# taz.de -- Nachfolge von Joachim Gauck: Die Taktiererei beginnt | |
> Wer soll nächster Bundespräsident werden? Alle wollen mit allen sprechen | |
> (nur nicht mit der AfD), aber die Lager sortieren sich bereits. | |
Bild: Gauck geht, wer kommt? | |
BERLIN taz | Eigentlich sollte es um 30 Jahre Umweltministerium gehen, dann | |
aber kam Angela Merkel (CDU) am Montag nicht umhin, über Bellevue zu | |
sprechen und über die Nachfolge des aktuellen Bundespräsidenten, Joachim | |
Gauck. „Wir werden nicht nur zwischen CDU und CSU Gespräche führen, sondern | |
wir werden darüber hinaus auch Gespräche führen“, sagte die Bundeskanzlerin | |
bei der Feierstunde. | |
Was im ersten Moment banal klingt, ist eine Botschaft: Merkel will | |
versuchen, sich mit anderen Parteien auf einen Kandidaten zu einigen. | |
Schließlich folgt nur wenige Monate nach der Bundespräsidentenwahl im | |
Februar die Bundestagswahl im September – die Suche nach Kandidaten folgt | |
also auch der Frage: Wer will zukünftig mit wem koalieren? | |
Offiziell wollen weder Merkel noch ihre Parteispitze über geeignete | |
Kandidaten sprechen: „Aus Respekt“ vor dem Amtsinhaber, hieß es am Montag | |
von Mitgliedern der Unionsspitze. | |
Merkel hat Zeit und verschiedene Optionen: Sie könnte einen Kandidaten | |
präsentieren, der für die Grünen tragbar ist, um den Wunsch nach einer | |
schwarz-grünen Koalition zu signalisieren, oder jemanden, den die SPD | |
unterstützt. Wahrscheinlich ist: Sie sucht jemandem, der für beide Parteien | |
akzeptabel ist. Oder sie setzt auf eine UnionskandidatIn, der oder die im | |
dritten Wahlgang durchkommt. So hielte sich Merkel für die Bundestagswahl | |
alles offen. | |
## Union für Lammert. Und die SPD? | |
Trotzdem dringt der Name eines Wunschkandidaten durch: Bundestagspräsident | |
Norbert Lammert (CDU). Er genieße „großen Rückhalt“, sagt Christian | |
Baldauf, CDU-Vorstandsmitglied. Auf einem Treffen der | |
Unions-Fraktionsführungen der Länder hätte er sich bereits als | |
Konsenskandidat abgezeichnet – auch bei der CSU. | |
Und wie sehen das Grüne und SPD? No comment. Beide Parteien werden bereits | |
von der Linkspartei unter sanften Druck gesetzt. Eine halbe Stunde nach dem | |
Rücktritt Joachim Gaucks erneuert die Linke zackig ihren Vorschlag vom | |
Wochenende: Die Partei stünde zu einer Verständigung mit SPD und den Grünen | |
über einen gemeinsamen Kandidaten bereit, erklären die Vorsitzenden Katja | |
Kipping und Bernd Riexinger. Auf Nachfrage heißt es: Das Angebot sei völlig | |
ernst gemeint. | |
Zumindest bei linken SPDlern stößt der Vorschlag auf positive Resonanz, | |
bietet er doch die Gelegenheit, das tot geglaubte Projekt Rot-Rot-Grün für | |
2017 wiederzubeleben. „Rot-Rot-Grün hat derzeit eine parlamentarische | |
Mehrheit und die sollten wir nutzen“, meint etwa die | |
SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis, die auch das Forum demokratische | |
Linke in der SPD, DL21, vertritt. Sie glaubt, dass einE gemeinsame | |
KandidatIn des linken Lagers eine breite Unterstützung in der eigenen | |
Partei finden könnte – gerade auch in Abgrenzung zum derzeitigen | |
Koalitionspartner. | |
In den Reihen der Grünen ist man weit weniger enthusiastisch und nicht | |
erbaut darüber, dass die Linke vorgeprescht ist. Parteichefin Simone Peter, | |
die den linken Flügel vertritt, gibt am Montag nur knapp bekannt, dass | |
Hektik oder vorschnelle Personalvorstellungen jetzt nicht zielführend | |
seien. | |
Tatsächlich spielt die Zeit für die Grünen. Je näher die Bundestagswahl | |
rückt, desto schwieriger wird es für Union und SPD, einen gemeinsamen | |
Kandidaten zu finden, umso gefragter werden die Grünen als | |
Mehrheitsbeschaffer. „Die beiden großen Parteien werden auf uns zukommen | |
und wir werden mit allen sprechen, außer der AfD“, meint Peters | |
selbstbewusst. | |
6 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
Anna Lehmann | |
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