| # taz.de -- Kita-Chaos: Sielings Prestigebaustelle | |
| > Die Kita-Abteilung der Bildungsbehörde hat noch immer keine Leitung. Nach | |
| > einem Jahr fehlen immer noch Führungskräfte, der Umzug dauert mindestens | |
| > bis 2017 | |
| Bild: Völlig unerwarteter Ansturm der Kita-Kinder | |
| Es ist das Worst-Case-Szenario für Carsten Sieling (SPD). Das große | |
| Prestigeprojekt des neuen Bürgermeisters droht zu scheitern: Die | |
| behördliche Eingliederung der Vorschulerziehung von Kindern in die | |
| Bildungsbehörde. Aus gutem Grund sollten Kitas und Grundschulen besser | |
| verzahnt werden. Bisher gibt es keinen systematischen Austausch zwischen | |
| ErzieherInnen und Lehrkräfte über den Lernfortschritt und Entwicklungsstand | |
| der Kinder. | |
| Anstatt jedoch darauf zu setzen, Kommunikationswege zwischen Kitas und | |
| Schulen organisatorisch anzuregen und zu forcieren, entschied Sieling sich | |
| für einen Komplettumbau der frühkindlichen Bildung. Die Zuständigkeit für | |
| die Kitas wechselte vom Sozial- ins Bildungressort. Die Idee war so „einen | |
| gemeinsamen Bildungsrahmenplan von null bis zehn Jahren“ verwirklichen zu | |
| können. Eine passende Senatorin mit SPD-Parteibuch fand Sieling in Bonn: | |
| Claudia Bogedan. | |
| Ein gutes Jahr später, im August 2016, stehen zu Beginn des aktuellen | |
| Kitajahres die Eltern von 650 Kindern ohne Betreuung da. Mittlerweile sind | |
| es sogar über 700. Eine Frage, die sich aufdrängt: Ist der Umbau der | |
| Behörde Ursache des aktuellen Chaos? Hätte man das Problem der fehlenden | |
| Plätze früher erkennen können, wenn man nicht mit dem Umbau der Verwaltung | |
| beschäftigt gewesen wäre? Carsten Schlepper von der evangelischen Kirche | |
| und damit Chef des größten Kita-Trägers des Landes, schätzt das so ein. | |
| Wie die Bildungsbehörde seit dem Umbau strukturiert ist, steht in ihrem | |
| Organigramm. Dort gibt es eine neue Abteilung drei – „frühkindliche | |
| Bildung, Förderung von Kindern und Fachkräfteentwicklung“. Das Problem: Bis | |
| heute hat die Abteilung keinen Leiter. Auch die Unterreferate müssen seit | |
| Anfang des Jahres ohne feste Führung auskommen. Das betrifft die Referate | |
| 30 und 31, „Tagesbetreuung von Kindern in Einrichtungen und Tagespflege“ | |
| sowie „Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte“. Auch diese beiden | |
| Stellen haben seit Anfang des Jahres keine feste Besetzung, werden | |
| lediglich kommisarisch geleitet. Nur die Fachaufsicht der KiTa Bremen, des | |
| städtischen Erziehungsträgers, hat einen Leiter: Peter Dick. | |
| Die Sprecherin der Bildungsbehörde Annette Kemp teilt mit: „Alle | |
| Führungsfunktionen mussten zum Sommer 2016 ausgeschrieben werden, da die | |
| entsprechenden Führungskräfte nicht mitgewechselt sind und Stellen neu | |
| geschaffen werden mussten.“ Die Besetzung der Stellen sei für September und | |
| Oktober geplant. | |
| Darüber hinaus seien noch verschiedene Sachbearbeitungsstellen unbesetzt, | |
| die noch auszuschreiben sind, so Kemp. Und dann sind da noch die Stellen, | |
| die das eigentliche Ziel des behördlichen Umbaus waren: „zur | |
| Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung an der Schnittstelle zur | |
| schulischen Bildung und Stellen für Fachprojekte.“ Auch diese sind in der | |
| Ausschreibung oder werden jetzt ausgeschrieben. Einige Aufgaben liegen auch | |
| noch im Amt für soziale Dienste. Kurzum: Probleme rund um die Kitas müssen | |
| von einer Baustelle aus geleitet werden. | |
| Bis wann der Umzug komplett ist? Kemp sagt: „Die geplanten | |
| Aufgabenverschiebungen werden wohl erst in 2017 abgeschlossen werden | |
| können.“ Ohnehin hätten in den letzten Wochen „Maßnahmen zum Platzausbau | |
| Vorrang vor innerorganisatorischen Maßnahmen“ gehabt. Kein Wunder also, | |
| dass die Mitarbeiter noch immer in ihren alten Büros in der Sozialbehörde | |
| sitzen. | |
| Seitdem das Rekord-Ausmaß der fehlenden Plätze bekannt ist, arbeitet eine | |
| ressortübergreifende Arbeitsgruppe daran, dass schnell und billige neue | |
| Plätze geschaffen werden. Gerade hat der Senat eine Vorlage zur | |
| Verfahrensvereinfachung von etwa Baugenehmigungen und dem Verkauf von | |
| Grundstücken genehmigt. Das Bauressort ist angehalten, schnellere und | |
| risikoreichere Genehmigungen für etwa Container-Unterkünfte durchzuführen, | |
| die Finanzsenatorin gebeten, Abwicklungen einfacher zu genehmigen. Der | |
| Beschluss ist gültig bis einschließlich 2019. 55 neue Kitas sollen bis | |
| dahin gebaut werden, 900 Plätze noch in diesem Jahr entstehen. | |
| Matthias Güldner (Grüne), Vorsitzender der Bildungsdeputation, sagt: | |
| „Angesichts einer Vielzahl an Anmeldungen war bereits im Mai klar, dass | |
| viele Plätze fehlen.“ Der Bildungssenat sei fälschlich davon ausgegangen, | |
| dass das an Doppelanmeldungen gelegen habe – nach dem Motto: „Das ruckelt | |
| sich zurecht“, so Güldner: „Ein echtes Versäumnis.“ Man habe nach der | |
| gesteigerten Zahl der Geburten zu lange gewartet. | |
| Ob der behördliche Umbau ein Grund für die Unterschätzung der Lage sei? | |
| „Die Umstellung der Verwaltung hat unglaublich viele Ressourcen | |
| aufgefressen, die man eigentlich nicht hatte“, sagt Güldner. Aber | |
| irgendwann müsse man ja mit einem Umbau anfangen. Die ressortübergreifenden | |
| Maßnahmen zum Ausbau lobt Güldner. Nicht umsonst hat Sieling die Schaffung | |
| neuer Kita-Plätze zur Chefsache erklärt. | |
| 18 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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