# taz.de -- Internationale Filmfestspiele Cannes: Gute Witze zur jüdischen Ide… | |
> Woody Allen eröffnet mit seinem 46. Film, „Café Society“, die 69. | |
> Filmfestspiele von Cannes. Kein großer Auftakt, aber es ist Besseres zu | |
> erwarten | |
Bild: Woody Allen mit seiner Darstellercrew | |
CANNES taz | Am Abend werden an der Croisette noch die Absperrungen für die | |
am nächsten Morgen erwarteten Warteschlangen vor dem Festivalpalast in den | |
Asphalt geschraubt, einige Schaulustige bleiben stehen, machen ihre | |
Selfies, ansonsten ist es auf den Straßen eher ruhig. Vielleicht auch, weil | |
es windig und leicht frisch ist, am Horizont kündigen sich mit Blitzen | |
erste Gewitterwolken an, später am Abend sollen sie sich über der Stadt | |
entladen. | |
Um die Ecke steht vor der Eingangstür des Luxushotels Le Majestique ein | |
neues Modell von Lamborghini, das man in der Actionkomödie „Now You See Me | |
2“ im Einsatz sehen wird. Sein mattschwarzer Lack lässt den ansonsten | |
aggressiv bodennah geschnittenen Sportwagen etwas behäbig wirken. So | |
richtig viel Aufmerksamkeit scheint er denn auch – noch – nicht zu erregen. | |
Am Wasser davor liegt das Cinéma de la Plage, wo man unter anderem | |
Gelegenheit bekommen wird, vom Strandsessel aus den Prince-Film „Purple | |
Rain“ von 1984 zu sehen, eine schöne Hommage an den immer noch viel zu früh | |
gestorbenen Übermusiker. | |
Jetzt leuchten die Scheinwerfer auf ein leeres Metallgerüst und auf die | |
bedächtig anbrandenden Wellen, im Sand sitzen vereinzelt Leute, unterhalten | |
sich oder schauen stumm ins Wasser. Wirkt fast verschlafen, würden die | |
vielen Stände, Plakate und bunten Scheinwerfer im Hintergrund nicht ganz | |
anderes verkünden. | |
## Liebeserklärung an das Hollywood der dreißiger Jahre | |
Am nächsten Tag dann der Eröffnungsfilm der 69. Filmfestspiele von Cannes. | |
Woody Allen hat sich für seinen 46. Film diesmal nicht, wie zuletzt oft, | |
für eine Stadt als Objekt der Bewunderung entschieden, sondern gleich für | |
zwei. „Café Society“ ist ebenso eine Liebeserklärung an das Hollywood der | |
dreißiger Jahre wie an das New York dieser Zeit. | |
Es ist eine Liebesgeschichte zwischen West- und Ostküste und eine | |
Dreiecksgeschichte über eine Frau, die zwischen zwei Männern hin und her | |
gerissen ist. Kristen Stewart gibt die junge, smarte Veronica, „Vonnie“ | |
genannt, die sich oft auf die Lippe beißen muss, um ihre Beziehungspartner | |
nicht den falschen Ohren preiszugeben: Ihr einer „Freund“ ist verheiratet | |
und dummerweise mit dem anderen, deutlich jüngeren Liebhaber verwandt. | |
Die eher bekannte Geschichte, üppige Kulissen und einigermaßen | |
vorhersehbare Entwicklungen machen den in stilvoll gedeckten Farben | |
gehaltenen Film zu einem keinesfalls schlechten, aber vorwiegend | |
routinierten Alterswerk des in Cannes stets gern gesehenen Gasts. | |
Am stärksten gelingen die Darbietungen der Darsteller dieser mehr oder | |
minder verhinderten Paare: Kristen Stewart überzeugt als abgebrühte | |
Bürokraft mit beerdigten Hoffnungen auf eine Karriere als Schauspielstar | |
und lässt ihre Gefühlsregungen dabei oft nur durch ein leichtes Zucken der | |
Mundwinkel ahnen. | |
## Freudigen Erwartungen für den Fortgang | |
Jesse Eisenberg passt in seiner schüchtern-zaudernden Jungshaftigkeit | |
hervorragend zu dem aufstrebenden Bobby Dorfman, der von New York nach Los | |
Angeles zieht, um dort sein Glück zu versuchen. Und Steve Carrell als | |
großer Hollywood-Produzent Phil Stern mischt elegant den toughen | |
Unternehmertypen mit den clownesken Zügen seiner Figur. | |
Daneben ein paar gelungene Witze über jüdische Identität: „Erst ein Mörde… | |
dann ein Christ! Ich frage mich, was schlimmer ist“, sinniert Bobbys Mutter | |
etwa, als ihr ältester Sohn, Bobbys Bruder Ben, nach ernsthaften Konflikten | |
mit dem Gesetz im Gefängnis vom Judentum zum Christentum konvertiert. Doch | |
der ganz große Auftakt war dieser außer Konkurrenz gezeigte Film noch | |
nicht. Der stark besetzte Wettbewerb gibt da zum Glück genügend Anlass zu | |
freudigen Erwartungen für den Fortgang. | |
11 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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