# taz.de -- Neue Kredite für Griechenland: „Wir werden weiter ausgenommen“ | |
> In Griechenland kommen die neuerlichen Auflagen nicht gut an: Die | |
> Menschen, heißt es, seien nicht mehr in der Lage, ihre Rechnungen zu | |
> bezahlen. | |
Bild: Zapfen für Schäuble: In Griechenland wird alles teurer | |
BERLIN taz | Noch bevor sich die Finanzminister der Eurogruppe am frühen | |
Mittwochmorgen auf das neue Kreditpaket einigten, hatte das griechische | |
Parlament ein weiteres 7.000 Seiten starkes Gesetzespaket mit drastischen | |
Einschränkungen und Reformen gebilligt – Voraussetzung für die Freigabe | |
neuer Gelder. „Diese Opfer werden die letzten sein“, versprach der | |
griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras diese Woche in einer Rede vor | |
den Parlamentariern. | |
Doch viele Griechen halten das für leere Worte. „Ich glaube das nicht | |
mehr“, sagt etwa Dimitris Gouskos. „Das griechische Volk wird immer weiter | |
ausgenommen.“ Der 55-jährige Gouskos arbeitet in der | |
Kreditkontrollabteilung der staatlichen Wasserwerke Eydap. Ja, natürlich | |
könne er verstehen, dass BürgerInnen Steuern zahlen müssen. „Aber die | |
Bevölkerung kann einfach keine weiteren Opfer mehr bringen“, sagt Gouskos. | |
Das sehe er schon an den immer zahlreicheren Mahnungen, die er verschicken | |
müsse: Die Menschen seien einfach nicht mehr in der Lage, ihre Rechnungen | |
zu bezahlen. | |
Nun soll auch noch die Mehrwertsteuer für viele Lebensmittel und Getränke | |
von 23 auf 24 Prozent steigen. Strom, Pay-TV, Internet, mobiles | |
Telefonieren, Zigaretten, Alkohol und Kaffee – all das wird teurer. | |
Touristen müssen künftig eine Übernachtungspauschale für Hotels entrichten | |
und mehr Eintritt für Museen zahlen. Auch Benzin, Diesel und Heizöl werden | |
um etwa 10 Cent pro Liter teurer. | |
„Dass die Dieselpreise nun so stark steigen, ist schlimm für mich“, sagt | |
Jannis Markopoulos. Der 65-Jährige ist Abteilungsleiter einer Computerfirma | |
im Zentrum Athens. Er habe sich extra ein Dieselauto geleistet, um | |
günstiger zu fahren, da er etwas außerhalb von Athen wohnt, erzählt | |
Markopoulos. Er ist auf sein Auto angewiesen, denn das Stadtzentrum | |
erreicht er mit dem öffentlichen Nahverkehr nicht gut. Auch für die | |
zahlreichen Kundenbesuche braucht er das Auto. Eine Fahrpauschale kann die | |
Firma aber nicht mehr zuschießen. So zahlt er von seinem eigenen Gehalt, | |
das in den letzten drei Jahren von 1.750 Euro auf 1.200 Euro gekürzt wurde, | |
die Benzinkosten: etwa 150 Euro im Monat. | |
## Rentnerin ohne Unterstützung | |
„Außerdem fahre ich fast jedes Wochenende zu meiner Mutter nach Patras“, | |
sagt der Mann. Die 91-jährige Rentnerin bekommt vom Staat keine Hilfe, | |
braucht aber Unterstützung. „Da gehen dann auch noch mal gut 100 Euro pro | |
Monat an Dieselkosten drauf – und das soll jetzt noch teurer werden?“ | |
Markopoulos seufzt. Selbst wenn er den Bus nehmen und gut eine Stunde | |
länger ins Zentrum brauchen würde – die erhöhten Benzinpreise verteuern | |
künftig auch die Busfahrkarten. Er habe von Anfang an befürchtet, dass die | |
neue Regierung ihre hochgesteckten Ziele nicht erreiche. Er habe ja täglich | |
mit Zahlen zu tun, sagt er und lacht er leise: Was Syriza vorhatte, habe | |
nicht aufgehen können. | |
„Es ist schlimm, dass wieder alles auf die Mittelschicht abgewälzt wird“, | |
sagt Kostas, der seinen Nachnamen lieber nicht nennen will. Der 37-Jährige | |
arbeitet als freischaffender Videojournalist. Da er meist Pauschalen von | |
seinen Kunden bekommt, muss er mit diesem Geld auch seine Spesen bezahlen. | |
„Der steigende Benzinpreis und die steigenden Hotelkosten werden mich viel | |
von meinem Budget kosten“, sagt er. Die Reichen im Land würden trotz der | |
Versprechungen von Syriza nicht angegangen, sagt er: Denen mache es ja | |
nichts aus, ob ein Brot oder die Milch jetzt teurer seien. | |
Kostas hält inne. „In Griechenland schämst dich mittlerweile zu sagen, dass | |
du ein Linker bist“, sagt er und lacht bitter. „Durch die Syriza wurde das | |
Image der Linken ruiniert.“ | |
25 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
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