# taz.de -- Hilfe für Boko Harams Opfer ausgesetzt: Helfer im Visier | |
> Zwei Millionen Geflüchtete in Nigeria leiden Not. Nach dem Beschuss eins | |
> UN-Hilfskonvois stellen die Hilfswerke ihre Bemühungen vorerst ein. | |
Bild: Vor Boko Haram geflüchtete Frauen und verbranntes Vieh im nordöstlichen… | |
BERLIN taz | Nur wenige Tage nach ihren großen Alarmrufen für Millionen | |
Kriegsvertriebene im Nordosten Nigerias haben die Vereinten Nationen ihre | |
gerade angelaufenen Hilfstransporte wieder eingestellt. Grund für die | |
„vorübergehende“ Suspendierung in der am schwersten betroffenen Provinz | |
Borno ab Donnerstagabend ist ein Überfall mutmaßlicher Untergrundkämpfer | |
der islamistischen Boko-Haram-Rebellen auf einen Hilfskonvoi, bei dem fünf | |
Menschen verletzt wurden. | |
Der Konvoi mit Teams des UN-Kinderhilfswerks Unicef, der | |
UN-Bevölkerungsagentur UNPFA und der Internationalen Organisation für | |
Migration (IOM) befand sich am Donnerstag unter nigerianischer | |
Militäreskorte auf dem Rückweg aus der Kleinstadt Bama in die | |
Provinzhauptstadt Maiduguri. In der Nähe des Dorfes Meleri kam er unter | |
Beschuss durch „unbekannte Angreifer“, wie die UNO mitteilte. Zwei | |
Mitarbeiter von Unicef und IOM wurden verwundet, außerdem zwei Soldaten und | |
ein weiterer Zivilist. | |
In Meleri hätten sich Boko-Haram-Kämpfer versteckt gehalten, berichtete | |
dazu Nigerias Armee. Meleri liegt nur wenige Kilometer von Kawuri entfernt, | |
wo Boko Haram im Januar 2014 eines seiner schlimmsten Massaker mit | |
mindestens 85 Toten verübt hatte. Das Gebiet ist seit Februar 2015 wieder | |
unter Armeekontrolle. | |
Noch vergangene Woche hatte Unicef vor einem Massensterben unter den rund | |
zwei Millionen Menschen gewarnt, die vor dem Boko-Haram-Krieg im Nordosten | |
Nigerias auf der Flucht sind. Allein in der Provinz Borno dürften dieses | |
Jahr 49.000 Kleinkinder verhungern, wenn nichts getan werde, hatte Unicefs | |
Westafrika-Direktor, Manuel Fontaine, am 19. Juli gesagt. | |
Zwei Millionen Menschen in Borno seien von Helfern wegen der Gewalt nicht | |
zu erreichen. Hilfstransporte in von Nigerias Armee geschützte staatliche | |
Vertriebenenlager hatten da bereits eingesetzt und sollten sich jetzt | |
deutlich intensivieren. | |
Ein Schwerpunkt ist der Ort Bama, wo Zehntausende Vertriebene unter | |
Militärbewachung auf einem Krankenhausgelände leben und Hilfswerke im Juni | |
weder Toiletten noch Schulen für die Kinder noch eine funktionierende | |
Versorgung oder Lagerleitung vorfanden. Nach Bama hatte der am Donnerstag | |
überfallene UN-Konvoi Hilfsgüter gebracht. | |
## UNO hat keine Soldaten | |
Die Verletzung von zwei UN-Mitarbeitern ist jetzt offenbar Grund genug für | |
die UN-Hilfswerke, ihre Aktivitäten zugunsten von zwei Millionen | |
Notleidenden, einige am Rand des Hungertodes, einzustellen. Die Operationen | |
sollen erst nach Überprüfung der Sicherheitslage wieder starten, heißt es. | |
Das kann dauern: Da die UNO in Nigeria keine eigenen Soldaten stationiert | |
hat, ist sie im Nordosten Nigerias anders als in den meisten afrikanischen | |
Bürgerkriegsgebieten auf die einheimischen Streitkräfte angewiesen, aus | |
deren Sicht ausländische Helfer keine Priorität haben. Es gibt auch keinen | |
etablierten Rahmen, in dem UN-Hilfswerke sich mit Nigerias Militärspitze | |
absprechen können. | |
So ist die UNO auf Appelle angewiesen. Etwa zeitgleich zum Angriff in | |
Nigeria schloss in New York der UN-Sicherheitsrat zweitägige Beratungen | |
über die Situation ab. In einer Erklärung äußerte er tiefe Sorge über die | |
„desaströse humanitäre Lage“ und forderte die Weltgemeinschaft auf, | |
„unverzüglich eine dringende humanitäre Hilfsoperation zu unterstützen“. | |
Die betroffenen Staaten sollten „die militärische Kooperation in der Region | |
verbessern“, „Boko Haram Zuflucht verweigern“ sowie in zurückeroberten | |
Gebieten „die Wiederherstellung des Rechtsstaats fördern“ und „humanitä… | |
Zugang ermöglichen“. | |
29 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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