# taz.de -- AfD-Parteitag in Brandenburg: Schwelendes Schweigen | |
> Offene Stimmung gegen Frauke Petry? In Kremmen Fehlanzeige. Alle scheinen | |
> das Gemeinsame zu betonen – nur nicht Alexander Gauland. | |
Bild: Kurz reden, dann abwenden: Alexander Gauland und Frauke Petry | |
KREMMEN taz/dpa | Um kurz vor elf am Samstag Vormittag betritt AfD-Chefin | |
Frauke Petry die Musikantenscheune im brandenburgischen Kremmen durch einen | |
Seiteneingang. Ihr Blick schweift durch den vollbesetzten Saal. Als dieser | |
kurz Alexander Gauland streift, verzieht sie keine Miene. Gauland, | |
Landeschef der hiesigen AfD und Parteivize auf Bundesebene, konzentriert | |
sich demonstrativ auf ein Gespräch. Schnell verlässt Petry die umgebaute | |
Scheune wieder. | |
Wenig später durchquert sie unter dem Applaus der Delegierten den Saal in | |
ganzer Länge, bis sie vorn an der Bühne bei Gauland angekommen ist. | |
„Morgen“, sagt Petry. Er küsst ihr die Hand. Kameras klicken. Dann wenden | |
sich die beiden wieder voneinander ab. | |
Es ist Landesparteitag der AfD in Brandenburg, eigentlich sollen hier | |
Satzungsfragen und Vorstandsposten geklärt werden. Doch am Ende dieser | |
Woche, in der in Stuttgart der Streit in der Parteispitze öffentlich | |
eskalierte, steht in der alten Scheune im Havelland eine ganz andere Frage | |
im Raum: Wie soll es mit der Parteiführung weitergehen? | |
Im Machtkampf an der AfD-Spitze steht Petry auf der einen Seite, Gauland | |
gemeinsam mit Petrys Co-Chef Jörg Meuthen auf der anderen. Die beiden haben | |
sich mit Björn Höcke, dem Rechtsaußen der Partei aus Thüringen, verbündet. | |
Das Ziel der drei Männer: Petrys Macht in der Partei zu beschneiden. Im | |
Bundesvorstand ist Petry inzwischen weitgehend isoliert. Wie die | |
Mehrheitsverhältnisse in den Ländern sind, aber ist völlig offen. Bei einer | |
Kampfabstimmung auf einem Bundesparteitag wären diese aber entscheidend. | |
Insofern kann Petrys Auftritt in Gaulands Landesverband als Stimmungsmesser | |
gesehen werden. | |
## Applaus für Petry | |
Viele Worte verliert Petry in ihrem Grußwort zum Streit in Stuttgart nicht. | |
„An der Diskussionskultur müssen wir noch etwas arbeiten“, sagt sie. Auch | |
dürfe man den Kontakt zueinander nicht verlieren. Sie ruft die Partei zur | |
Geschlossenheit auf und spult dann eine ihrer ganz normalen Reden ab, an | |
deren Ende der Einzug in den Bundestag und eine mögliche Beteiligung an der | |
nächsten Landesregierung in Brandenburg steht. Immer wieder wird Petry von | |
Applaus und einzelnen Bravo-Rufen unterbrochen, am Ende gibt es | |
Standing-Ovations für die Parteichefin. Offene Stimmung gegen Petry? In | |
Kremmen Fehlanzeige. | |
Beifall bekommt auch Meuthen, der beim Parteitag der AfD Rheinland-Pfalz in | |
Bingen zu Gast ist. So groß sein Ärger auch sein mag, die Zusammenarbeit | |
mit Petry will er nicht infrage stellen. „Warum sollten wir kämpfen um die | |
alleinige Spitze? Ich bin heilfroh dass es zwei sind“, sagt der bisherige | |
baden-württembergische Fraktionschef. „Wir kriegen das hin.“ | |
Als dann in Kremmen Grußworte aus den Landesverbänden gesprochen werden, | |
ist klar: Die Parteiführung will die Notbremse ziehen. Von Höcke-Freund | |
André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt bis zu Marcus Pretzell, Petrys | |
Lebensgefährten aus NRW: Alle beschwören einen professionellen Umgang | |
miteinander und den Kampf für die gemeinsamen Ziele. | |
Allein Gauland gibt Petry in seiner Rede einen mit: „Eine Einmischung in | |
andere Landesverbände darf es nicht geben“, ruft er in den Saal. Petry war | |
uneingeladen nach Stuttgart gereist, Meuthen hatte gar versucht, ihren | |
Auftritt im Landtag durch ein Hausverbot zu verhindern. Doch überraschend | |
häufig räumt Gauland auch eigene Fehler ein, ohne allerdings konkret zu | |
werden. | |
## Knappe Erklärung zum Streit | |
Ob das Hintergrundgespräch meint, zu dem er in Berlin gemeinsam mit Meuthen | |
und Höcke Berliner Journalisten eingeladen hatte, um dort zu verkünden, | |
Petry sei wegen charakterlicher Schwächen als Spitzenkandidatin nicht | |
geeignet? Oder der Beschluss des Bundesvorstands zu den | |
Auseinandersetzungen in Stuttgart, zu dem Petry und ihre Verbündeten nicht | |
befragt wurden? Am Ende seiner Rede, in der es auch um ein klares Nein zu | |
Antisemitismus, die Türken vor Wien und die Angst geht, in einem | |
islamischen Land aufzuwachen, stehen die Delegierten auf und applaudieren | |
ebenso krachend wie zuvor bei Petry. | |
Aus der Debatte über den Zustand im Bundesvorstand, die anfangs noch ein | |
Delegierter unter großem Applaus durchgesetzt hatte, ist damit die Luft | |
raus, nach wenigen Redebeiträgen ist Schluss. Dann verliest Petry eine | |
knappe Erklärung, die sie gemeinsam mit ihrem Widersacher Meuthen verfasst | |
hat. Man wolle auch künftig die Partei gemeinsam führen, heißt es darin. | |
Eine entsprechende Mail solle im Laufe des Tages an alle Mitglieder gehen. | |
Dann gibt es Mittagessen. Petry und Pretzell reisen ab. Am Nachmittag sind | |
in Kremmen Satzungsfragen dran. | |
9 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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