# taz.de -- Regierungsumbildung in Japan: Eine Provokation für die Nachbarn | |
> Die ultrakonservative Politikerin Tomomi Inada wird neue | |
> Verteidigungsministerin. Ihre Ernennung brüskiert Südkorea und China. | |
Bild: Die neue Verteidigungministerin Tomomi Inada. | |
TOKIO taz | Knapp vier Wochen nach der gewonnenen Oberhauswahl hat Japans | |
Premierminister Shinzo Abe seine Regierung umgebildet. Damit wolle er die | |
Verwirklichung seiner antideflationären Wirtschaftspolitik beschleunigen, | |
erklärte der Regierungschef. | |
So holte er den Abenomics-Architekten Kozo Yamamoto als Minister für | |
regionale Revitalisierung ins Kabinett und schuf einen neuen Posten für die | |
Reform des Arbeitsmarktes. Doch die Schlagzeilen beherrschte die | |
Beförderung von Tomomi Inada zur Verteidigungsministerin. | |
Inada ersetzt Gen Nakatani und ist nach Yuriko Koike, die am Sonntag als | |
erste Frau zur Gouverneurin von Tokio gewählt wurde, erst die zweite | |
Verteidigungsministerin Japans. Daher ließe sich der Aufstieg der | |
57-jährigen Politikerin damit begründen, dass sich Abe für mehr Frauen in | |
Führungspositionen in Firmen einsetzt und im Kabinett mit gutem Vorbild | |
vorangehen will. Zugleich vertritt Inada bei der geplanten | |
Verfassungsreform ähnliche Positionen wie Abe. | |
Nach dem Wahlsieg am 10. Juli hatte Inada erklärt, der zweite Satz des | |
Artikels 9 der Verfassung sei überholt. Der Artikel verbietet Japan den | |
Krieg als politisches Mittel und den Unterhalt einer Armee. Seit ihrer | |
Gründung ist von Selbstverteidigungskräften die Rede. | |
## Keine Kriegsverbrecher | |
Mit der Ernennung von Inada hat Regierungschef Abe seinen Verbündeten | |
Südkorea und den Nachbarn China brüskiert. Sie besucht regelmäßig den | |
Yasukuni-Schrein, der in Südkorea und China als Symbol von Japans | |
Militarismus gilt. | |
Nach ihrer Meinung sind die von einem Alliiertentribunal verurteilten | |
Japaner keine Kriegsverbrecher gewesen. Zudem waren die Frauen in | |
japanischen Soldatenbordellen ihrer Ansicht nach keine Sexsklavinnen, | |
sondern freiwillige Prostituierte. | |
Ebenso bestreitet sie die hohen Zahlen von getöteten Chinesen bei den | |
Massakern von Nanking. 2011 durfte Inada nicht nach Südkorea einreisen, | |
weil sie von Japan beanspruchte Gebiete besuchen wollte. Ihr Aufstieg ins | |
Kabinett wird das gegenseitige Misstrauen in der Region verstärken. | |
Dennoch gilt die bisherige Politikstrategin der Regierungspartei LDP als | |
mögliche Nachfolgerin von Premier Abe. Er hat sie mit der französischen | |
Freiheitskämpferin Jeanne d’Arc verglichen und ihr prophezeit, sie werde | |
erste Premierministerin von Japan. | |
Nun gibt er ihr die Chance, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Die | |
erste Feuerprobe steht bereits an: Erstmals landete am Mittwoch eine | |
Mittelstreckenrakete aus Nordkorea nahe der japanischen Küste. Am Vortag | |
hatte Japan im Weißbuch für Verteidigung die Raketenrüstung von Pjöngjang | |
als Bedrohung bezeichnet. | |
3 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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