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# taz.de -- Tourismus in der Elfenbeinküste: Sonnenstrand im Terrorschatten
> Seit al-Qaida im islamischen Maghreb 22 Menschen tötete, ist das Seebad
> Grand Bassam leer. Plötzlich spürt das Land die Verwundbarkeit.
Bild: Yede Christian N'takpe in seiner leeren Strandbar in Grand Bassam
Grand Bassam taz | Die Holzstühle und Liegen sind verwittert, an einigen
hat sich Moos gebildet. Bequeme Stoffauflagen sind nirgendwo zu sehen. Es
fragt auch niemand danach. Seit acht Wochen kommen keine Gäste mehr nach
Grand Bassam, beliebtester Naherholungsort der Elfenbeinküste an der
Atlantikküste. Yede Christian N’takpe, der am Hauptstrand eine Bar
betreibt, schüttelt den Kopf. Seit dem Anschlag vom 13. März machen
Urlauber einen großen Bogen um den Ort, der seit dem Jahr 2012 wegen der
zahlreichen erhaltenen Häuser aus der Kolonialzeit zum Unesco-Welterbe
gehört.
„Natürlich war ich an diesem Sonntag da“, erinnert sich N’takpe an den 1…
März und schaut auf den weißen Sandstrand und aufs Meer. „Wir arbeiteten
gerade, als die Bewaffneten zwischen 12 und 13 Uhr kamen. Es gab ein erstes
Opfer auf meinem Parkplatz. Dann war da eine junge Frau, die in ihr Auto
steigen wollte.“ Sieben Tote habe es bei ihm gegeben. „Über die Verletzten
sprechen wir erst gar nicht.“ Der große, bullige Mann versucht, so sachlich
wie möglich den Hergang zu schildern.
Es starben 22 Menschen, darunter drei der sechs Attentäter. Mindestens 33
wurden verletzt. Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) erklärte sich für
den Anschlag verantwortlich. Die Elfenbeinküste fühlt sich seitdem
empfindlich getroffen, wurde sie doch bisher nicht mit islamistischem
Fanatismus in Verbindung gebracht. Es gab im Januar eine Warnung aus
Frankreich, die viele aber nicht allzu ernst nahmen.
Heute fallen an den Straßen zum kilometerlangen Sandstrand von Grand Bassam
ab und zu ein paar Polizisten in dunkelblauer Uniform auf, in der nahen
Wirtschaftsmetropole Abidjan haben große Supermärkte Autokontrollen
eingeführt. Trotzdem gelingt es jedem, beispielsweise in das
Landwirtschaftsministerium im Geschäftsviertel Plateau hineinzukommen, ohne
nach dem Namen gefragt, geschweige denn nach Waffen oder Sprengstoff
durchsucht zu werden.
## Das war eine Fehlentscheidung
Die Sicherheitsfragen treiben auch Eric-Aimé Semien um. Der Jurist leitet
die Menschenrechtsorganisation OIDH. In Abidjan wehrt er sich gegen den
Tenor, dass der Anschlag eine große Überraschung war. „Es gab viele
Anzeichen, auch die Warnung der Terroristen selbst“, sagt er. Im November
und Januar hatte es Terroranschläge auf Hotels in den Nachbarländern
Burkina Faso und Mali gegeben. „Der Anschlag zeigt die Schwäche des
Systems“, so Semien. „Wie konnten die Terroristen aus Mali über den Norden
der Elfenbeinküste sowie Abidjan und dann nach Grand Bassam kommen? Auch
noch mit Waffen?“
Deshalb hält er es für eine Fehlentscheidung, dass der UN-Sicherheitsrat
Ende April das Waffenembargo gegen die Elfenbeinküste aufhob, das 2004
während des Bürgerkriegs verhängt worden war. Das Embargo sei ein Mittel
gegen die zahlreichen unregistrierten Kleinwaffen.
Drei Terroristen wurden in Grand Bassam erschossen, die übrigen drei
konnten fliehen. Mehr als zehn Tage dauerte es, bis zwei weitere
mutmaßliche Täter verhaftet werden konnten. Mitte April folgte der
mutmaßliche Drahtzieher. Alle Verhaftungen fanden in Mali statt. Von Grand
Bassam bis an Malis Grenze sind es per Luftlinie mindestens 600 Kilometer
quer durch das Land.
Die Genugtuung mancher Ivorer, dass die Täter wohl keine Landsleute waren,
quittiert Semien mit einem verächtlichen Schnauben: „Terroristen haben
keine Nationalität. Es hätten auch Ivorer sein können. Und in Mali hätten
Ivorer angreifen können.“
In Grand Bassam ist es auch Barbetreiber Yede Christian N’takpe egal,
welche Staatsangehörigkeit die Angreifer hatten. Sie haben seinen Wohnort
in Angst und Schrecken versetzt und machen ihm nun den Alltag schwer. Wie
Löhne gezahlt werden sollen, weiß er nicht, und auch nicht, ob die Jungen,
die immer Kokosnüsse an Touristen verkaufen, ein wenig Geld bekommen. Dabei
hat die Regierung eine Nothilfe von 200 Millionen CFA (305.000 Euro)
angekündigt. „Davon ist bei mir aber bisher nichts angekommen“, ärgert si…
N’takpe.
22 May 2016
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
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Mali
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Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
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