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# taz.de -- Böhmermann im Interview mit der „Zeit“: Zeit Magazin Royale
> Weder größenwahnsinnig noch weinerlich: Dem Moderator gelingt das
> Kunststück, seine Inszenierung unter Kontrolle zu halten.
Bild: Jan Böhmermann macht jetzt sogar noch die „Zeit“ zur Unterabteilung
Berlin taz | Da ist es nun: Das erste öffentliche Gespräch mit Jan
Böhmermann nachdem sein Beitrag über den türkischen Präsidenten Erdoğan und
die Kunst- und Meinungsfreiheit – kurz: Schmähgedicht – eine mittelschwere
Staatskrise ausgelöst hat. Obwohl, ein richtiges Gespräch ist es dann doch
nicht: Das Interview mit der Zeit wurde schriftlich geführt.
Dabei wirkt es so, als sei nicht in einem Chat (also quasi in Echtzeit)
miteinander geschnackt, sondern als sei Böhmermann schlicht ein
Fragenkatalog geschickt worden, sodass seine später eingefügten Antworten
und die vorher festgelegten Anschlussfragen teilweise so zusammenhanglos
sind, dass es absurd komisch ist.
Wie so viele in der jüngsten Vergangenheit hat sich Böhmermann für sein
erstes Interview Die Zeit ausgesucht. In dem Beicht-, Buß- und Betmedium
durften zuletzt [1][schon Karl-Theodor zu Guttenberg] („Es steht völlig
außer Frage, dass ich einen auch für mich selbst ungeheuerlichen Fehler
begangen habe“) [2][und Uli Hoeneß] („Ja, ich bereue das, unendlich“)
länglich ihre entschuldigende Sicht auf die Dinge darlegen. Aber niemand
nutzte die Bühne so konsequent für die Fortführung der eigenen Inszenierung
wie Böhmermann. Er hat sein „Neo Magazin Royale“ in die Zeit geschleust.
Und so wirkt das vorher von der Hamburger Wochenzeitung veröffentlichte
Zitat („Die Bundeskanzlerin darf nicht wackeln, wenn es um Freiheit und
Menschenrechte geht. Doch stattdessen hat sie mich filetiert, einem
nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen Ai Weiwei aus
mir gemacht“) im Kontext des gesamten Interviews weniger größenwahnsinnig
oder weinerlich, als eher wie die Antwort eines Satirikers, der sich halt
der Mittel bedient, die einen Satiriker ausmachen: Humor, Überhöhung, Biss.
## Bewusst verletzend?
Dabei lässt Böhmermann allerdings keinen Zweifel daran, was er davon hält,
dass die Kanzlerin verlauten ließ, dass sie sein Gedicht als „bewusst
verletzend“ empfunden hätte – und das auch dem türkischen
Ministerpräsidenten Davutoglu so mitgeteilt hatte: „Hat die Bundeskanzlerin
eigentlich die ganze Nummer gesehen oder nur das zusammengeschnittene
Gedicht bei Bild.de? Und wo wir gerade bei ungefragten persönlichen
Geschmacksurteilen wären: Ich finde das apfelgrüne Kostümoberteil sowie das
lilafarbene Samtsakko der Bundeskanzlerin ‚bewusst verletzend‘.“
Dennoch hat sich jemand anderes viel schlimmer verhalten als die Kanzlerin:
Die Zeit: „Gibt es jemanden, der Sie in den vergangenen Wochen besonders
enttäuscht hat?“
Jan Böhmermann: „Der Lieferservice von Rewe.“
Das fasst das Interview ganz gut zusammen. Die Show kann weitergehen. Die
nächsten Auftritte: Das „Neo Magazin Royale“ (Die Rückkehr des Königs) am
12. Mai bei ZDF Neo sowie in absehbarer Zeit ein Prozess: Böhmermann vs.
Erdoğan. Oder – wie der Moderator es zusammenfasst – „Witz gegen
Bundesregierung. Ich bin gespannt, wer zuletzt lacht.“
4 May 2016
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/2011/48/DOS-Guttenberg
[2] http://www.zeit.de/2013/19/uli-hoeness-interview
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
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