# taz.de -- Kommentar Sahra Wagenknecht: Mehr als ein Ausrutscher | |
> Sahra Wagenknecht macht in Sachen Flüchtlingspolitik wieder der AfD | |
> Konkurrenz. Die Linkspartei muss sich entscheiden, wo sie stehen will. | |
Bild: Zur Flüchtlingspolitik äußert sie sich gern: Sahra Wagenknecht | |
Mal wieder will es Sahra Wagenknecht nicht so gemeint haben, wie sie es | |
geschrieben und gesagt hat. Warum nur hat die sonst so eloquente | |
Linksfraktionsvorsitzende im Bundestag ausgerechnet in der | |
Flüchtlingspolitik immer solche Probleme, sich klar und unmissverständlich | |
auszudrücken? | |
Die Ereignisse der letzten Tage würden „zeigen, dass die Aufnahme und | |
Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit | |
erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels | |
leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte“. | |
Was schwer nach Frauke Petry klingt, hat Wagenknecht unter der Überschrift | |
„Menschen müssen sich wieder sicher fühlen können“ am Montag per | |
Pressemitteilung verkündet – und zur besten Sendezeit in der ARD und im ZDF | |
wiederholt. Ihre Aussage lässt sich nur schwer anders interpretieren als | |
eine Kritik von rechts an der schwarz-roten Bundesregierung. | |
Kein Wunder, dass ihr Lamento in der AfD mit Begeisterung aufgenommen | |
wurde. Nun spricht Wagenknecht von „Missverständnissen“ und | |
„Fehlinterpretationen“, zu denen ihre Stellungnahme geführt habe. Sie | |
versichert, ihr sei es weder darum gegangen, die Aufnahme von Flüchtlingen | |
zu kritisieren noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter | |
Generalverdacht zu stellen. | |
Ist damit der Fall erledigt und alles wieder gut? Nein, das ist es nicht. | |
Denn Wagenknecht ist zu klug und politisch erfahren, um nicht vorher zu | |
wissen, wie ihre Äußerungen verstanden werden. | |
Und sie ist Wiederholungstäterin. Immer wieder hat sie in der | |
Auseinandersetzung um die deutsche Flüchtlingspolitik den nationalistischen | |
Stammtisch bedient. Noch gut in Erinnerung ist ihr Satz: „Wer Gastrecht | |
missbraucht, hat Gastrecht verwirkt.“ Auch mit ihren Äußerungen über | |
„Kapazitätsgrenzen“ und dass „nicht alle Verarmten und Verelendeten der | |
Welt zu uns kommen können“, hat sie Öl ins Feuer gegossen. Stets agierte | |
Wagenknecht dabei nach dem gleichen Schema, das man ansonsten nur allzu gut | |
von der AfD kennt: erst provozieren, dann relativieren. Wagenknechts | |
rhetorisches Blinken nach Rechts ist knallhartes Kalkül. | |
Angesprochen werden soll jenes ressentimentbeladene ArbeiterInnen- und | |
Erwerbslosenklientel insbesondere im Osten, das derzeit von der Linkspartei | |
zur AfD wandert. Linke Politik müsste jedoch genau das Gegenteil sein: Sie | |
müsste mit aller Kraft dagegen angehen, dass Arme gegen noch Ärmere | |
ausgespielt werden. Die Linke ist weltoffen und internationalistisch – oder | |
sie ist nicht. Die Linkspartei wird sich entscheiden müssen. Und zwar klar | |
und unmissverständlich. | |
27 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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