Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Scharfe Kritik an Integrationsgesetz: Verbannt in sibirische Weiten
> Wohnortzuweisung und 80-Cent-Jobs für Flüchtlinge: Was die Regierung als
> fair verteidigt, sieht die Linke als „Rassismusoffensive“.
Bild: Ganz so weit weg müssen Flüchtlinge dann wohl nicht für ihren 80-Cent-…
Berlin taz | Die Abgeordneten des deutschen Bundestages haben am
Freitagvormittag das geplante Integrationsgesetz diskutiert. Während die
Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf als Meilenstein bezeichneten, übten
Linke und Grüne scharfe Kritik. Es sei ein
„Integrationsverhinderungsgesetz“ sagte die Abgeordnete Sevim Dagdelen für
die Linkspartei.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer,
bezeichnete die geplante Arbeitsmarktintegration mit genüsslichem
[1][Verweis auf den niedersächsischen SPD-Ministerpräsidenten, Stephan
Weil], als Stückwerk.
Mit dem Gesetz wird der Zugang in Sprachkurse, Ausbildung und in den
Arbeitsmarkt für knapp die Hälfte aller in Deutschland registrierten
Flüchtlinge geregelt. So sollen in den Kommunen 100.000 Jobs für
Flüchtlinge entstehen, die mit einer Aufwandsentschädigung 80 Cent pro
Stunde vergütet werden. Die Länder sollen entscheiden können, wo sie
Geflüchteten, die arbeitslos sind, für drei Jahre ihren Wohnsitz zuweisen.
Geflüchtete, die nicht innerhalb eines Jahres an angebotenen Sprachkursen
teilnehmen, müssen mit Leistungskürzungen rechnen.
Für Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU), dessen Haus den
Gesetzentwurf gemeinsam mit dem Arbeitsministerium erarbeitet, ist der
Entwurf eine gelungene Mischung aus Rechten und Pflichten. „Das ist nicht
hart, sondern fair.“ Dieses Prinzip gelte auch in anderen Bereichen der
Gesellschaft, etwa bei der Schulpflicht. „Niemand käme auf die Idee, dass
in Schulen ein Geist des Misstrauens herrsche und den Kindern die Freude am
Lernen nimmt.“ Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bezeichnete
das Gesetz als „einen fairen Deal.“ Die Zuweisung des Wohnortes beuge
Ghettobildung vor.
Die Politiker der Opposition rieben sich vor allem an den geplanten
Arbeitsgelegenheiten und der Wohnsitzauflage. Dagdelen bezeichnete die
Jobs, die mit 80 Cent vergütet werden sollen, als „Rassismusoffensive“, die
zudem Lohndumping Vorschub leiste. Die Wohnsitzauflage verglich sie mit dem
im zaristischen Russland üblichen Prinzip, Minderheiten aber auch
Kriminelle in die Weiten Sibiriens zu verbannen. Das sicherte ihr zwar
nicht den Beifall aber zumindest die Aufmerksamkeit von SPD und Union und
der Regierungsbank.
Auch die Organisation Pro Asyl wandte sich am Freitag gegen die Pläne: „Die
vorgesehenen Maßnahmen sind kontraproduktiv, weil sie Integration behindern
und gesellschaftliche Ausschlüsse begünstigen“, erklärte Pro Asyl am
Freitag. Der Deutschen Gewerkschaftsbund und die beiden Kirchen hatten im
Vorfeld ebenfalls Kritik geübt.
Neben neuen Sanktionen stehen im Gesetzentwurf, aber auch Erleichterungen.
So sollen Geflüchtete, die eine Lehrstelle finden, während ihrer Ausbildung
vor Abschiebung sein – vorausgesetzt sie brechend die Ausbildung nicht ab.
Die sogenannte Vorrangprüfung auf dem Arbeitsmarkt, nach der deutsche
Bewerber für einen Arbeitsplatz gegenüber ausländischen grundsätzlich
bevorzugt werden, entfällt stellenweise.
Die Regierung rechnet in diesem Jahr mit Mehrausgaben von 215 Millionen
Euro, die in den nächsten Jahren deutlich niedriger liegen sollen.
3 Jun 2016
## LINKS
[1] /!5304480/
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Integrationsgesetz
Bundestag
Sevim Dagdelen
Flüchtlinge
Flüchtlinge
Flüchtlinge
Integrationsgesetz
Flüchtlinge
Schwerpunkt Flucht
Integrationsgesetz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Perspektive für Flüchtlinge: Hamburg will integrieren
Das vom Senat vorgelegte Integrationskonzept gibt konkret vor, wie
Migranten teilhaben sollen. Die Idee ist, altbekannte Strukturen für
Flüchtlinge zu öffnen.
Kiel will Geflüchteten Adresse vorschreiben: Wohnort-Diktat steht vor der Tür
Anerkannte Geflüchtete müssen sich wohl bald vorschreiben lassen, wo sie
wohnen: Schleswig-Holstein und die Kommunen verhandeln über Wohnsitzauflage
Integrationsgesetz beschlossen: Kontroverses Flüchtlingspaket
Arbeitsplatzmaßnahmen, Integrationskurse, Vorschriften zur Wohnungswahl:
Das Integrationskonzept ist vielschichtig. Die Länder bekommen 7 Milliarden
Euro.
Wohnsitzauflage für Geflüchtete: Aufs Dorf gezwungen
Gewerkschaften, Künstler, Wissenschaftler protestieren wie Niedersachsens
Grüne gegen die Zwangszuweisung von Geflüchteten. SPD-Regierungschef Weil
hält dagegen.
Kommentar Integrationsgesetz: Alles andere als historisch
Ein Integrationsgesetz ist längst überfällig. Doch der jetzt vorliegende
Entwurf geht in die falsche Richtung. Einige Regeln verhindern sogar die
Integration.
Geplantes Integrationsgesetz: Neue Regeln für Flüchtlinge stehen
Die große Koalition hat sich auf einen Entwurf für das neue
Integrationsgesetz geeinigt. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.