# taz.de -- EMtaz: Kolumne Queering Soccer: Brexit – who cares? | |
> Die EM ist wie der ESC ein Event der Proeuropäer. Ein Festival, das die | |
> Menschen verbindet. Ein Brexit kann das nicht kaputt machen. | |
Bild: „Ich weiß nicht genug darüber, um besorgt zu sein. Und ich denke, den… | |
Um es mal als Mann von bald 59 Jahren zu sagen: Die EU ist mir, solange ich | |
politische Empfindungen in mir wäge, immer wichtiger gewesen als alles, was | |
an Vorlieben oder Hass mit oder gegen CDU, SPD, Grünen und Linken so | |
existiert. Die Europäische Union, das war, ist und bleibt hoffentlich eine | |
Nachkriegsfriedensordnung – mit der Betonung auf Ordnung, bitte! – | |
sondergleichen. | |
Um es persönlich zu bekennen: Niemals, auch nicht zu obskursten Zeiten | |
linksradikaler Art, habe ich auch nur phantasiert, in Brüssel herrsche ein | |
bürokratischer Wasserkopf (davon abgesehen, dass mir die Vokabel nicht | |
eingefallen wäre, weil sie Behindertenfeindliches meint). Brüssel, das war | |
die antinationale Lösung, nicht irgendein Problem. Die EU – mit ihr war | |
Schlafwandelei (Christopher Clark) nicht mehr möglich. Soviel zu meinen | |
deprimierten Gefühlen von Trostlosigkeit, heute morgen mit den Nachrichten | |
im Radio. | |
Und was hat das jetzt mit der EM in Frankreich zu tun? Alles. Alles. Die | |
Institutionen mit mächtigster Europäisierungs-, also Friedenskraft waren | |
die Uefa und die European Broadcasting Union (EBU). Die führen zwar beide | |
nicht das Antikriegerische in den Präambeln, jedenfalls nicht als | |
Wichtigstes. | |
Zur Uefa gehören 55 Fußballverbände, auch solche, die nicht mehr | |
geographisch korrekt in Europa liegen, aber sich kulturell wie politisch | |
darauf beziehen: Israel, die Türkei oder vier Fünftel von Russland. Zur | |
EBU, die einmal im Jahr beachtet wird, weil sie den Eurovision Song Contest | |
ausrichtet, zählen 56 Mitlgiedsländer, auch solche aus dem Maghreb oder | |
auch der Libanon. | |
## Nichtkriegerische Utopie | |
Beide Institutionen leben vom Gemeinsamen, vom Zweck des Spiels miteinander | |
– und so verhalten sich auch die allermeisten ihrer Fans. Sie kloppen sich | |
nicht – Hools sind ja medial aufgeheizte Kriegerfiguren –, sie halten sich | |
aus. Überwiegend nicht nationalistisch gesinnt, sondern national im Sinne | |
eines gewissen Wir, das andere aber nicht ausschließt. | |
Um vom absolut schwulen ESC zu berichten: Der ist definitiv noch schwuler, | |
als alle sowieso meinen. Und dann ist es zugleich so, wie es auch | |
Frankreich von der Fußball-EM berichtet wird: Fans unterschiedlicher Länder | |
mischen sich. In Cafés, beim Public Viewing. In den Fußgängerzonen, den | |
öffentlichen Transportmitteln. Beim ESC beispielsweise sitzen russische mit | |
ukrainischen, aserbaidschanische mit armenischen Fans ziemlich friedlich | |
zusammen. Arbeitssprache: Englisch, auch, als postsowjetisches Erbe, | |
Russisch. | |
Das ist, wie beim Fußball, gelebte, nichtkriegerische Utopie. Man ist für | |
die Eigenen (Mannschaft, Frauschaft, Sänger oder Sängerin), respektiert mit | |
größter Lust aber Siege der anderen. Was zählt, ist nicht die Unterordnung | |
zum Politischen, sondern die Fähigkeit zum Miteinandersein, zum Genießen | |
des Fremden und Anderen überhaupt. | |
Okay, das klang jetzt sentimental und besser als das Leben selbst. Aber | |
wenn es denn doch so ist? Fußball-EM, das ist die international begründete, | |
aufs Nationale gebrachte Alternative zum viel langweiligeren Kick der | |
Champions League. Dort geht es ums Geld, um die Stärke der finanziellen | |
Möglichkeiten. EM aber – das ist ein Festival, von dem die allermeisten | |
nach dem Zweiten Weltkrieg nicht einmal zu träumen wagten. Die EM ist wie | |
der ESC ein Event der Proeuropäer. Ein Brexit kann das nicht kaputt machen. | |
24 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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