Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wer wird Bundespräsident?: Die P-Frage
> Am Ende wird es jemand machen. Nur wer? Grütters, Rüttgers, Röttgen?
> Wulff, Lammert, Löw? Lesen Sie hier alles, was es derzeit zu sagen gibt.
Bild: So viel ist klar: Irgendjemand wird am Ende hier stehen und winken – Sc…
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, es verhält sich wie folgt: Deutschland
braucht eine neue Bundespräsidentin oder einen neuen Bundespräsidenten,
weil der alte aufhört. Deshalb wird gerade jemand gesucht, der es macht.
Das ist wichtig-wichtig.
Es werden also von Vertretern verschiedener Parteien verschiedene Menschen
ins Spiel gebracht, aber nicht jeder Vorschlag ist ernst zu nehmen. Margot
Käßmann zum Beispiel wurde von SPD-Chef Sigmar Gabriel aus der Kiste
gezaubert, aber haha, war dann wohl doch nicht so gemeint. Den Genossen
Frank-Walter Steinmeier nannte er auch, aber da kamen die aus den anderen
Parteien auch aus ihren Löchern und sagten: Steinmeier? Nicht mit uns,
Freunde der Sonne.
Was man derzeit sagen kann, ist, dass alle über das Thema schreiben. Und
dass sich das Kandidatendurchblätterspiel, das bei [1][Spiegel Online]unter
jedem Bundespräsidenten-Text steht, wahrscheinlich gut klickt. Aber sonst?
Diese Woche in einer kleinen Tageszeitung in Berlin-Kreuzberg: Es werden
Vorschläge zusammengetragen.
Vorschlag 1: Wir suchen einen Kandidaten
Und zwar einen, der irgendwas zum Thema schreibt, am besten eine Seite in
der Wochenendausgabe. Dieser Vorschlag stößt auf allgemeine Begeisterung,
die sich darin äußert, dass niemand ihn empört ablehnt. Vertreterinnen und
Vertreter der zuständigen Ressorts murmeln Sätze vor sich hin, in denen
„unbedingt“ vorkommt. Dann aber kommt die Frage: Wer konkret könnte es denn
machen?
Wäre die Konferenz ein Western, dies wäre der Moment, in dem ein trockenes
Salzkrautknäuel über die Straße weht. Kollege eins hat die Kandidatensuche
bereits einmal kommentiert, ihm sind damit die Locken ausgegangen, die er
auf die Glatze drehen könnte. Kollege zwei ist krank. Kollegin drei ist
beschäftigt mit noch unbedingterem Pflichtprogramm, das sie alleine
erledigen muss, weil Kollege zwei krank ist. Wie wäre es mit Kollegin
vier?, fragt ein Ressortleiter. Hab’ ich schon angerufen, antwortet ein für
die Samstagsausgabe zuständiger Redakteur, kann irgendwie auch nicht.
Weitere Vorschläge?
Vorschlag 2: Das große Rad
Wie wäre es, wirft eine Kollegin ein, wenn wir uns nicht damit
beschäftigen, wer es werden könnte, sondern lieber damit, ob es überhaupt
jemand werden sollte. Brauchen wir diesen Grüßaugust?
Es wird nun hochkonzentriert an Brillenbügeln gelutscht und abgewogen, ja,
hm, könnte ein faszinierender Text werden.
Andererseits stellt sich später, beim Blick ins Archiv, heraus: [2][Die
Frage] wurde schon ungefähr fünf Mal gestellt. Jemand von der Linken hat
sie [3][in dieser Zeitung] mit nein beantwortet („Ich kenne keinen, dem so
ein Bundespräsident mal genutzt hat“), Martin Sonneborn mit ja („Ich nähme
die Wahl an“), sogar Margot Käßmann wurde 2010 schon mal vorgeschlagen. Und
es vertrat auch einmal jemand die These: Dass wir so einen Typ brauchen, so
wie man Bettwäsche braucht, wäre vielleicht übertrieben – aber schaden tut
er auch nicht, sofern er kein totaler Depp ist. Es ist also alles gesagt.
Aber da – kaum ist die Kreativität mal aus dem Käfig gelassen, geht es
Schlag auf Schlag – ist auch schon Vorschlag drei im Raum.
Vorschlag 3: Kandidatenquartett
Die Idee bringt eine geschätzte Kollegin auf, die sich sonst eher von
Leitartikeln und Analysen ernährt, woran man erkennen kann, dass die
Verzweiflung nun wächst. Ein Kandidatenquartettspiel, das ist etwas, was
sonst nur der federleichte und sauhippe Gesellschaftsteil macht, über den
dann die lächeln können, die finden, dass ihre Zeitung für so einen Pipifax
nicht gegründet worden sei. Weshalb der megasweete und voll belesene
Gesellschaftsteil sowas gar nicht erst vorschlägt, außer vielleicht
manchmal. Aber da der Vorschlag nun schon mal im Rennen ist – hey, warum
nicht? Also, Quartettspiel, wer steht so auf dem Tableau?
Gut, da ist Steinmeier, klar. Geeignet, weil: kann halbwegs Reden halten.
Hielt mal eine gute vor Journalisten. Kernaussage: „Ich will nicht den
Eindruck haben, dass alle das Gleiche schreiben, das macht misstrauisch.“
Auch geeignet, weil: Dann wäre er nicht mehr Außenminister, was gute Seiten
hätte, findet ein Kollege.
Heißer Tipp aus der Expertenloge: Monika Grütters, die Kulturdingens.
Geeignet, weil: ist eine Frau und hat bislang nicht abgesagt.
Carolin Emcke nicht vergessen, sagt ein Kollege. Geeignet, weil:
Social-Media-Kandidatin. Nicht geeignet, weil: Social-Media-Kandidatin.
Was gegen die Kandidatenquartettidee spricht: Andere Medien hatten sie
schon, und man will ja nicht machen, was alle machen.
Vorschlag 4: Was Lyrisches
Grütters Rüttgers Röttgen /
Kermani Fahimi Zamperoni /
Fischer Petry Heil /
Wulff Lammert Löw /
Roth Kohl Zeh /
Och nee?
Vorschlag 5: Was Alternatives
Drauf geschissen, wir machen gar nichts zu dem Quatsch. So geht alternative
Presse!!!!
Vorschlag 6: Doch nicht
Na ja, warte, hm, ist halt schon der Bundespräsident. Und man will sich ja
hinterher nicht sagen lassen, dass man – womöglich als einziges Medium –
keinen Kandidatensuchezwischenstand gegeben hat.
Vorschlag 7: Kurz berichten, wer die Kandidaten für das allerwichtigste Amt
sind, Ende
Das allerwichtigste Amt? Okay, bitte: Topkandidat für den Trainerposten bei
Arminia Bielefeld ist „übereinstimmenden Medienberichten zufolge“
([4][spox.com]) Peter Neururer. Ebenfalls in Medien genannt: Maik
Walpurgis, Lorenz-Günther Köstner, Jürgen Kramny, Konrad Fünfstück, Michael
Frontzeck, André Breitenreiter. Um nur mal einige zu nennen.
Nur haben wir dann immer noch nichts über den Bundespräsidenten
Vorschlag 8: Was Medienkritisches
Am Dienstag wurde Rudi Völler, Sportdirektor von Bayer Leverkusen, nach der
Niederlage gegen den Drittligisten Sportfreunde Lotte gefragt: „Stehen Sie
noch zum Trainer?“ Und Völler, Meerschweinchen auf dem Kopf, antwortete:
„Sie müssen das fragen, ich weiß schon.“
Musste der Reporter das fragen? Vermutlich ja. Weil ihm sonst seine
Redaktion hätte vorwerfen können, dass er nicht gefragt hat. Man will sich
ja hinterher nicht sagen lassen, dass man – womöglich als einziges Medium –
nicht über die Möglichkeit der Trainerentlassung berichtet hat, die man
selbst erst aufgebracht hat. Schrecklicher Verdacht: Funktioniert
Bundespräsidentschaftskandidatenspekulationsjournalismus wie
Fußballstadionkatakombenjournalismus? Ob man das schnell mal analysieren
soll?
Nee, geht nicht, Medienkritik dauert, sie muss präzise sein, sonst denken
diese Lügenpresse-Schreihälse am Ende, sie hätten einen Punkt.
Vorschlag 9: Was Politikkritisches
Diese [5][Täuschungsmanöver], dieses alberne Zukunftskoalitionsgeschraube,
dieser Konsensquatsch – „das macht misstrauisch“. Schon klar, eine
ökoliberale christliche linke Konservative mit arabischem
Migrationshintergrund und Doktortitel in Soziologie, die bio isst, Zither
spielt, Frauen liebt und Männer mag, das wär’s. Oder aber: Jede Partei
nennt einfach ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für die
Bundesversammlung im Februar. Und dann wird mal gewählt statt vorher
ausgekaspert.
Aber das hat man ja auch schon mal gehört.
Vorschlag 10: Glaskugeljournalismus
Das ist die Lösung! Wir prophezeien hiermit: Am Ende wird es jemand machen.
Und hey, bitte merken: Hier haben Sie es zuerst gelesen.
29 Oct 2016
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundespraesident-was-will-frank-w…
[2] /!5141821/
[3] /!5141601/
[4] http://www.spox.com/de/sport/fussball/zweiteliga/1610/News/peter-neururer-k…
[5] /!5307318/
## AUTOREN
Klaus Raab
## TAGS
Bundespräsident
Bundesversammlung
Frank-Walter Steinmeier
Joachim Gauck
Carolin Emcke
Kanzlerkandidatur
Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident
Bundespräsident
Die Linke
Grüne
Joachim Gauck
## ARTIKEL ZUM THEMA
Martin Sonneborn über Macht: „2017 wird ein reiner Sex-Wahlkampf“
Der Chef der „Partei“ über die Käuflichkeit von SPD-Politikern, eine Stra…
der Bundestagsverwaltung und die Gefahr einer Pleite.
Wer wird Bundespräsidenten-Kandidat?: Koalition sucht am Freitag weiter
Noch immer kommen SPD und Union in dieser Frage auf keinen gemeinsamen
Nenner. Die Sozialdemokraten favorisieren weiter Steinmeier.
Suche nach Gauck-Nachfolge: SPD-Wunsch wie in Stein gemeiert
Die SPD hält am Außenminister fest, Merkel telefoniert mit möglichen
weiteren Bewerbern. Langsam wird die Suche nach einem Konsenskandidaten
peinlich.
Wer wird Bundespräsident?: Verzweifelte Suche im Kanzleramt
Die ParteichefInnen von CDU, CSU und SPD suchen einen Kandidaten für die
Gauck-Nachfolge. Wie wäre es mit Frank-Walter Steinmeier?
Kommentar Bundespräsidenten-Kandidat: Einer für alle? Das ist eine Illusion
Steinmeier als Bundespräsident? Ein unsinniger Vorschlag. Nur: Einen
Konsenskandidaten wie Gauck hat man nicht alle fünf Jahre zur Hand.
Nachfolge von Bundespräsident Gauck: Linke wollen Steinmeier nicht
Für den Linke-Vorsitzenden Riexinger ist Steinmeier als Kandidat für das
Präsidentenamt „nicht wählbar“. Auch CSU-Politiker sind gegen den SPD-Man…
Kolumne Die eine Frage: Sein Name fängt mit K an
Wer ist der richtige Bundespräsident für die „Wir schaffen
das“-Gesellschaft? Es ist einer, der maßvoll ist, seiner Zeit voraus und
mit „K“ beginnt.
Nachfolge von Joachim Gauck: Die Taktiererei beginnt
Wer soll nächster Bundespräsident werden? Alle wollen mit allen sprechen
(nur nicht mit der AfD), aber die Lager sortieren sich bereits.
Streit der Woche zum Bundespräsidenten: Ein "Grüßonkel" für 30 Millionen
Das Amt des Bundespräsident ist unnötig, findet Halina Wawzyniak,
Vize-Chefin der Linkspartei. Politikwissenschaftler Franz Walter hingegen
schätzt die Institution als Ruhepol im Politikbetrieb.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.