# taz.de -- Kapitalismuskritiker planen Protest: Blockupy auf Abschiedstour | |
> Das Blockupy-Bündnis war eine der schillernden Bewegungen der letzten | |
> Jahre. Nun ruft es zu Blockaden in Berlin auf. Es dürfte das letzte Mal | |
> sein. | |
Bild: Blockupy in Frankfurt: Anfang September soll das Bundessozialministerium … | |
BERLIN taz | Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat seinen | |
Dienstsitz in Berlin, Wilhelmstraße 49. Es dürfte im Prinzip nicht so | |
schwer sein, sich mit ein paar Leuten vor die Pforten zu hocken und den | |
Zugang zu blockieren. Besser noch: gleich mit Tausenden zu kommen und einen | |
Furor zu entfachen. Das ist die Idee des kapitalismuskritischen | |
Blockupy-Bündnisses, das mit derlei Besetzungen reichlich Erfahrung hat. | |
Allerdings: Wenn am 2. September wie geplant diese Blockaden stattfinden, | |
feiert eines der schillernden Bewegungsprojekte der außerparlamentarischen | |
Linken wohl auch seinen Abschied. | |
Blockupy sagt Goodbye. Das Projekt hat in der linken Szene an Zulauf und | |
Glanz verloren. Dabei konnte es 2015 noch Zehntausende mobilisieren. | |
Es war der 18. März 2015, als in den Morgenstunden Vermummte eine Spur der | |
Verwüstung durch das Frankfurter Nordend zogen: Schaufensterscheiben | |
klirrten, Polizeiautos brannten, Rauchschwaden hingen über der Stadt. Am | |
Mittag blockierten Tausende Menschen die Europäische Zentralbank, deren | |
Mitarbeiter zu Hause geblieben waren. Schließlich demonstrierten bis zu | |
20.000 Menschen friedlich gegen die europäische Krisenpolitik. Abends: | |
„Tagesschau“. | |
Das war der Höhepunkt eines Bündnisses, das seit 2012 versuchte, ein | |
transnationales Netzwerk von GraswurzelaktivistInnen aus fast allen | |
europäischen Ländern zu gründen, und auch immer wieder gewisse Erfolge | |
feiern konnte: Zu AktivistInnentreffen kamen Menschen aus Griechenland, | |
Spanien und Italien, aus Frankreich, Polen und Schweden zusammen und | |
bastelten an einer antikapitalistischen Idee von Europa. Weil es doch | |
gerade so schön war – wieso sollte es dann nicht auch weitergehen? | |
Und so beschloss das Bündnis, von Frankfurt nach Berlin zu ziehen, statt | |
zur Europäischen Zentralbank nun zum Bundesarbeitsministerium zu gehen, zur | |
Bundesregierung, um ein neues Symbol zu markieren: Die deutsche | |
Sozialpolitik, die fehlende Umverteilung. „Arbeit und soziale Rechte sind | |
Schlüsselfragen in Europa“, sagt etwa Bündnissprecherin Hannah Eberle. „D… | |
Nährboden für Rechtspopulisten und die AfD ist eine Politik der | |
Verunsicherung und Verarmung, die von der deutschen Regierung mitbetrieben | |
wird.“ | |
## Kaum Beteiligung aus dem Ausland | |
Nach und nach versuchte das Bündnis, immer mehr Themen unter ein Dach zu | |
fassen: medizinische Versorgung in Griechenland und Bankpolitik in | |
Frankfurt, deutsche Sparpolitik und spanische Jugendarbeitslosigkeit, nun | |
noch Rechtspopulismus und die AfD – eine Protestetikette, die immer | |
komplexer wurde. Statt neue Sympathisanten anzuziehen, verwässerte sich | |
auch das Profil des Protests, wurde breiter, unklarer, deutscher. Für die | |
Proteste in Berlin wird mit kaum Beteiligung aus dem Ausland gerechnet. | |
Auch innerhalb der linksradikalen Szene ist daher klar, dass die | |
Blockupy-Proteste kaum eine Zukunft haben dürften. „Das wirkt alles zu | |
gewollt“, sagt ein einflussreicher Aktivist aus der linksradikalen Szene, | |
der namentlich nicht genannt werden will. Ein anderer, der ebenfalls anonym | |
bleiben möchte, sagt: „Wir haben derzeit viel zu viele andere Probleme. Wir | |
müssen nicht an einer Idee festhalten, nur weil es mal schick war.“ | |
Diskutiert wird in der radikalen Linken, welche Antworten sie auf den | |
Erfolg der AfD und rechtsextremer Strömungen findet. Während viele linke | |
Aktivistengruppen zwar in Flüchtlings- und Willkommensinitiativen engagiert | |
sind, gelingt ihnen eines nicht: der Entwurf einer positiven Idee von | |
Europa, die nachhaltig Sympathisanten bindet. | |
Eine der Antworten des Blockupy-Bündnisses lautet, die für kommende Woche | |
geplanten Proteste zu teilen: Neben der Blockade des Ministeriums soll | |
einen Tag später, am Samstag, 3. September, eine Demonstration gegen die | |
AfD unterstützt werden. Das dürfte dann auch der Abschluss des einst | |
erfolgreichen Bündnisses sein. | |
25 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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