# taz.de -- Sinnvolle Obst-Verwertung: Der Saft vergessener Äpfel | |
> Eine Genossenschaft will mit ihrer mobilen Mosterei bislang ungenutzte | |
> Gartenäpfel verarbeiten und ein Bremer Saft-Label schaffen. | |
Bild: Auch wer keine Saftpresse hat, kann mit Äpfeln etwas schönes erleben. | |
BREMEN taz | Viele Apfelbäume stehen in privaten Gärten, auf | |
Streuobstwiesen, in Parks und Kleingärten, ohne gepflegt geerntet zu | |
werden. Insgesamt gibt es in Bremen mehr als 10.000 Apfelbäume – und damit | |
viele Äpfel, die man zu Saft pressen kann. Dieses Potenzial wollen die | |
Initiatoren von „Saftwerk Bremen“ ausschöpfen: Am 10. Juni gründen sie die | |
„Mobile Mosterei Bremen“ als Genossenschaft. | |
In Bremen gibt es bislang keine Mosterei. Eine Studie des Bunds für Umwelt | |
und Naturschutz Deutschland (BUND) kam 2010 zu dem Ergebnis, dass sich eine | |
feste Lohnmosterei hier nicht lohnt. Das Ziel von Saftwerk ist allerdings, | |
eine mobile Mostereianlage anzuschaffen, die auf einem Anhänger montiert | |
wird und mit der man vor Ort, etwa in Kleingartenanlagen, Saft herstellen | |
kann. | |
„Wir bringen die Mosterei dahin, wo die Äpfel sind“, so Hilko Eilts, einer | |
der Initiatoren des Projekts. Früher hat er selbst seine Apfelernte in | |
einer Mosterei im Umland verarbeiten lassen: „Die Initialzündung war, dass | |
ich mit meiner Familie zu einer festen Mosterei gefahren bin und dort | |
erstaunlich viele andere Bremer getroffen haben, die alle ihre Äpfel über | |
diese weite Distanz transportieren mussten.“ | |
## Apfelpressen als Event | |
2013 veranstaltete eine Gruppe von Stadtwerder-KleingärtnerInnen das erste | |
Apfelpressen beim Café Sand. Dank einer mobilen Mosterei konnte man die | |
eigenen Äpfel gegen einen Unkostenbeitrag direkt vor Ort zu Saft verpressen | |
lassen. | |
Bei der dritten Auflage 2015 wurden laut Angaben der Veranstalter an einem | |
Tag 5.000 Liter Saft gepresst. Dazu gab es ein Rahmenprogramm mit Angeboten | |
für Kinder, Sortenbestimmung und Spendenaktion. | |
„Im Vorfeld haben wir Äpfel geerntet, etwa bei Menschen, die ihre Bäume | |
nicht selbst abernten konnten“, erzählt Eilts. „Auch Flüchtlinge haben | |
mitgepflückt.“ Der aus den gespendeten Äpfeln entstandene Saft sei dann | |
verkauft und der Erlös an einen Kinderzirkus und an die Flüchtlinge | |
gespendet worden. | |
## Anteilsscheine ab 100 Euro | |
Trotz des Erfolgs war die Gruppe nicht ganz zufrieden. „Uns hat die | |
Lastenverteilung bei der Zusammenarbeit mit dem Moster gestört“, so Eilts. | |
„Die Vorbereitung lag bei uns, auch das Ausfallrisiko mussten wir tragen.“ | |
So seien „die Lasten sozialisiert und die Gewinne privatisiert“ worden. | |
Das soll die Genossenschaft ändern: 70.000 Euro Startkapital muss | |
zusammenkommen, von denen 56.000 Euro zum Erwerb einer kompletten mobilen | |
Mosterei nötig sind, die bis zu 500 Liter Saft pro Stunde presst. | |
Anteilsscheine soll es ab 100 Euro geben. Eine Dividende werde nicht | |
ausgeschüttet, stellt Eilts klar. Das Interesse ist dennoch groß. Sogar aus | |
New York sei schon eine Zeichnungsanfrage gekommen. | |
## Anfragen von Kleingärtnervereinen | |
Stichtag für die Finanzierung ist der 1. August. „Bis dahin muss das Geld | |
zusammen sein“, erläutert Eilts. Man brauche mindestens sechs Wochen | |
Vorlauf, um die Anlage zu bestellen. Sollten die 70.000 Euro bis dahin | |
nicht zusammengekommen sein, müsse man mit der Anschaffung ein Jahr warten. | |
Für die kommende Saison sind bereits 20 Tage vorgesehen, an denen man die | |
Saftpresse anfordern kann. Ein Teil der Termine ist schon vergeben. „Wir | |
arbeiten mit dem Landesverband der Gartenfreunde zusammen, so haben wir | |
bereits von verschiedenen Kleingärtnervereinen Anfragen bekommen. In | |
Kooperation mit Café Sand wird es auch wieder ein Apfelfest geben. | |
Außer dem Saftpressen soll es noch Dienstleistungen geben – wie Hilfe bei | |
der Vorbereitung von Press-Aktionen – und man will ein eigenes Bremer | |
Saft-Label schaffen. „Aus bei Apfelspendenaktionen gesammelten Äpfeln | |
wollen wir Saft herstellen, der über Bioläden, Märkte und in der | |
Gastronomie vertrieben wird“, sagt Eilts. „Über den Betrieb der Mosterei | |
und den Vertrieb des Saftes wollen wir Arbeit für Menschen schaffen, die | |
keinen oder nur einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt haben.“ | |
Gründung am 10. 6., 18 Uhr, Café Sand, weitere Infos: | |
[1][www.saftwerk-bremen.de] | |
7 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.saftwerk-bremen.de | |
## AUTOREN | |
Jördis Früchtenicht | |
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