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# taz.de -- Schweizer Grundeinkommensentscheid: Wer hat's erfunden?
> Die Schweiz könnte als erstes Land ein bedingungsloses Grundeinkommen
> einführen. Gegner halten das Vorhaben jedoch für „nicht bezahlbar“.
Bild: Fast jeder dritte Schweizer dürfte für das Grundeinkommen stimmen
Genf taz | Als erstes Land der Welt entscheidet die Schweiz am kommenden
Sonntag über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Nicht
per Parlamentsentscheid, [1][sondern per Volksabstimmung]. Durchgesetzt
wurde die Abstimmung in der Alpenrepublik von einer im Jahr 2011 lancierten
Volksinitiative, die seitdem zu einer international beispiellos breiten und
intensiven gesellschaftlichen Debatte über das Anliegen eines
bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürger geführt hat.
Trotz massiver Gegenkampagnen der Wirtschaftsverbände, der Berner Regierung
(Bundesrat) sowie der Mehrheit der in den beiden Parlamentskammern
(Nationalrat und Ständerat) vertretenen Parteien prognostizierten letzte
Umfragen einen Achtungserfolg von wenigstens 30 Prozent Zustimmung zu der
Initiative.
Die rund 5 Millionen, mindestens 18-jährigen BesitzerInnen eines Schweizer
Passes unter den insgesamt 8,3 Millionen EinwohnerInnen der Alpenrepublik
sind dazu aufgerufen, über die Einfügung folgender Bestimmungen in die
eidgenössische Bundesverfassung zu entscheiden: „1. Der Bund sorgt für die
Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. 2. Das Grundeinkommen
soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme
am öffentlichen Leben ermöglichen. 3. Das Gesetz regelt insbesondere die
Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens.“
Die InitiantInnen haben zu diesen beiden Punkten bewusst keine konkreten
Vorschläge und Zahlen in den Abstimmungstext geschrieben, weil sie „die
Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zunächst einmal grundsätzlich
verankern wollen“, wie der Sprecher und Mitbegründer der Initiative, Daniel
Häni, Anfang der Woche in einem Interview erklärte. Dennoch haben sie
konkrete Vorstellungen über die angesichts der heutigen
Lebenshaltungskosten in der Schweiz erforderliche Mindesthöhe eines
bedingungslosen Grundeinkommens.
## 50-prozentige Anhebung der Mehrwertsteuer
„Mindestens 2.500 Franken pro Erwachsenem und 625 Franken für jedes Kind“
(derzeit umgerechnet etwa rund 2.260 und 570 Euro) müssten es laut Häni
schon sein. Im Gegenzug sollen andere Sozialleistungen wegfallen, also die
Renten-, Sozialhilfe- und Arbeitslosenzahlungen. Vorstellbar ist auch eine
gesetzliche Regelung, die die Höhe des Grundeinkommens nicht auf Dauer
festlegt, sondern an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten sowie des
Lohn-und Einkommensniveaus in der Schweiz anpasst.
Die Gegner der Initiative behaupten, selbst bei Wegfall aller bisherigen
Sozialleistungen würde die Finanzierung des Grundeinkommens jährlich 150
Milliarden Franken aus der Bundeskasse kosten, ohne Wegfall dieser
Leistungen sogar 208 Milliarden Franken.
Daher sei das Vorhaben „nicht bezahlbar“, oder aber die Finanzierung käme
nur über eine 50-prozentige Anhebung der Mehrwertsteuer zustande. Diese
Steuererhöhung aber würde vor allem die unteren und mittleren
Einkommensschichten treffen und sei daher sozial ungerecht. Auch der
Schweizerische Gewerkschaftsbund lehnt die Idee des Grundeinkommens ab,
verzichtete aber auf eine Gegenkampagne.
## Werden jetzt alle faul?
Initiativensprecher Häni kritisiert die Rechnung seiner Gegner als „großen
Fehler“ und präsentiert eine Gegenrechnung. „208 Milliarden Franken, das
sind alle Grundeinkommen in der Schweiz pro Jahr. Aber davon werden durch
staatliche Transfereinkommen schon jetzt 55 Milliarden ausbezahlt, die muss
man abziehen, weil sie ersetzt werden.
Weitere 128 Milliarden werden bereits heute in der Privatwirtschaft
ausbezahlt durch Erwerbseinkommen, das ist die Zahl der Erwerbstätigen mal
2.500 Franken. Dieses Geld ist auch schon da und würde künftig über die
Grundeinkommenskasse ausbezahlt. Es bleiben also nur 25 Milliarden, die
kann man finanzieren. Und bei genauerem Hinsehen ist auch dieses Geld schon
da, nämlich als private Transfereinkommen, etwa an Kinder und Angehörige.“
Auf die weitverbreitete Annahme, ein bedingungsloses Grundeinkommen würde
zu erheblicher Faulheit und Arbeitsunlust der Menschen führen, präsentierte
die Initiative Umfragen, die beweisen, dass über 90 Prozent aller
SchweizerInnen auch dann weiterarbeiten und Berufsbildungsabschlüsse
anstreben würden, wenn die Finanzierung ihre existenziellen Bedürfnisse wie
Nahrung, Wohnung und Kleidung durch ein Grundeinkommen abgesichert wäre.
4 Jun 2016
## LINKS
[1] /Initiator-ueber-Grundeinkommen/!5307561/
## AUTOREN
Andreas Zumach
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