# taz.de -- Wieder rechter Aufmarsch in Berlin: Antanzen gegen Nazis | |
> Rechte rufen für Samstag zur Demo. Die Bündnisse Berlin Nazifrei und | |
> Berlin gegen Rechts halten dagegen – und auch der Zug der Liebe. | |
Bild: Wollen schon wieder demonstrieren: Neonazis am Hauptbahnhof, hier im Mai | |
Die unentwegten Teilnehmer flüchtlingsfeindlicher und rechtsextremer | |
Aufmärsche in den vergangenen zwei Jahren haben sich zuletzt totgelaufen. | |
In Dresden scheren sich nur noch etwa 2.000 Getreue um Organisator Lutz | |
Bachmann, ein Bruchteil der einst 20.000. Die zentrale Facebook-Seite mit | |
zuletzt mehr als 200.000 Fans wurde vergangene Woche durch das soziale | |
Netzwerk gelöscht. Und auch anderswo ist die Protestfreudigkeit erlahmt: | |
Der Leipziger Ableger Legida hat seine Aktivitäten bis September | |
eingestellt. Regelmäßige Aufzüge gibt es nur noch in München, Duisburg – | |
und Berlin. | |
Bei Bärgida, die am vergangenen Montag ihren 82. „Abendspaziergang“ | |
absolviert haben, verlieren sich allwöchentlich nur wenige Dutzend | |
Rechtsextreme und Hooligans. Selbst hart gesottene Anti-Nazi-Demonstranten | |
nehmen diese Veranstaltung kaum mehr ernst – wahrnehmbare Proteste bleiben | |
schon seit Langem aus. | |
Ein ganz anderes Szenario ist dagegen am Samstag zu erwarten. Unter dem | |
Namen „Wir für Berlin – Wir für Deutschland“ – so auch der Name einer | |
gleichlautenden Facebook-Seite mit 40.000 Unterstützern –, rufen | |
Rechtsextreme zum dritten Mal in diesem Jahr zu einer Großdemonstration | |
auf. Wieder soll es vom Hauptbahnhof durch das Regierungsviertel gehen. | |
Als Organisator bekannt ist der Marzahner Enrico Stubbe, Vorstandsmitglied | |
der islamfeindlichen Kleinpartei „Pro Deutschland“. Wie schon im März und | |
im Mai lautet das Motto der fast ausschließlich über soziale Netzwerke | |
beworbenen Veranstaltung „Merkel muss weg!“, wie zuletzt muss mit einer | |
vierstelligen Teilnehmerzahl gerechnet werden. | |
## Im Netz tobt der Hass | |
Vor zwei Wochen noch schien es sicher, dass die Demonstration am Samstag | |
kleiner ausfallen wird als ihre Vorläufer. Am 12. März waren wie aus dem | |
nichts – und mit entsprechend wenig Gegenwehr –, etwa 3.000 Rechte durchs | |
Regierungsviertel gezogen. Am 7. Mai folgten immerhin noch 1.800 | |
Teilnehmer. Mitten in den Sommerferien schien es wahrscheinlich, dass auch | |
diese Zahl nicht mehr erreicht wird. | |
Doch die islamistisch motivierten Attacken und Anschläge von Ansbach und | |
Würzburg, sowie die ebenfalls durch rechte Propaganda vereinnahmten | |
Gewalttaten in München und Reutlingen haben die Szene der Flüchtlings- und | |
Islamfeinde wieder beflügelt. Im Netz tobt der Hass. Ob sich die neu | |
angeheizte Wut auf Merkels Flüchtlingspolitik auch auf der Straße | |
niederschlagen wird, muss sich zeigen. | |
Manja Karsten von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus glaubt, dass | |
sich der zu erwartende Rückgang der Teilnehmerzahl durch die aktuellen | |
Geschehnisse „ausgleichen“ werde. Eine Steigerung erwarte sie aber nicht; | |
dafür sei die Anzahl der Zusagen auf Facebook mit etwa 1.800 zu gering. | |
Entgegenstellen werden sich den Rechten dagegen wohl Tausende. Die | |
Bündnisse Berlin Nazifrei und Berlin gegen Rechts hatten nach dem Schock | |
der ersten Demo, im Mai bereits 10.000 Menschen auf die Straße gebracht. | |
Ein Erfolg – auch wenn eine Blockade des Nazi-Aufmarsches nicht zustande | |
kam. | |
Diesmal vereinen sich beide zunächst mit dem „Zug der Liebe“ – der zum | |
zweiten Mal mit Technowagen durch Berlin ziehen wird –, ausdrücklich aber | |
„keine neue Loveparade“, sondern eine politische Demonstration für | |
Nächstenliebe und Toleranz sein will. Und auch auf der Spree wird auf | |
Booten und Flößen (siehe Floß-Demo) für ein „tolerantes und offenes Europ… | |
demonstriert. | |
„Zug der Liebe“-Organisator Jens Schwan hatte die Idee, beide | |
Demonstrationen zu verbinden. „Wenn 40.000 Menschen gegen rechts | |
demonstrieren, ist die Außenwirkung viel größer“, so Schwans Einschätzung. | |
Nun wird also ein Wagen der Anti-Nazi-Bündnisse den Zug ab Alexanderplatz | |
anführen, gefolgt von 25 Partywagen verschiedener sozialer Vereine wie der | |
Obdachlosenhilfe, der Beratungsstelle für SexarbeiterIinnen Hydra oder des | |
Aktionsbündnis A100 stoppen. | |
Ab Michaelbrücke wird sich die Demo dann teilen. Während die Feierkarawane | |
weiter Richtung Osten zieht, werden die Nazi-Gegner ihren Weg in Richtung | |
des rechten Aufmarschs suchen. | |
Korrektur: Die Floß-Demo startet bereits um 13 Uhr an der Elsenbrücke | |
29 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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