Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne „German Angst“: Bitte, Herr Gabriel!
> Wenn zu einer Affäre wirklich alles gesagt zu sein scheint, dann rumpelt
> es auf Twitter – und der SPD-Vorsitzende ist dran.
Bild: Sigmar Gabriel twitterte, dass Boateng ja Deutscher sei und die AfD darum…
„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng
nicht als Nachbarn haben.“ [1][Der FAS zufolge] hat das AfD-Vizechef
Alexander Gauland über den Fußballnationalspieler Jérôme Boateng gesagt.
Nur scheinbar entlarvt er hier den deutschen Rassismus, der in der
Bevölkerung – aber vermutlich noch mehr in den Institutionen, siehe NSU –
von rechts bis links und in der Mitte fest verankert ist.
Eigentlich spricht Alexander Gauland über sich selbst. Über sich und
seinesgleichen. Man zu sagen und ich zu meinen, das ist ein Symptom.
Die Verabsolutierung von ich zu wir zu man gehört zum Wahn, genauso wie die
Verallgemeinerung zum Rassismus; wahnhafte Tendenzen, die Beschränktheit
der eigenen kleinen Welt mit der Größe der tatsächlichen Welt zu
verwechseln.
Aber hier wird noch etwas anderes per Sprache nach außen gekehrt: das
stillgelegte Innere dieses Mannes. Die Unmöglichkeit, „ich“ zu sagen und
also zu den eigenen Affekten zu stehen – in diesem Fall zum Rassismus. In
diesem sprachlichen Umschiffen zeigt sich vor allem die eigene Passivität.
Ein Mangel an Haltung.
## Das egomanische Ich
Diese Art von Sätzen ist darauf ausgelegt, sie im Nachhinein zu bestreiten.
Aber da, auf einmal, tritt das egomanische Ich auf den Plan: „Ich habe nie
[…] beleidigt.“ Auch Frauke Petry spielt mit: „Herr Gauland kann sich nic…
erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat.“ Deutsche Amnesie. Ein braver
Deutscher ist einer, der sich nicht erinnern kann.
Und überhaupt, warum glauben Rechte und Nazis eigentlich immer, irgendwer
würde neben ihnen einziehen wollen? Klarer Fall von Verfolgungswahn. Kurz:
armer Alexander Gauland. Aber was hilft’s? Der Leidensdruck muss groß genug
sein, damit sich ein Betroffener Hilfe sucht. TherapeutInnenweisheit.
Aber das ist ja noch nicht alles. Nach der AfD-Vorsitzenden haben sich noch
einige geäußert: der DFB-Präsident, Heiko Maas, CDU-Vize Julia Klöckner,
Oliver Bierhoff und Jérôme Boateng selbst.
Irgendwann, kurz bevor wirklich alles gesagt sein wird und die Causa
Gauland in Vergessenheit geraten konnte, rumpelte es noch einmal auf
Twitter. Denn auf das Kampfschiff der Sozialdemokratie ist Verlass, es
braucht etwas länger, aber dann taucht es besonders tief.
## Deutschtum
Sigmar Gabriel twitterte, dass Boateng ja Deutscher sei und die AfD darum
„deutschfeindlich“. – Wow?! – Aber es ist ja nicht das erste Mal, dass …
Pegida-Versteher Schieflage in Richtung Deutschtum hat.
In Freital hatte Gabriel den deutschen Nazi-Mob, der ankommenden
Flüchtlinge belagerte und bedrohte, als „undeutsch“ bezeichnet. – Autsch.
Nazisprech gegen Nazis. Das muss die braven Bürgern, die dem Mob von
Rostock-Lichtenhagen um nichts nachstanden, ziemlich geschmerzt haben.
Mit seiner Obsession trifft Gabriel sich im Übrigen mit Gauland. Der
nämlich hatte im Nachhinein doch noch seine Erinnerungslücke ausgelotet und
war zu dem Schluss gekommen, Boateng eine „gelungene Integration“
auszuweisen.
Uh, gähn. Da hatte Gabriels Vorwurf der Deutschfeindlichkeit mehr Bums.
30 May 2016
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-vize-gauland-beleidigt-jerome…
## AUTOREN
Sonja Vogel
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt AfD
Sigmar Gabriel
Alexander Gauland
Jerome Boateng
München
Innenminister Thomas de Maizière
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt AfD
Fußball-EM 2024
Balkanroute
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
German Angst
Neid
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne German Angst: Die Antwort auf alles? Abgrenzung
Das Attentat von München zeigt das Missverständnis unserer Gesellschaft
über Identität – und das über die Aufgaben von Polizei und Medien.
Kolumne German Angst: De Maizières Lösung
Wer die Augen zumacht, sieht auch nichts. So verhält sich Europa in Bezug
auf die Flüchtlinge. In Belgrad wird das augenscheinlich.
Kolumne German Angst: Bald entnazifiziert?
Wer die Mitte bedienen will, muss schamlos sein. Morgen ist die Lüge
vergessen. Rechte Einstellungen scheinen in allen Parteien gut aufgehoben
zu sein.
Kommentar Gauland und Boateng: Ausweitung der Kampfzone
Die Beleidigungen müssen heftiger, die Bilder drastischer, die Feinde
zahlreicher werden. Diesmal aber ist Gauland zu weit gegangen.
Rechte Verbalien und ihre Folgen: Danke, Herr Gauland!
Der AfD-Vizepräsident hat über den Fußballer Jérôme Boateng abgelästert.
Jetzt regen sich viele Menschen reflexhaft auf. Das nervt.
Kolumne „German Angst“: Kein Gespenst, ein Zombie geht um
Die EU verwandelt ihre Peripherie in eine Pufferzone autoritärer Staaten.
Der völkische Nationalismus lebt wieder auf.
Kolumne German Angst: Das Männerklo als Kapelle
Was haben deutsche Uni-Professoren und Toiletten-Vollschreiber gemeinsam:
Sie fürchten die Gender-Studies.
Juse Ju und Fatoni über Islamophobie: „Du bist Deutschland, du hast Angst“
Der Track „German Angst“ hat gerade einen neuen Push bekommen. Die Rapper
Juse Ju und Fatoni über die Gründe dafür, die Flüchtlingsfrage und Musik.
Kolumne „German Angst“: Die Neid-Partei
Die vom kollektiven Ödipuskomplex Befallenen wollen die gute Mutter stürzen
und durch einen Autoritären ersetzen. Einen, der sie arm machen wird.
Kolumne „German Angst“: Burn, Deutschland, burn
AfD-Erfolge bei den Wahlen, der rechte Mob, eine untätige Polizei und
verharmlosende Politiker: Nun ist es vollständig, das deutsche Volk.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.