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# taz.de -- Kolumne Macht: Gebt ihr Geld!
> Die First Lady bekommt kein Gehalt. Das ist ein Beweis für das
> reaktionäre Verständnis der Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Bild: Ob er ihr was von seinem Einkommen abgeben würde?
Jetzt wird sie wohl wieder losgehen, die Diskussion über die Nachfolge von
Joachim Gauck, die gnädigerweise kurz von Fußballthemen abgelöst worden
war. Dabei ist die Zukunft der nächsten First Lady wichtiger als der Name
des nächsten Staatsoberhauptes, falls es denn erneut ein Mann werden
sollte.
Die Frau an der Seite des Bundespräsidenten hat einen Vollzeitjob, als
selbstverständlich gilt, dass sie repräsentative Pflichten übernimmt. Mehr
als das: Sie hat einen eigenen kleinen Stab und ein eigenes Büro. Nur
bezahlt wird sie nicht.
Selbstverständlich nicht. Schließlich ist es von alters her die vornehmste
Pflicht einer Frau, ihrem Mann zur Seite zu stehen. Für Gotteslohn.
Es ist ja nie sicher, dass Ironie als solche verstanden wird, also
ernsthaft: Im Umgang des deutschen Staates mit seiner First Lady drückt
sich ein reaktionäres Verständnis von der Rolle der Frau in der
Gesellschaft aus. Ich halte es deshalb für skandalös, dass sie für ihre
Arbeit kein Gehalt bekommt.
Als ich das kürzlich während einer Podiumsdiskussion sagte, bekam ich viel
Applaus. Vor allem von den Frauen im Publikum. Ein Kollege, der mir
widersprach, bekam ebenfalls viel Applaus. Vor allem von den Männern.
Manchmal schlägt die Realität jedes Klischee.
## Sie arbeitet für lau
Der Kollege sagte hinterher zu mir, er fände meine Forderung grotesk.
200.000 Euro Jahreseinkommen für den Bundespräsidenten und lebenslanger
Ehrensold seien doch wahrlich genug. Er hat tatsächlich nicht verstanden,
worum es geht.
Dabei ist es doch gar nicht so schwierig. Daniela Schadt, die nicht mit
Joachim Gauck verheiratet ist, arbeitet für lau. Am Ende der Amtszeit ihres
Lebensgefährten wird die Journalistin fünf Jahre lang keine Rentenansprüche
erworben haben. Ob die Betroffene das für problematisch hält, ist nicht
bekannt. Sie könnte sich auch nicht entsprechend äußern, ohne dass ihr Gier
unterstellt würde.
Für das Prinzip, um das es geht, ist ihre persönliche Ansicht jedoch nicht
von Belang. Gehälter werden üblicherweise nicht abhängig von Meinungen
bezahlt. Auch privatrechtliche Vereinbarungen, die möglicherweise getroffen
wurden, spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle.
## Nicht gewählt, nicht bezahlt?
Aber wenn das Paar im Bellevue verheiratet wäre, dann stellte sich das
Problem doch gar nicht, oder? Wunderbares Argument. Ehefrauen sind ohnehin
versorgt, die brauchen kein eigenes Geld? Das habe ich schon mal irgendwo
gehört.
Die Frau an der Seite des Bundespräsidenten ist allerdings nicht gewählt
worden, oder? Stimmt. Ihre Sekretärin wurde auch nicht gewählt und bekommt
trotzdem ein Gehalt. Wie übrigens die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung.
Dass Arbeit bezahlt wird oder zumindest bezahlt werden sollte, das ist noch
immer ein weithin akzeptierter Grundsatz.
Bis zur Wahl des nächsten Staatsoberhauptes wäre genug Zeit für einen
fraktionsübergreifenden Gruppenantrag im Bundestag, in dem die Bezahlung
der First Lady – und, natürlich: eines First Husband – gefordert wird. Man
könnte ja die Bezüge des Staatsoberhauptes um den entsprechenden Betrag
kürzen.
Vielleicht würde ein solcher Antrag abgeschmettert. Aber die Argumente, die
dafür ins Feld geführt würden, möchte ich sehr, sehr gerne hören.
Ach, noch etwas: Das Auswärtige Amt soll Nachwuchssorgen haben.
Unbegreiflich, oder? Welche Lehrerin oder Ärztin würde nicht gerne Beruf
und Einkommen aufgeben, um ihrem Mann in den Tschad zu folgen und dort als
Frau des Botschafters ohne Entgelt repräsentative Aufgaben zu übernehmen?
Hm. Vielleicht läge es ja im nationalen und nicht nur im Interesse der
Frauen, die Gesetzeslage zu ändern?
10 Jul 2016
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Bundespräsident
Einkommen
Frauen
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