# taz.de -- Streit über das Brexit-Verfahren: Ein weiter Weg | |
> Brüssel möchte die Briten möglichst rasch aus der EU verabschieden. | |
> Berlin bremst. Selbst über den Austrittsantrag gibt es Streit. | |
Bild: Will mit seinem Rücktritt noch bis Oktober warten: Premierminister David… | |
Brüssel taz | Schnell oder langsam, hart oder soft: Es gibt viele | |
Möglichkeiten, die Briten aus der EU zu entlassen. Der viel zitierte | |
Artikel 50 des Lissabon-Vertrags, der jetzt zum ersten Mal eingesetzt wird, | |
setzt nur den rechtlichen Rahmen. | |
„Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat | |
(EU-Gipfel) seine Absicht mit“, heißt es da. Danach beginnen die | |
Verhandlungen über ein Austrittsabkommen. Sobald man sich geeinigt hat, | |
spätestens aber nach zwei Jahren, sind die Briten draußen. | |
Wann der Antrag gestellt werden muss und wie er aussehen soll, steht aber | |
nicht im EU-Vertrag. Und genau über diese beiden Punkte gibt es politischen | |
Streit. Er birgt fast so viel Sprengstoff wie der Brexit selbst. | |
[1][Denn der britische Noch-Premier David Cameron spielt auf Zeit]: Er habe | |
nicht die Absicht, beim EU-Gipfel am kommenden Dienstag den Austrittsantrag | |
zu stellen, sagte er. Offenbar will Cameron diese undankbare Aufgabe seinem | |
Nachfolger überlassen, der aber erst im Herbst ernannt werden soll. | |
Demgegenüber fordert Brüssel, jetzt keine Zeit zu verlieren. „Ich hätte den | |
Austrittsbrief gern sofort“, sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker. | |
Ziel sei eine „möglichst schnelle und einvernehmliche Scheidung“, meinte | |
der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Belgiens Expremier Guy Verhofstadt. | |
## Ärger über Cameron | |
Dahinter steckt nicht nur der Ärger über Cameron. Es geht auch um die | |
Sorge, dass London versuchen könnte, Brüssel Sonderkonditionen für den | |
Austritt abzupressen – etwa, indem man EU-Beschlüsse blockiert. | |
Möglich wäre das durchaus. Denn solange der Brexit nicht perfekt ist, | |
bleibt Großbritannien ein EU-Mitglied mit allen Rechten und Pflichten. In | |
wichtigen Fragen könnte eine neue, europafeindliche britische Regierung die | |
EU somit erpressen. | |
Je länger London den Scheidungsantrag hinauszögert, desto größer wird die | |
Unsicherheit. Einige EU-Politiker spielen daher mit dem Gedanken, die für | |
Dienstagabend beim EU-Gipfel erwartete mündliche Erklärung Camerons zum | |
Ausgang des britischen Referendums als Austrittserklärung zu werten. | |
Doch da dürfte Kanzlerin Angela Merkel nicht mitspielen. Sie will keinen | |
Druck auf Cameron ausüben. Beim EU-Gipfel könnte das für Streit sorgen, | |
denn die meisten anderen Länder drücken aufs Tempo. Sie möchten so schnell | |
wie möglich im 27er-Format – also ohne Cameron – über den Brexit und die | |
Konditionen sprechen. Denn auch beim Scheidungsvertrag steckt der Teufel im | |
Detail. | |
## Scheidungskriege oder Gentlemen’s Agreement | |
Schließlich geht es nicht nur darum, die Pensionsansprüche für britische | |
EU-Beamte zu klären. Entscheidend wird sein, ob die Verhandlungen mit einem | |
freundschaftlichen Gentleman’s Agreement oder mit einem Scheidungskrieg | |
voller Rachegelüste enden. | |
Das ist nicht nur für London wichtig, sondern auch für andere EU-Länder. So | |
setzt sich Frankreich für möglichst harte Konditionen ein, um mögliche | |
Nachahmer abzuschrecken. Eine weiche Linie scheint dagegen Merkel zu | |
bevorzugen. | |
Schon vor dem Referendum hatte sie die Devise ausgegeben, dass die EU und | |
Großbritannien in jedem Fall Freunde bleiben sollten. Aber für gute | |
Geschäfte soll es auf jeden Fall noch reichen. | |
27 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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