# taz.de -- Debatte um Eintrittsgelder: Am Strand sind alle gleich | |
> In Friesland kosten Strände nur für Anwohner keinen Eintritt. Die | |
> unterschiedliche Preisgestaltung könnte gegen das Gleichheitsgebot | |
> verstoßen. | |
Bild: Darf der Strandbesuch etwas kosten? Erholung in Hooksiel. | |
Janto Just wohnt in Schortens, das ist 14 Kilometer von den Badeorten | |
Hooksiel und Horumersiel-Schilling entfernt. Doch will er dort am Strand | |
spazieren, muss er drei Euro zahlen. „An der ganzen Küste von Emden bis | |
Cuxhaven kommt man fast nirgends kostenfrei an den Strand“, klagt er. „Aber | |
das ist unser Naherholungsraum.“ Und nach dem Bundesnaturschutzgesetz habe | |
jeder das Recht, zur Erholung freie Flächen zu betreten. | |
Seit Jahren kämpft der Kreispolitiker Just gegen diese Gebühren. Erst im | |
Januar hat er einen Prozess gegen die Nordsee-Gemeinde Wangerland vor dem | |
Oberverwaltungsgericht Lüneburg verloren. Doch nun schöpft er durch ein | |
[1][neues Urteil des Bundesverfassunsgerichts] (BVG) wieder Mut. | |
Ausgerechnet ein Fall aus Bayern könnte die Strand-Preispolitik an der | |
Nordsee kippen. | |
Ein Österreicher hatte dagegen geklagt, dass er in einem Thermalbad in | |
Berchtesgaden den regulären Eintritt zahlt, während Einheimische ein | |
Drittel Nachlass gewährt wurde. Die Richter sahen darin eine | |
diskriminierende Preisgestaltung, die gegen den Gleichheitsgrundsatz | |
verstößt. | |
Zwar dürften Gemeinden ihre Einwohner bevorzugen. Doch für die | |
Ungleichbehandlung Auswärtiger brauche man „hinreichende Sachgründe“. Etw… | |
wenn es darum ginge, die „sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft“ zu | |
fördern, könnten Einheimische Vorteile bekommen. Das Freizeitbad jedoch, so | |
das BVG, solle gerade Auswärtige ansprechen und sei „auf Überregionalität | |
angelegt“. | |
Das kann man genauso auf die Nordsee-Strandbäder übertragen, argumentiert | |
Janto Just, der für die Wählergruppe „Freie Friesländer“ im Kreistag sit… | |
und der Initiative „Freie Bürger für freie Strände“ angehört. Denn | |
Wangerländer Gemeindemitglieder zahlten nichts für den Strand, er hingegen | |
besagte drei Euro am Tag. Zwar gibt es für Tagesgäste aus den | |
Nachbarkommunen Jever, Schortens, Wilhelmshaven und Wittmund eine | |
Jahreskarte für zehn Euro. Doch Jahreskarten für Auswärtige kosten 45 Euro. | |
Gemeinde-Bürgermeister Björn Mühlena verweist auf die hohen Kosten für die | |
Pflege der Strände. Beide Abschnitte seien künstlich aufgeschüttet worden. | |
„Das ist hier keine freie Natur. Wir müssen uns das wie ein Freibad am | |
Strand vorstellen“, sagt er. Zudem zahle die Gemeinde eine pauschale Summe | |
an die Wangerland Touristik GmbH, ganz kostenfrei wäre der Eintritt der | |
Einheimischen also nicht. | |
Der Argumentation schlossen sich auch die Richter in Lüneburg an, als sie | |
im Januar Just Klage abwiesen. Denn bei den Stränden handele es sich nicht | |
um freie, ungenutzte Landschaft, das Gelände sei vielmehr als Strandbad | |
verpachtet. Das gibt es auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Nur | |
dass dort große Gebiete frei sind und kaum Zäune existieren. | |
Janto Just will nun den Bürgermeister beim Wort nehmen. Handle es bei den | |
Strandabschnitten um eine Badeanstalt, müsse gelten, was die BVG-Richter | |
für das bayrische Bad entschieden. Er habe zwei mal drei Euro Eintritt | |
gezahlt und werde versuchen, sie – wie der Österreicher – zivilgerichtlich | |
einzuklagen. | |
„Wenn die schlau sind, geben sie mir die sechs Euro zurück“. Außerdem will | |
er vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Revision für das abschlägige | |
Urteil des Lüneburger OVG erwirken. „Wenn das nicht wird, steht uns der Weg | |
zum Verfassungsgericht frei“. | |
Nach seiner Berechnung zahlen die Tagesgäste mit den drei Euro zu viel, | |
denn Übernachtungsgäste zahlen nur eine Kurtaxe von 2,50 Euro. Mit den | |
Einnahmen der Tagesgäste allein würde schon der Löwenanteil des | |
Stranderhaltes bezahlt, die Kurtaxe finanziere andere Tourismusangebote, so | |
Justs Vermutung. | |
Bürgermeister Mühlena indes spricht von einem „Strohhalm“ den Just nun | |
ergreift, nachdem er zuvor gescheitert ist. Das BVG-Urteil treffe alle | |
Bäder in Deutschland, denn Vergünstigungen seien üblich. „Wir können nicht | |
davon absehen, Standgebühren zu erheben“, sagt Mühlena. Aber nach dem | |
Urteil werde man die gestaffelten Preise prüfen. | |
26 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/201… | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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