# taz.de -- Gleichbehandlung nur Gesetz: Disko drückt sich um Strafe | |
> EIn Migrant wollte eine Disko wegen Diskriminierung verklagen. Die | |
> gründete eine neue Betreibergesellschaft und gilt nun nicht mehr als | |
> verantwortlich. | |
Bild: In der Disko gehts rund, aber nicht für alle gleich | |
HANNOVER taz | Die Partynacht nach dem WM-Finale endete für einen | |
33-jährigen Türken aus Hannover abrupt vor einer Diskotür im | |
Steintorviertel. Ein Türsteher des Eve-Klubs wies ihn ab – angeblich, weil | |
Türken und Kurden nicht hinein dürften. Der Ingenieur fühlte sich | |
diskriminiert und wandte sich an das Büro zur Umsetzung von | |
Gleichbehandlung. | |
Dessen Leiterin Vera Egenberger wollte den Mann unterstützen. Doch zu einer | |
Klage kam es nicht: Der Diskobetreiber änderte seinen Eintrag im | |
Handelsregister. Die neue Firma nennt sich nun „So Fu GmbH“ und nicht | |
länger „Fu So GmbH“ und kann für den Vorfall nicht mehr zur Verantwortung | |
gezogen werden. | |
Egenberger vermutet dahinter den Versuch des Diskobetreibers, sich vor | |
einer Strafe wegzuducken. „Wenn das einreißt, würde jede | |
Antidiskriminierungsmaßnahme ins Leere laufen“, kritisiert sie. Schon zuvor | |
war ein Schlichtungsgespräch zwischen den beiden Parteien gescheitert. | |
Egenberger hatte für den Betroffenen eine Entschädigung von 1.500 Euro | |
gefordert, die Betreiber hätten jedoch nur einen Getränkegutschein | |
angeboten, erinnert sich Egenberger. | |
Der Anwalt des Diskobetreibers, Martin Berkemeier, hält die Vorwürfe für | |
„menschlichen und juristischen Unfug“. Keine Firma nähme die Gründung ein… | |
neuen GmbH auf sich, um 1.500 Euro zu sparen. Zudem habe es „keinen | |
diskriminierenden Vorfall“ gegeben. Menschen mit Migrationshintergrund | |
seien in der Disko gern //:gesehen. Das bewiesen auch die Fotos auf der | |
Homepage des Ladens. Der Betreiber selbst wollte sich gestern nicht äußern. | |
In Hannover gab es schon früher öffentlich bekannt gewordene Fälle von | |
Diskriminierung. 2013 sprach das Amtsgericht dem Studenten Murat F. eine | |
Entschädigung von 1.000 Euro zu, weil ihn die Disko „Agostea“ nicht | |
einließ. Weist ihn der Club wieder ab, droht ein Ordnungsgeld von bis zu | |
250.000 Euro. | |
Als Reaktion auf solche Vorfälle entwickelten die Stadt Hannover und der | |
Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ein Siegel für faire | |
Diskotheken – mit mäßigem Erfolg. Für das Siegel müssen die Betreiber | |
Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) [1][besuchen] und | |
ihre Türsteher darüber informieren. Nur sieben Diskos in Hannover machten | |
mit. | |
Kirsten Jordan von der Dehoga ist trotzdem zufrieden. „Unsere Betriebe sind | |
gut informiert und für das Thema sensibilisiert“, sagt sie. In den meisten | |
Fällen sei an den Diskriminierungsvorwürfen der Diskobesucher nichts dran. | |
Dem widerspricht Vera Egenberger. In Hannover häuften sich solche Fälle. | |
Anfang Mai beginne der nächste Prozess vor dem Amtsgericht – ein Jurist mit | |
sri-lankischen Wurzeln wehrt sich dagegen, dass ihn der Türsteher einer | |
anderen Steintordisko nicht einließ. Egenberger unterstützt auch ihn: „Eine | |
Abweisung wegen der Schattierung der Hautfarbe ist für die Betroffenen | |
wahnsinnig erniedrigend.“ | |
23 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.gesetze-im-internet.de/agg/ | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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