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# taz.de -- Armeeverbrechen in Nigeria: Ein geheimer schmutziger Krieg
> Eine Untersuchungskommission bestätigt Armee-Massaker an Hunderten
> Schiiten im Dezember. An der Aufarbeitung übt sie Kritik.
Bild: Auch die Terrormiliz Boko Haram bekämpft die Schiiten
Cotonou taz | Knapp acht Monate nach einem fürchterlichen Massaker durch
Nigerias Armee in der nördlichen Stadt Zaria könnten nun doch die
mutmaßlichen Täter zur Verantwortung gezogen werden. Diese Hoffnung weckt
der gerade veröffentlichte Abschlussreport einer Untersuchungskommission.
Das 13-köpfige Gremium, das die Landesregierung des Bundesstaates Kaduna
eingesetzt hatte, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass vom 12. bis 14.
Dezember 2015 insgesamt 348 Zivilisten und ein Soldat starben, weil die
Armee beim Kampf gegen schiitische Extremisten in Zaria „unverhältnismäßige
Gewalt“ angewandt hat.
Über das Massaker von Zaria herrschte lange Unklarheit, da sich
Sicherheitskräfte und die schiitische Gruppierung „Islamische Bewegung in
Nigeria“ (IMN) gegenseitig beschuldigten. Ausgangspunkt war laut Armee, so
berichteten lokale Medien, eine Straßenblockade gewesen. Dort wollten ihrer
Meinung nach IMN-Mitglieder Nigerias Armeechef Tukur Buratai aufhalten und
ermorden. Die Schiiten wiederum waren eigenen Angaben zufolge bloß dabei,
eine Prozession durchzuführen.
Wie viele Menschen während des anschließenden Schusswechsels ums Leben
kamen, wusste anfangs niemand. Die Armee sagte vor der nationalen
Menschenrechtskommission, dass es lediglich sieben Todesopfer sowie zehn
Schwerverletzte gab. Völlig geschönte Zahlen, konterten die Schiiten und
sprachen von mindestens 800 Toten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty
International sprach im April von über 350 Toten. Die Landesregierung von
Kaduna erklärte, dass mindestens 347 Schiiten in einem Massengrab beerdigt
worden waren, und ordnete die Untersuchung an.
## Todesstrafe droht
Nicht nur das Massaker selbst, sondern auch der Umgang damit hat in Nigeria
für Entsetzen gesorgt. Die beteiligten Sicherheitskräfte wurden bisher
nicht zur Verantwortung gezogen, dafür aber 50 Schiiten. Sie stehen derzeit
vor Gericht, angeklagt wegen des Todes des einzigen ums Leben gekommenen
Soldaten. Im schlimmsten Fall wartet auf sie die Todesstrafe.
Auch diese Vorgehensweise hat die Untersuchungskommission scharf
kritisiert. Bis zur Anklage hätte man das Ergebnis der Untersuchung
abwarten müssen. Außerdem müsse eine demokratische Regierung alle
nigerianischen Bürger gleichermaßen beschützen.
Unter Arrest steht außerdem IMN-Anführer Sheikh Ibraheem Zakzaky und
dessen Frau. Er wird schon seit Jahrzehnten vom Staat als Unruhestifter und
Destabilisierer im Solde Irans beobachtet. Beim Armeeeinsatz in Zaria wurde
er verhaftet.
Die Schiiten sind in Nigeria eine kleine Minderheit, der einige zehntausend
Menschen angehören. Die große Mehrheit der nigerianischen Muslime sind
Sunniten. Aus ihnen rekrutiert sich auch die viel größere Terrorarmee Boko
Haram, die die Schiiten ebenfalls bekämpft.
3 Aug 2016
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
Schiiten
Kaduna
Amnesty International
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Boko Haram
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Schwerpunkt Syrien
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