Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kreativ Stopfen: Die Containerisierung der Kitas
> Beim Start ins Kita-Jahr fehlen in Bremen fast 700 Betreuungsplätze.
> Bildungssenatorin Claudia Bogedan will die Kinder jetzt in Container
> stecken
Bild: Blick in eine Bremer Not-Kita? Nein. Bislang aber nur ein Stuttgarter Kun…
BREMEN taz | 660 Kita-Plätze fehlen in Bremen. „Eine höchst dramatische
Situation“, sagt Bildungssenatorin Claudia Bogedan von der SPD, „jedes Kind
soll einen Kita-Platz haben. Das zu gewährleisten, ist meine Aufgabe.“
Deswegen will das Ressort nun zu drastischen Mitteln greifen. 500 Plätze
sollen im Laufe des Jahres noch geschaffen werden. Vorgesehen sind neben
sogenannten „Mobilbau-Lösungen“ aka Containern auch die Erhöhung der
Gruppenzahl in bereits bestehenden Kitas.
Im Juni hatte Annette Kemp, Sprecherin des Bildungsressorts, diese
Möglichkeit noch eine „absolute Notvariante“ genannt. Laut Bogedan liegt
diese absolute Not nun vor: „Unter bestimmten Bedingungen werden wir die
Gruppenzahl erhöhen. Dafür gibt es Ausnahmeregelungen und
Richtlinienänderungen.“
Für insgesamt 22.000 Kinder hat in Bremen das Kita-Jahr begonnen. Um die
fehlenden 660 Plätze zu besetzen, seien Gespräche mit den Trägern
notwendig, sagte Bogedan. Um die Situation zu bewältigen, hat der Senat
dafür Anfang des Jahres das „Bündnis für Integration, Bildung und
Betreuung“ initiiert. Dort hatte man bereits diskutiert, Spielplätze mit
Kita-Einrichtungen zu bebauen.
Doch die Kommunikation ist derzeit offenbar schwierig. Der größte Träger
von Kindertagesstätten in Bremen ist die evangelische Kirche. Carsten
Schlepper, Leiter der Tagesbetreuung für Kinder der Kirche, kritisierte,
dass die Kirche seit Februar auf eine Genehmigung für den Kita-Ausbau in
Walle, Osterholz und Seehausen warte. Insgesamt geht es um 55 Plätze: „Jede
Woche fragen wir nach dem Stand der Dinge und werden vertröstet. Das ist
keine Planung auf Augenhöhe mit den Trägern“, sagte Schlepper.
Die Kirche wies in diesem Kit-Jahr 600 Anfragen ab. Immerhin gebe es
bereits 50 neue Plätze in Mitte.
Das Bildungsressort wiegelt jedoch ab: „Mit der Kirche haben wir unsere
Probleme. Die Zulassung für Erweiterungen dauert aufgrund der
bautechnischen Zuwendungsprüfung“, sagte Bildungsstaatsrat Frank Pietrzok.
Das liege leider nicht in der Hand des Ressorts.
Warum man überhaupt so spät auf diese Entwicklung reagiere? Anfang 2015 sei
noch nicht abzusehen gewesen, dass 2016 derart viele Plätze fehlen würden,
so Bogedan. Zuwanderung und mehr Geburten seien der Grund für die
Fehlzahlen.
Demgegenüber fehlten auch in den vergangenen Jahren bereits Kita-Plätze.
Das ehemals zuständige Sozialressort hatte in der letzten Legislaturperiode
unter Anja Stahmann 2015 noch festgestellt, dass Bremen bis 2020 etwa 2.000
zusätzliche Kita-Plätze benötigen würde.
Inzwischen liegt die Verantwortung für die Kinderbetreuung im
Bildungsressort. Das ist ein Beschluss der neuen rot-grünen Regierung.
Schlepper von der evangelischen Kirche vermutet deshalb, dass durch die
Umstrukturiereung eine Menge Know-How verloren gegangen sei. Zuständig für
Kita-Fragen seien laut Pietrzok jedoch die selben Personen. Man sei nun
lediglich dem Bildungsressort unterstellt: „Die Mitarbeiter sitzen sogar
noch an den selben Schreibtischen.“
Konkret sieht Bremen jetzt Investitionen in Höhe von 25,63 Millionen Euro
für 2016/17 vor. Die Suche nach Standorten für den Neubau von
Kita-Einrichtungen dauere jedoch noch an. Insgesamt brauche man für die
Errichtung einer neuen Einrichtung zudem zwei- bis drei Jahre, wie Bogedan
schätzte. Selbst die „Aufstellung von Containern dauert allerdings noch
einige Monate“, sagt Bogedan.
Die nun vorgestellten Notlösungen von Containern und der Erhöhung der
Gruppenzahl kritisierte Schlepper: „Wir wollen Kinder nicht verwahren,
sondern ihre Entwicklung bestmöglich fördern. Eine Vergrößerung der
Kita-Gruppen geht auf Kosten der Qualität. Für eine kindgerechte Betreuung
darf der Betreuungsschlüssel nicht verschlechtert werden.“
Eine langfristige Lösung für das Problem sucht der Senat im Übrigen auch.
Dafür hält die Deputation für Bildung und Kinder am 9. August eine
Sondersitzung ab. Der Vorsitzende der Deputation, Matthias Güldner von der
Grünen-Fraktion, könnte sich langfristig etwa vorstellten, ein
Kita-Gutscheinsystem einzuführen, wie es Hamburg und Berlin schon seit
Jahren praktizieren.
„Das hatten Träger übrigens in einem Fachgespräch schon vor drei Jahren
vorgeschlagen“, sagte Schlepper. Bogedan sagte dazu: „Wir gucken uns alle
Lösungsmöglichkeiten ergebnisoffen an.“ Wenn sich das Gutscheinsystem als
geeignet erweise, sagt Bogedan, sei auch das eine Möglichkeit.
5 Aug 2016
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Rechtsanspruch
Kita-Gutschein
Kita-Ausbau
Senat Bremen
Inklusion
Kita
Kita-Gutschein
Kita-Gutschein
Kita-Gutschein
Kita-Ausbau
Kindergarten
Lesestück Meinung und Analyse
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zulasten der Kinder: Raus aus unserer Inklusion
Bildungsbehörde und Assistenzgenossenschaft streiten um die Betreuung
behinderter SchülerInnen. Nun droht die Senatorin Bogedan (SPD) offen
Schadenersatz bei fehlendem Kita-Platz: Mütter erringen Etappensieg
Drei Mütter erhalten trotz Rechtsanspruch zu spät einen Kita-Platz. Und
können deshalb nicht in den Job zurück. Mit ihrer Klage am BGH nehmen sie
eine wichtige Hürde.
Platznot im Kindergarten: „Das System ist nicht starr“
Grünen Politiker Matthias Güldner fordert die Einführung eines
Kita-Gutschein-Systems binnen drei Jahren für einen besseren Ausbau.
Kita-Chaos: Sielings Prestigebaustelle
Die Kita-Abteilung der Bildungsbehörde hat noch immer keine Leitung. Nach
einem Jahr fehlen immer noch Führungskräfte, der Umzug dauert mindestens
bis 2017
Kommentar über Kita-Platzmangel: Gutschein für Reproduktion
Statt nur eine unbefriedigende Notunterbringung für Kinder zu schaffen,
sollte der Senat jetzt das System grundlegend ändern
Demografie in Berlin: Hurra, ein Schulplatz!
In vielen Berliner Bezirken übersteigen die Anmeldezahlen der Grundschulen
bei Weitem die Zahl freier Plätze. Versorgt werden konnten dennoch alle.
Kein Platz für Kinder: Spielplatz versus Kita
Über 1.100 Kindergartenplätze fehlen in Bremen. Die Behörde will nun
Spielflächen bebauen. Nach den Ferien soll ein runder Tisch tagen.
Qualität der Kindergärten in Deutschland: Eine Fachkraft für 9,3 Kinder
Die Betreuung in Krippen und Kitas verbessert sich, ist aber immer noch
nicht ausreichend. Es bestehen weiterhin große Unterschiede zwischen den
Ländern.
Debatte Frauen und Karriere: Ausgeknockt vom Schuldgefühl
Mutter, Journalistin, Führungskraft: Berufliche und familiäre Verantwortung
auszubalancieren ist nach wie vor kompliziert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.