# taz.de -- Pogrom in Sambia: Gerüchte führen zu Ausländerhatz | |
> Kleinhändler aus Ruanda sind zum Ziel von Pogromen in Sambias Hauptstadt | |
> Lusaka geworden. Zuvor kam es zu einer Serie bizarrer Ritualmorde. | |
Bild: Ausschreitungen in Lusaka am 19. April | |
BERLIN taz | Sambia gilt als eines der friedlichsten Länder Afrikas. Gerade | |
deswegen sorgen die ausländerfeindlichen Unruhen, die die Hauptstadt Lusaka | |
am Montag und Dienstag erschütterten, für Entsetzen. Zwei ruandische | |
Kleinhändler wurden nach Polizeiangaben am Montag lebendig verbrannt, | |
mindestens 62 Geschäfte geplündert, einige davon niedergebrannt. Die | |
Polizei hat nach Angaben vom Mittwoch 256 Menschen wegen Beteiligung an den | |
Übergriffen festgenommen. | |
Auslöser der Unruhen war das Gerücht, ein ruandischer Geschäftsmann in | |
Lusaka stecke hinter einer Serie bizarrer Ritualmorde, die die | |
Millionenstadt seit einiger Zeit in Atem hält. Acht verstümmelte Leichen | |
sind auf Lusakas Straßen in den letzten Wochen gefunden worden – allen | |
fehlten einzelne Körperteile wie Genitalien, Ohren, Augen oder das Herz. | |
In der Öffentlichkeit verbreiteten sich Mutmaßungen, jemand betreibe einen | |
lukrativen Handel mit Körperteilen und Blut zu rituellen Zwecken. Am | |
Sonntag verkündete Sambias Präsident Edgar Lungu höchstpersönlich bei einem | |
Kirchenbesuch, vier Täter seien in Haft, und er werde nicht zulassen, dass | |
in einem christlichen Land Menschen ermordet werden. | |
In ihrem Bericht über Lungus Auftritt am Montag gab die große sambische | |
Zeitung Daily Mail praktisch eine Anleitung für das, was folgte: „Wir | |
verdächtigen Geschäftsleute, die schnell reich werden wollen und zu | |
Hexendoktoren gehen, für den Schrecken verantwortlich zu sein, der die | |
Menschen beunruhigt. Wir verdächtigen auch Wunderprediger, die magische | |
Kräfte brauchen, hinter dieser mit Opferriten verbundenen Tötungsserie zu | |
stecken. Ausländer aus Ländern, in denen rituelle Tötungen praktiziert | |
werden, könnten auch hinter den Körperverstümmelungen stecken.“ | |
Als dann auch noch der Name eines Händlers aus Ruanda kursierte, | |
verbreitete sich eine gegen Ruander gerichtete Gewaltwelle in Lusakas | |
Armensiedlungen. | |
In Sambia leben rund 4.000 Ruander, viele davon ehemalige Täter des | |
Völkermords an den Tutsi 1994 und deren Familien. 2013 entzog ihnen das | |
UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) den Flüchtlingsstatus, weil Ruanda | |
mittlerweile als sicheres Herkunftsland galt; sie müssen nun entweder nach | |
Hause gehen oder in Sambia eine reguläre Aufenthaltserlaubnis beantragen. | |
Viele Ruander, die bisher im UNHCR-Flüchtlingslager Meheba im Nordwesten | |
Sambias lebten, sind stattdessen in Lusakas informeller Wirtschaft | |
untergetaucht. Beliebt sind sie nicht, und ihre Vergangenheit macht sie ein | |
leichtes Ziel für bizarre Verdächtigungen. | |
21 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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