| # taz.de -- Geschichtsrevisionismus in Japan: Hotel verstört mit alternativen … | |
| > Die Geschichtsklitterung einer japanischen Hotelkette über das | |
| > Nanking-Massaker und Zwangsprostituierte empört chinesische und | |
| > koreanische Kunden. | |
| Bild: Die Ehefrau des APA-Gründers und obersten Chefs wirbt für die Hotelkett… | |
| BERLIN taz | Der Name von Japans Hotelkette APA steht für „Always Pleasant | |
| Amenities“ – immer angenehme Einrichtungen. Doch immer mehr Chinesen und | |
| auch Südkoreaner wollen sich in den 370 APA-Hotels nicht mehr wohlfühlen. | |
| Denn deren Besitzer Toshio Motoya lässt in den Hotelzimmern ein von ihm | |
| geschriebenes geschichtsrevisionistisches Buch mit dem Untertitel „Japans | |
| wahre Geschichte“ auslegen. Darin leugnet er das Nanking-Massaker von 1937 | |
| sowie die sexuelle Versklavung von zehntausenden Asiatinnen durch Japans | |
| kaiserliche Armee. | |
| Mitte Januar hatte ein amerikanisch-chinesisches Paar das Buch in einem | |
| APA-Hotel entdeckt. In einem auf Weibo, dem chinesischen Twitter, | |
| geposteten Video zitierten sie daraus. Das Posting soll 90 Millionen Mal | |
| geteilt worden sein und löste in China einen Shitstorm aus. | |
| Am Dienstag wies Chinas Tourismusbehörde die Reiseunternehmen der | |
| Volksrepublik an, nicht mehr mit APA zusammenzuarbeiten. Chinesische | |
| Buchungsplattformen nahmen APA aus dem Programm. | |
| ## Boykott versus Pochen auf Meinungsfreiheit | |
| APA pocht auf die Meinungsfreiheit des Besitzers der Hotelkette, der das | |
| auf Englisch und Japanisch erschienene Buch unter dem Pseudonym Seiji Fuji | |
| schrieb: „Obgleich wir anerkennen, dass sich historische Interpretationen | |
| zwischen Ländern unterscheiden, verstehen Sie bitte, dass dieses Buch nicht | |
| darauf zielt, bestimmte Länder oder Nationen zu kritisieren.“ | |
| Das Buch sei dazu da, Lesern „die faktenbasierte wahre Interpretation der | |
| Geschichte“ zu vermitteln. „Kein einseitiger Druck“ könne zur Widerrufung | |
| führen, erklärte APA trotzig. | |
| Derzeit boomt Japans Tourismus. Von 24 Millionen Besuchern 2016 kamen 6 | |
| Millionen aus China, 2015 war es noch eine Million Chinesen weniger. Laut | |
| Motoya, einem der reichsten Japaner, kommen nur fünf Prozent der APA-Gäste | |
| aus China. Von denen lasse er sich nicht unter Druck setzen. | |
| ## Sportler wollen keine APA-Propaganda | |
| Inzwischen kommt der Druck auch aus Japan und Südkorea. So bat Japans | |
| Organisationskomitee der diesjährigen Winter-Asienspiele, die vom 19. bis | |
| 26. Februar in Sapporo und Obihiro stattfinden, darum, das Buch aus den | |
| Sportler-Zimmern zu nehmen. Allein in Sapporo wohnen 2.000 asiatische | |
| Sportler in APA-Hotels. | |
| Das japanische Komitee reagierte damit auf Druck aus Südkorea. Das dortige | |
| Olympische Komitee hatte gefordert, die Bücher zu entfernen, was die | |
| japanischen Organisatoren dann auch versprachen. Eine ähnliche Aufforderung | |
| kam auch aus China. | |
| Inzwischen ruderte APA ein wenig zurück. Man erwäge, die Bücher aus einigen | |
| Zimmern zu entfernen, wenn dies formal und schriftlich verlangt werde, | |
| erklärte die Hotelkette. | |
| Motoyas Buch vertritt geschichtsrevisionistische Positionen japanischer | |
| Rechtsnationalisten, die bis in die Regierung reichen. Als Japans Truppen | |
| im Dezember 1937 Chinas damalige Hauptstadt Nanking (heute Nanjing) | |
| eroberten, schlachteten sie dort über Wochen Zehntausende Zivilisten ab, | |
| ebenso Soldaten. | |
| Kein seriöser Historiker bezweifelt das Massaker, von dem viele Deutsche | |
| erstmals durch den Film über John Rabe gehört haben. Das NSDAP-Mitglied | |
| hatte tausende Chinesen vor den Japanern gerettet. | |
| ## Historiker debattieren Opferzahl, nicht das Massaker selbst | |
| Differenzen gibt es bei der Zahl der Opfer, die auf zwischen 150.000 und | |
| 300.000 geschätzt wird. Die Volksrepublik China, das selbst nicht ehrlich | |
| mit ihrer Geschichte umgeht, hat sich auf 300.000 festgelegt. Diese Zahl | |
| prangt auch groß über dem Massaker-Museum in Nanjing. | |
| Japans Rechte sehen die chinesischen Opfer nur als gefallene Soldaten, die | |
| von ihrer eigenen Führung verraten und verheizt worden seien. Und die Zahl | |
| von 300.000 Opfern könne gar nicht stimmen, weil die Stadt nicht so viele | |
| Einwohner gehabt habe. Historiker verweisen darauf, dass die Stadt stark | |
| mit Flüchtlingen überfüllt gewesen sei. | |
| 27 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Hansen | |
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