| # taz.de -- Demokratie in Nicaragua: Auf dem Weg zur Dynastie | |
| > Seit Jahren steht Rosario Murillo als First Lady im Zentrum der Macht. | |
| > Jetzt will Daniel Ortega seine Frau zur Vizepräsidentin machen. | |
| Bild: Herrscherpaar: Rosario Murillo und Ehemann Daniel Ortega | |
| Wien taz | Die dynastische Erbfolge in Nicaragua nimmt Gestalt an. Am | |
| Dienstagabend gab der Oberste Wahlrat bekannt, dass Präsident Daniel Ortega | |
| sich am 6. November der zweiten Wiederwahl in Folge stellt und seine | |
| Ehefrau Rosario Murillo als Vizepräsidentin installieren will. | |
| Der 70-jährige Ortega, dessen Gesundheit schon lange angeschlagen ist, | |
| stellt damit die Weichen für eine Machtübergabe innerhalb der Familie. So | |
| sieht es jedenfalls die Opposition, die nach jüngsten Manövern keine | |
| realistischen Chancen hat, dem Langzeitpräsidenten gefährlich zu werden. | |
| Die ehemalige Guerillakommandantin und einstige sandinistische | |
| Gesundheitsministerin Dora María Téllez sieht „einen Versuch, ein | |
| Einparteienregime zu installieren, an dessen Spitze eine Familiendynastie | |
| mit der wirtschaftlichen und politischen Macht steht“. | |
| Daniel Ortega selbst begründet die Entscheidung mit der gesetzlich | |
| verankerten 50-prozentigen Frauenquote für alle politischen Funktionen. | |
| „Und wer wäre besser geeignet als die Genossin Rosario?“, fragte er am | |
| Dienstag. „Sie hat sich mit viel Opferbereitschaft und ohne Feierabend | |
| bewährt“. | |
| ## Die Opposition ist ausgeschaltet | |
| Tatsächlich nimmt die Präsidentengattin seit neun Jahren zahlreiche | |
| administrative Funktionen wahr und fungiert als einzig autorisierte Stimme | |
| der Regierung. Nach einer weit verbreiteten Meinung ist sie längst die | |
| eigentliche Macht hinter dem Thron – allerdings bisher durch keine Wahl | |
| legitimiert. Laut Verfassung ersetzt der Vizepräsident den Präsidenten, | |
| sollte der sein Amt nicht mehr ausüben können. | |
| An der Wahl des Ehepaars Ortega ist nicht zu zweifeln, da die Opposition | |
| nach und nach ausgeschaltet wurde. Die von Dora María Téllez 1994 | |
| mitbegründete Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) wurde vor acht | |
| Jahren unter einem fadenscheinigen Vorwand für aufgelöst erklärt und kann | |
| seither zu Wahlen nur als Teil einer Allianz antreten, zuletzt in der | |
| Coalición Nacional por la Democracia mit der Unabhängigen Liberalen Partei | |
| (PLI). | |
| Jetzt ist auch die PLI nicht mehr handlungsfähig. Im Juni hat der Oberste | |
| Gerichtshof einen alten Streit um den Parteivorsitz zugunsten eines | |
| Ortega-freundlichen Politikers entschieden. 28 Abgeordnete, die dem | |
| gewählten Parteivorsitzenden Eduardo Montealegre treu bleiben wollten, | |
| wurden vergangene Woche auf Anordnung des Obersten Wahlrates aus dem | |
| Parlament geworfen. | |
| Vor fünf Jahren hatte die PLI 24 der 90 Sitze gewonnen. Ortegas | |
| Sandinistische Front hält mit 64 Abgeordneten die absolute Mehrheit und | |
| besetzt sechs der sieben Posten im Parlamentsvorsitz. Sowohl die Justiz als | |
| auch der Oberste Wahlrat sind mit Ortega-Getreuen besetzt. Die Opposition | |
| spricht daher von einer Wahlfarce. Unabhängige Wahlbeobachtung wird nicht | |
| zugelassen. | |
| ## Vom Guerillero zum Präsidenten für die Ewigkeit | |
| Daniel Ortega war einer der neun Guerillakommandanten der Sandinistischen | |
| Befreiungsfront FSLN, die von 1979 bis 1990 die Geschicke Nicaraguas | |
| bestimmten. Von 1984 bis 1990 amtierte er als erster Präsident nach dem | |
| Sturz der Somoza-Diktatur. Dann musste er sich einer konservativen Allianz | |
| geschlagen geben und scheiterte auch 1996 und 2001 an der Wahlurne. | |
| 2006 gelang der Wahlsieg dank eines Bündnisses mit den ehemaligen | |
| Konterrevolutionären und dem konservativsten Flügel der katholischen | |
| Kirche. Die FSLN hat nie einen anderen Kandidaten gehabt. | |
| 3 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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