# taz.de -- Kommentar Gleichbehandlungsgesetz: Konfrontation mit der Angst | |
> Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gebietet dem Verdacht gegen ganze | |
> Gruppen Einhalt. Diese werden meistens aus Angst diskriminiert. | |
Bild: Man muss nicht vor ganzen Bevölkerungsteilen Angst haben. Im Gegenteil | |
Es war ein so vielsagendes Beispiel, das die Leiterin der | |
Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, bei ihrer Pressekonferenz | |
schilderte: Einem Flüchtling wird ein zugesagter Praktikumsplatz in einer | |
Spedition nach einer Häufung islamistischer Anschläge in Europa wieder | |
entzogen. Die Ängste des Betriebs kann man sich leicht vorstellen: Lkws. | |
Anschläge. Asylbewerber. Tut uns leid, lieber Flüchtling. Und da hakt das | |
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Denn das, liebe Spedition, | |
ist eine Diskriminierung und damit verboten. | |
Das AGG gebietet dem Kollektivverdacht gegen ganze Gruppen Einhalt. Es ist | |
damit ein Gesetz, das Ängsten wieder rationale Überlegungen entgegensetzt: | |
Man muss nicht vor ganzen Bevölkerungsteilen Angst haben. Im Gegenteil. Das | |
Gesetz führt dazu, dass sich die Mehrheitsgesellschaft diesen Gruppen | |
verstärkt zuwendet: den türkischen Mietern, den behinderten Angestellten, | |
den Schwangeren, denen man keinen anspruchsvollen Job mehr zutraute, den | |
Älteren, den Kopftuch tragenden Frauen. | |
All diese Menschen werden größtenteils aus Angst diskriminiert. Angst vor | |
dem Alter oder einer Behinderung, Fremdenangst, Homophobie, Angst vor den | |
„anderen“, dem Weiblichen, das als schwach wahrgenommen wird – und damit | |
die Leistungsfähigkeit zu bedrohen scheint. Je stärker diese Ängste werden, | |
desto gefährdeter ist eine Gesellschaft. Populistische Vereinfachungen | |
greifen um sich, es kommt zu gesellschaftlicher Spaltung und damit zu einer | |
Art innerem Krieg. | |
Die Deutschen, das zeigt eine Umfrage, wissen genau, was Diskriminierung | |
ist, ein knappes Drittel fühlte sich selbst schon diskriminiert. Dennoch | |
wollen sie keine gesetzlichen Regeln wie das AGG, ergab eine andere Studie. | |
Warum? Weil ein Gesetz für alle gilt, auch für die, die man sich gern vom | |
Leib halten möchte. | |
Das AGG ist ein Konfrontationsgesetz. Und die Konfrontationstherapie gilt | |
als extrem erfolgreich bei Angstzuständen. | |
10 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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