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# taz.de -- Retrospektive im Berliner Kino Arsenal: Feministische Ikone des Fil…
> Ida Lupino war nicht nur eine große Schauspielerin. Sie führte auch als
> erste Frau in Hollywood Regie. Das Arsenal zeigt im Juli eine
> Retrospektive.
Bild: Ida Lupino neben Humphrey Bogart in Raoul Walshs „High Sierra“ (1941)
Mit 14 Jahren hat sich Ida Lupino einige Jahre älter geschummelt, um im
Kino den blonden Vamp zu geben. Aus einer britischen Künstlerfamilie
stammend, war das offenbar kein Problem. Auch die Übersiedlung nach
Hollywood nicht, wo Lupino an der Seite von Gary Cooper in Henry Hathaways
Romanverfilmung „Peter Ibbetson“ zur jungen Agnes wurde. 1935 war das.
Das Studiosystem hielt sie daraufhin einige Jahre in jenem Typecasting
gefangen. Ida Lupino war ein bisschen zweite Liga, ein bisschen zu
freizügig. Erst Anfang der vierziger Jahre, so will es die Legende, drehte
der Wind. Wie Lupino das angestellt hat: die Rückkehr zur Naturhaarfarbe
und der Verlust von „Babyspeck“.
1940 und 1941 spielt sie neben Humphrey Bogart in Raoul Walshs „They Drive
by Night“ und „High Sierra“. Beide Filme sind in der Arsenal-Reihe
„Schauspielerin, Produzentin, Regisseurin: Ida Lupino“ zu sehen, die sich
über den gesamten Monat Juli erstreckt. Dabei verrät der Titel bereits,
dass sich hinter dem Namen Lupino einiges mehr verbirgt als die Anekdoten
aus der frühen Schauspielzeit.
Ida Lupino war eine Wegbereiterin für viele Frauen der zukünftigen
Filmbranche: sie war die erste Hollywood-Regisseurin überhaupt, ebenso eine
der ersten Produzentinnen. Lupino führte als erste Frau Regie bei einer
Fernsehserie und sie war ebenfalls die Erste, die in einem Film sowohl
Hauptrolle als auch Regie übernahm. Schmerzlich daher ihr Empfinden, nichts
weiter zu sein als eine „poor man’s Bette Davis“ oder ein „poor man’s…
Siegel“.
Die 1918 in England geborene und 1995 in Los Angeles verstorbene Lupino war
eine revoltierende, gleichsam fragile Person. Eine Kämpfernatur auch, die
es in ihrer letzten Ehe mit Schauspieler Howard Duff (zwischen 1957 und
1958 waren beide sogar in der CBS-Sitcom „Mr. Adams and Eve“ zu sehen)
jedoch nach und nach in die Tabletten- und Alkoholsucht trieb.
Wie sensibel Lupino indessen die Seelen anderer Menschen, insbesondere von
Frauen, erspüren konnte, davon zeugen ihre Filme. In „Never Fear“ (1949),
auch bekannt unter dem Titel „The Young Lovers“, macht Lupino die
Schauspielerin Sally Forrest zur Tänzerin Carol Williams. Williams, ein
vielversprechendes Talent, erkrankt am Poliovirus, das sie in den Rollstuhl
zwingt. Weite Strecken des Films finden nun in einem Rehabilitationszentrum
namens „Kabat-Kaiser“ statt, in welchem Carol auf andere Erkrankte trifft
und lernt, mit dem Schicksalsschlag umzugehen.
Lupino selbst war in den 30er Jahren an Polio erkrankt; „Never Fear“
schöpft aus eigenen Erfahrungen der Regisseurin, die mit ihrem damaligen
Ehemann Collier Young außerdem für Drehbuch und Produktion verantwortlich
war – alles mithilfe der kurz zuvor gegründeten Produktionsfirma „The
Filmmakers“. Freiheit, um etwa den ikonischen Filmschluss zu verbreitern:
Aus „The End“ wird „This is not THE END. It is just the beginning for all
those of faith and courage.“
Andere von Ida Lupino verhandelte Themen sind nicht minder randständig, zum
Teil sogar tabuisiert. „Outrage“ (1950) mit Mala Powers ist die Geschichte
der jungen Ann Walton, die auf ihrem abendlichen Heimweg Opfer einer
Vergewaltigung wird.
Lupino gestaltet den Film vom Trauma Waltons ausgehend, von bloßer
Narration getrieben scheint er nie – eine Besonderheit, die im Übrigen alle
der Feder Lupinos entsprungenen Filme eint. „Outrage“ bleibt dicht an der
Seite seiner Hauptfigur. Ähnlich ist es auch in „Hard, Fast and Beautiful“,
obschon Lupino das Erleben von Teenie-Tennis-Star Florence Farley (wieder
Sally Forrest) um das ihrer eitlen Mutter Millie (Claire Trevor) ergänzt.
Ein psychologisches Mutter-Tochter-Sportdrama.
Die Perspektive um einen dritten Charakter erweitert der sehenswerte „The
Bigamist“ (1953) mit Edmond O’Brien, Joan Fontaine und: Ida Lupino. Der
Handlungsreisende Harry Graham beginnt aus Motiven der Einsamkeit heraus
eine neue Beziehung mit der Bedienung Phyllis Martin (Lupino), die er auf
einer Bustour durch Beverly Hills kennengelernt hat. Ein Doppelleben
schließt sich an, dem Regisseurin Lupino interessiert nachgeht.
Es ist der letzte von Ida Lupino gedrehte Spielfilm fürs Kino. War ihnen
allen ein konzentrierter, sensationsunwilliger Blick zu eigen –
kommerzielle Erfolge waren sie nicht.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
30 Jun 2016
## AUTOREN
Carolin Weidner
## TAGS
Film noir
Frauen im Film
Filmgeschichte
Filmbranche
Dokumentarfilm
Drama
Regisseur
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