# taz.de -- Wahlen in Sambia: Zerreißprobe für ein verarmtes Land | |
> Erstmals ist ein sambischer Wahlkampf geprägt von der Angst vor Gewalt. | |
> Präsident Lungu ist in Bedrängnis. Ihm fehlt das nötige Charisma. | |
Bild: Bereit, „die Demokratie zu opfern“: Sambias Präsident Edgar Lungu | |
BERLIN taz | Seit Sambia als eines der ersten Länder Afrikas im Jahr 1991 | |
den friedlichen Übergang zur Mehrparteiendemokratie schaffte, gilt es in | |
Afrika als politisches Vorbild, in dem Machtwechsel an der Wahlurne nicht | |
immer gleich in bewaffnete Konflikte münden. Aber vor der Parlaments- und | |
Präsidentschaftswahl vom 11. August ist die Sorge groß, dass das diesmal | |
nicht mehr funktioniert. | |
Präsident Edgar Lungu von der regierenden linkspopulistischen Patriotischen | |
Front (PF) befindet sich in der Defensive gegenüber einer starken liberalen | |
Opposition in Form der Vereinigten Partei für Nationale Entwicklung (UPND). | |
Der Wahlkampf ist der angespannteste der sambischen Geschichte gewesen, mit | |
über 50 registrierten Gewaltvorfällen und zeitweiligen | |
Versammlungsverboten. | |
Die PF regiert Sambia seit 2011, ihre Hochburgen sind die Hauptstadt Lusaka | |
und die Bergbaustädte im Kupfergürtel Richtung Kongo. Der 2011 zum | |
Präsidenten gewählte PF-Führer Michael Sata starb im Oktober 2014. Bei | |
Neuwahlen im Januar 2015 wurde sein Vize Lungu Präsident mit einer äußerst | |
knappen Mehrheit: 48,3 Prozent gegenüber 46,7 Prozent für Hakainde | |
Hichilema von der UPND, bei einer Wahlbeteiligung von lediglich rund einem | |
Drittel. | |
Lungu hat also nie die Mehrheit des Landes vertreten, und unter seiner | |
Herrschaft ist Sambia wegen des Preisverfalls für das Hauptexportprodukt | |
Kupfer in eine tiefe Wirtschaftskrise gerutscht, die vor allem die | |
PF-Hochburgen beutelt. Ambitionierte Infrastrukturprogramme, die über teure | |
Auslandskredite finanziert wurden, haben das nicht aufhalten können. | |
## Angriffe auf die Opposition | |
Lungu hat nicht das Charisma des verstorbenen Sata, und viele wichtige | |
PF-Persönlichkeiten, darunter Michael Satas Sohn, sind zur Opposition | |
übergelaufen. Die beklagt verbreitete Übergriffe durch PF-Anhänger und | |
Sicherheitskräfte. | |
UPND-Vizepräsident Geoffrey Mwamba ist schon zweimal festgenommen worden. | |
Erst am vergangenen Montag griffen PF-Anhänger einen UPND-Wahlkampfbus im | |
Township Mtendere in Lusaka an. Die Gewalt in diesem Wahlkampf sei | |
„beispiellos“ und „beschmutzt die historische Bilanz friedlicher Wahlen in | |
Sambia“, erklärte jetzt Wahlkommissionschef Esau Chulu. | |
## Unabhängige Zeitung geschlossen | |
Nicht nur Gewalt, auch Angst vor Wahlfälschung ist verbreitet. Angesichts | |
des drohenden Machtverlusts hat die Regierung Lungu zu fragwürdigen Mitteln | |
der Vorsorge gegriffen. Das Verfassungsgericht, das in letzter Instanz über | |
Wahlbeschwerden entscheidet, wurde mit Lungu-Getreuen gefüllt. | |
Die Mitglieder der Wahlkommission bekamen Immunität. Die einzige | |
unabhängige Zeitung, The Post, wurde geschlossen. Lungu drohte auf einer | |
Versammlung, er sei „bereit, die Demokratie zu opfern“. | |
Anders als bisher reicht diesmal nicht mehr die einfache Mehrheit zum Sieg. | |
Kommt kein Präsidentschaftskandidat über 50 Prozent, gibt es eine | |
Stichwahl. Sambias ungewohnte politische Polarisierung dürfte dann noch | |
wesentlich schärfer werden. | |
11 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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