# taz.de -- Hamburg: Hilfe für Streetkids.: Momo ist für Straßenkinder da | |
> Wohnungslose Jugendliche erhalten eine neue Anlaufstelle. Deren | |
> Mutter-Projekt, der Beratungsstelle „Kids“, droht selbst derweil die | |
> Obdachlosigkeit. | |
Bild: Wenn es gut läuft, wird hier „die Jugendhilfe revolutioniert“. | |
HAMBURG taz | Sie hätten gern ein Büro: Das sagten die ehemals | |
wohnungslosen Jugendlichen Patricia und Lucas, als sie im vergangenen | |
Herbst in der Sozialbehörde empfangen wurden. Das hat geklappt: Am Freitag | |
eröffnete in der Ernst-Merck-Straße die ständige Vertretung der | |
Straßenkinder: „Momo – the voice of disconnected youth“. | |
Anwesend war auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD), deren Behörde | |
rund 37.000 Euro für die Miete und zur Bezahlung einer unterstützenden | |
Sozialarbeiterin dazu gibt. Die Hauptpersonen sind aber Patricia, 20, | |
Oxana, 26, und Lucas, 20, die selbst zeitweise auf der Straße gelebt haben | |
und so auch „die Ungerechtigkeit und das Gefühl, nicht gehört zu werden, | |
erlebt haben“, wie sie in einem Flyer zitiert werden. „Anders als | |
Sozialarbeiter können wir Sorgen wirklich nachvollziehen“, sagt Patricia. | |
Sie floh 2013 selbst aus einem Heim in Mecklenburg-Vorpommern. | |
Nun haben die drei Stellen im Bundesfreiwilligendienst – und die Aufgabe, | |
„Sprachrohr“ in Politik und Jugendhilfe zu sein: Junge Menschen, die auf | |
der Straße leben oder schlechte Erfahrung mit Heimen machen, können sich an | |
„Momo“ wenden. Am Freitag erklärten die drei, die Erlebnisse ernst nehmen | |
zu wollen. „Das ist komplett neu. Wir müssen schauen, wie das alles | |
klappt“, so Patricia. Man wolle „die Jugendhilfe revolutionieren“, sagt | |
Lucas. | |
Ein Schwesterprojekt gibt es in Berlin und dem brandenburgischen Jamlitz. | |
Entstanden war die Idee zu den „Momo“-Büros auf der Bundeskonferenz der | |
Straßenkinder im vergangenen Herbst in Berlin. | |
„Es ist ein ganz besonderer Termin für mich und für die Stadt“, sagte die | |
Sozialsenatorin. Die Politik wisse schon lange, dass man nicht alle | |
Jugendlichen erreiche und neue Wege gehen müsse. Das Büro sei ein „toller | |
Ansatz“, so Leonhard: „Sie können denen, über die wir nur reden, eine | |
Stimme geben.“ | |
Ungetrübt aber war die Stimmung nicht bei der Einweihungsfeier in den | |
Räumen des „Kids“ am Hauptbahnhof: Die Straßensozialarbeiter, die auch | |
Oxana, Patricia und Lucas dabei halfen, wieder Fuß zu fassen, müssen ihren | |
bisherigen Sitz im Bieber-Haus verlassen. „Das Kids droht nach 23 Jahren | |
selbst obdachlos zu werden“, sagte Burkhard Czarnitzki vom Trägerverein | |
Basis & Woge. „Das regt mich sehr auf.“ | |
Das 1909 erbaute Haus, in dem seit einiger Zeit auch das Ohnsorg-Theater | |
residiert, soll renoviert werden. Deshalb hat die Inhaberin, die | |
Immobilienfirma Alstria, Kids die bisher angemieteten 160 Quadratmeter | |
gekündigt. „Wir brauchen diese Nähe zum Hauptbahnhof“, sagt Czarnitzki. | |
Trotz intensiver Suche habe man bislang nur ein einziges Angebot erhalten, | |
das von der Lage aber gar nicht passe. „Wir sind ratlos“, sagt der | |
Sozialarbeiter. Auf keinen Fall aber werde man ab 1. Oktober die Kinder | |
einfach so auf der Straße lassen. | |
„Das Gebäude muss dringend grundsaniert werden“, sagt Alstria-Sprecher Ralf | |
Dibbern. Aus Sicherheitsgründen müssten die Mieter währenddessen ausziehen. | |
Man suche zusammen mit dem Kids eine Alternative und habe extra einen | |
Makler beauftragt. Das Ohnsorg-Theater könne übrigens bleiben, weil dieser | |
Teil des Gebäudes vor drei Jahren erst überholt worden sei. | |
Gefragt, warum das Kids nicht später wieder einziehen kann, erklärt | |
Dibbern, die Sanierung solle zwei Jahre dauern und eine spätere Nutzung | |
„steht in weiter Ferne“. | |
29 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Straßenkinder | |
Straßenkinder | |
Hamburg | |
Hamburg | |
Sozialarbeit | |
Obdachlosigkeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hilfefinder-App für Straßenkinder: Ein Weg aus dem Dschungel | |
Rund 1.500 Straßenkinder gibt es in Berlin, darunter auch unbegleitete | |
minderjährige Flüchtlinge. Eine Handy-App namens „Mokli“ soll sie | |
unterstützen, Hilfe zu finden. | |
Straßenkindertreff kurzzeitig besetzt: Schließung mit Hindernissen | |
Nach der Schlüsselübergabe an den Eigentümer besetzen Jugendliche | |
vorübergehend den Straßenkindertreff. Nun sind Betreuer und Kids auf der | |
Straße | |
Investor vertreibt Straßenkinder: Kids sind ohne Bleibe in Hamburg | |
In vier Wochen muss Deutschlands größtes Straßenkinder-Projekt seine Räume | |
am Hauptbahnhof aufgeben. Ein Investor plant dort einen Büro-Eingang | |
Investor setzt Kids auf die Straße: Straßenkinderprojekt obdachlos | |
Die soziale Einrichtung Kids arbeitet seit 23 Jahren im Bieberhaus am | |
Hauptbahnhof. Nun kündigte der Vermieter. Alternativen gibt es bisher nicht | |
Konkurrenz unter Obdachlosen-Zeitungen: Streit auf der Straße | |
Schwierigkeiten für das Hamburgs Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“: Nach | |
Auftreten dubioser Konkurrenz, folgte ein Angriff auf deren Renommee. |