin, die für Bahrain startete, den 3.000 Meter Hindernislauf früh | |
| von der Spitze aus gelaufen und gewonnen hat, war schon bemerkenswert. | |
| Spielen sie auf etwas Besonderes an? | |
| Ja, auf den 10.000-Meter-Weltrekord der Äthiopierin Almaz Ayana, der um 14 | |
| Sekunden unter der bis dahin gültigen Bestmarke lag. | |
| Für mich war das keine Riesenüberraschung. Letztlich war auch das nur eine | |
| Frage der Zeit, wann dieser fällt. | |
| Warum? | |
| Die Trainingsmethodik verfeinert sich immer mehr. Gerade in Kenia und | |
| Äthiopien hat sich in Sachen Infrastruktur viel getan. Wenn diese | |
| unglaublich guten Athleten zum Beispiel auch physiotherapeutisch optimal | |
| betreut werden, sind natürlich noch Leistungssprünge möglich. | |
| Aber 14 Sekunden schneller sind doch schon erstaunlich. | |
| Die Rekorde der Frauen haben auch etwas mit dem Umdenken in den | |
| afrikanischen Ländern zu tun. In Kenia etwa galt lange: Die Männer | |
| verdienen das Geld, die Frauen kümmern sich um das Haus und die Kinder. | |
| Mittlerweile werden reine Frauenteams aufgebaut. Man hat gemerkt, dass | |
| durch die geringere Konkurrenzsituation bei den Frauen schneller größere | |
| Erfolge zu erzielen sind. | |
| Sie haben etliche Trainingslager in Kenia absolviert und ein Buch | |
| „Wunderläuferland Kenia“ geschrieben. Warum ist dieses Land auch in Rio | |
| wieder so erfolgreich? | |
| Läufer haben in Kenia einen unglaublichen Stellenwert. Es gibt Tausende von | |
| Athleten, die das Lebensziel haben, schnell zu rennen und damit ihr Geld zu | |
| verdienen. Es kommen noch viele andere Gründe dazu. | |
| Zum Beispiel? | |
| Bei bestimmten Stämmen in Kenia findet man viele Menschen mit einem idealen | |
| Körperbau für Langstreckenläufer. Sie sind sehr dünn, sehnig und leicht. | |
| Und die Motivation ist sehr groß, wenn man aus ökonomisch schlechten | |
| Verhältnissen kommt. Zudem ernähren sich die Kenianer besser, es gibt nicht | |
| so viel Fast Food. | |
| Viele denken gerade auch beim jüngsten Weltrekord der Äthiopierin über | |
| 10.000 Meter an Doping. | |
| Nach den Enthüllungen über Russland und Kenia denkt man automatisch daran. | |
| Ich bin aber überzeugt, dass die meisten Athleten auch in Kenia mit | |
| sauberen Mitteln arbeiten. | |
| Kenia steht auf der Dopingsünderliste an Nummer 2 hinter Russland. Zu | |
| Unrecht? | |
| Ich glaube nicht, dass man da eine Rangliste aufstellen kann. Nur die | |
| Recherchen des Journalisten Hajo Seppelt haben zu den Enthüllungen geführt. | |
| Wer weiß, was herausgekommen wäre, hätte er sich woanders umgeschaut. | |
| Die Versuchung zu dopen ist in wirtschaftlich ärmeren Ländern größer, | |
| schreiben Sie in ihrem Buch. | |
| Doping ist durch nichts zu rechtfertigen, aber wer wird in Deutschland | |
| Läufer, um Geld zu verdienen? In Russland sind die Athleten zum Beispiel | |
| oft Zwängen ausgesetzt und trotzdem stehen sie am Pranger. Viel schlimmer | |
| sind die Strukturen, die dahinterstehen. | |
| 18 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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