# taz.de -- Streit der Woche zum Bundespräsidenten: Ein "Grüßonkel" für 30 … | |
> Das Amt des Bundespräsident ist unnötig, findet Halina Wawzyniak, | |
> Vize-Chefin der Linkspartei. Politikwissenschaftler Franz Walter hingegen | |
> schätzt die Institution als Ruhepol im Politikbetrieb. | |
Bild: Ist er nur ein Abklatsch von Königen? Christian Wulff, wohl bald Bundesp… | |
Halina Wawzyniak, Bundestagsabgeordnete und Vize-Chefin der Linkspartei, | |
erkennt keinen Sinn im Amt des Bundespräsidenten. „Was macht er | |
eigentlich?“, fragt sie sich im Streit der Woche in der sonntaz. Der | |
Eidesformel, wonach das Staatsoberhaupt den Nutzen des Volkes mehren soll, | |
kommt er ihrer Meinung nach nicht nach.„Ich kenne keinen, dem so ein | |
Bundespräsident mal genutzt hat“, schreibt Wawzyniak im Streit der Woche. | |
Sie findet deshalb einen "Grüßonkel für 30 Millionen im Haushaltsjahr ganz | |
schön teuer". | |
Nach Horst Köhlers Rücktritt wählt die Bundesversammlung nun am 30. Juni | |
das neue Staatsoberhaupt. Christian Wulff tritt für Schwarz-Gelb an, der | |
ehemalige DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck wird von SPD und Grünen ins | |
Rennen geschickt. Der Bundespräsident hat in Deutschland kaum politische | |
Kompetenzen. Er übernimmt im Regelfall nur repräsentative und formale | |
Aufgaben. | |
Der Politikwissenschaftler Franz Walter sieht im "quasi-monarchistischen | |
Privileg des Bundespräsidenten" eine Chance: „Ein Bundeskanzler wird in der | |
Regel als getriebener Manager des Moments agieren. Ein Bundespräsident | |
hingegen kann intellektuell den Bogen weiter spannen“, schreibt Walter im | |
Streit der Woche. Der Präsident könne in der politischen Arena den ruhenden | |
Pol bilden und die Repräsentation des Ganzen symbolisieren. Jedoch sei | |
alles von der Person abhängig. | |
Daniel Schily, Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie e.V., hält hingegen | |
nicht viel vom obersten Amt im Staat: „Die Minimalrestauration mittels | |
eines Präsidenten ist überflüssig wie ein Kropf und trübt unseren Blick auf | |
die Demokratie“, schreibt Schily in der sonntaz. Um Gesetze gegenzuchecken | |
reiche Parlament und Bundesverfassungsgericht. Alles andere sei vormoderner | |
Schnickschnack. „Präsidenten stellen nur einen Abklatsch von Königen dar“, | |
schreibt Schily. Ohne Bundespräsidenten könnten sich die Bürger in einer | |
Demokratie einfach selbst repräsentieren und verantworten. | |
Auch Peter Grottian, emeritierter Professor an der Freien Uni Berlin, hält | |
den Bundespräsidenten nicht für verfassungs- und politiknotwendig. „Wie die | |
Verfassungskonstruktion jetzt ist, ist das Amt für eine gereifte Demokratie | |
verzichtbar“, schreibt der Politikwissenschaftler. Zum Machtfaktor werde | |
die Institution nur, falls die Kanzlermehrheit fehle oder dem Kanzler das | |
Vertrauen verweigert werde. Grottian ist der Ansicht, das Amt bediene „die | |
vordemokratische Vorstellung, als Präsident über den gesellschaftlichen | |
Kräfte- und Konfliktverhältnissen zu stehen.“ | |
Im Streit der Woche äußern sich zudem Martin Sonneborn, Satiriker beim | |
Magazin Titanic, der sich selbst als Bundespräsident zur Verfügung stellt, | |
taz.de-Leser Frank Hadeler sowie Maja Prinzessin von Hohenzollern. | |
4 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Loschert | |
## TAGS | |
Bundespräsident | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wer wird Bundespräsident?: Die P-Frage | |
Am Ende wird es jemand machen. Nur wer? Grütters, Rüttgers, Röttgen? Wulff, | |
Lammert, Löw? Lesen Sie hier alles, was es derzeit zu sagen gibt. | |
Kommentar zur Kandidatin der Linken: Die Notlösung | |
Die Linkspartei hat Luc Jochimsen als Kandidatin für das | |
Bundespräsidentenamt nominiert. Doch: Sie verkörpert so gar keine Idee. Das | |
ist ärgerlich. | |
Liberale lieben SPD-Kandidaten: Eine Versuchung namens Gauck | |
Viele ostdeutsche FDP-Politiker halten den Kandidaten der Opposition für | |
eine gute oder gar für die bessere Wahl. Selbst CDUler liebäugeln mit ihm, | |
nur die Linke ist verärgert. |