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# taz.de -- TTIP für VerbraucherInnen: Ein übler Deal
> Der Text der TTIP-Verhandler verweist auf grundlegende Differenzen. Für
> Europas Umweltgesetzgebung könnte das böse enden.
Bild: Vieles in den TTIP-Papieren klingt abstrakt und harmlos – birgt aber Sp…
Berlin taz | Vieles in den 13 Kapiteln TTIP, die Greenpeace am Montag
veröffentlicht hat, klingt abstrakt und harmlos – birgt aber Sprengstoff.
Dabei verweisen Details auf ganz grundlegende Differenzen zwischen den
Verhandlungspartnern: So fordern die USA im Kapitel Gesundheit und
Pflanzenschutz, dass die Risikobewertung wissenschaftlich beweisbar sein
müsse. Dem europäischen Ansatz des Vorsorgeprinzips steht das entgegen.
„Im Lebensmittelmarkt wollen die USA die Risikobewertung in der EU
aufweichen“, urteilt denn auch Klaus Müller, Vorstand der
Verbraucherzentrale Bundesverband harsch. „Sollten sich die US-Forderungen
im finalen TTIP-Abkommen durchsetzen, würden neue verbraucherschützende
Vorgaben in der EU stark behindert, wenn nicht gar unmöglich“, so Müller.
Ein neues Reizwort in der TTIP-Debatte könnte der Begriff „Arbeitsgruppe“
werden. Um die 20 solcher Gremien sind in den veröffentlichten Papieren
vorgesehen. Nach dem genauen Text des Abkommens lässt sich noch nicht klar
sagen, wie genau die Arbeitsgruppen besetzt und mit welchen Kompetenzen sie
ausgestattet werden könnten. Ein mögliches Szenario: Eine für ein
bestimmtes Politikfeld zuständige Arbeitsgruppe prüft die Gesetze einer
Regierung daraufhin, ob sie ein Handelshemmnis darstellen könnten – noch
bevor das Parlament sie überhaupt zu sehen bekommt.
Beispiel Chemikalien: Mit der Chemikalienverordnung Reach versucht die EU
seit 2007, die Tausende von auf dem Markt erhältlichen alten und neuen
Chemikalien zu erfassen und zu beurteilen. Nach und nach sollen gefährliche
Substanzen in ihrer Verwendung eingeschränkt oder verboten werden. Setzt
die EU-Kommission einen Stoff auf die Verbotsliste, bedeutet dies jedes Mal
eine Gesetzesänderung.
„Es ist also vorstellbar, dass die vorgesehene TTIP-Arbeitsgruppe das
Verbot einer Substanz als Handelshindernis ansieht“, sagt Olaf Wirth,
Chemikalienexperte des Hamburger Beratungsinstituts Ökopol, „und so die
Fortschreibung von Reach verhindert.“ Damit wäre dieser umfangreiche
Regulierungsversuch blockiert. Allerdings hat die Kommission schon vor
einiger Zeit festgestellt, dass sie an Reach nicht rütteln will. Und auch
Bernd Lange, SPD-Vorsitzender des Handelsausschusses des EU-Parlaments,
sagt: „Unsere Chemikaliengesetzgebung ist gut und wird nicht verändert.“
Aber der Teufel liege im Detail, warnt Wirth.
## Datenschutz aushebeln
Beispiel Datenschutz: Die Brüsseler Bürgerrechtsorganisation Edri warnt,
Datenschutz könne künftig als „Handelshemmnis“ deklariert – und auf die…
Weise ausgehebelt werden.
Beispiel Kosmetik: Hier halten beide Parteien fest, dass die Diskussionen
schwierig seien und es nicht viele gemeinsame Positionen gebe. Allerdings
stellen sie auch fest, dass eine gemeinsame wissenschaftliche Beurteilung
von Inhaltsstoffen wichtig wäre. Dieser Wille zur Einigung beunruhigt
Alexandra Caterbow von der Organisation Woman in Europe for a Common Future
(WECF): „Entweder sie einigen sich auf niedrige Standards, oder sie machen
einen üblen Deal“, sagt sie.
Nach dem jetzt offenbar bewiesenen Deal – die Amerikaner dürfen Genfood
nach Europa exportieren, die Europäer dafür Autos in die USA – könnten die
Europäer niedrigere Standards in der Kosmetik gegen einen anderen Teil der
Verhandlungsmasse eintauschen. „In der EU sind zurzeit 1.378 Chemikalien in
Kosmetik verboten, in den USA lediglich 11“, sagt Caterbow, „das zeigt,
worum es geht.“
Keinen neuen Stand gibt es zu den intensiv diskutierten Schiedsgerichten.
In den veröffentlichten Kapiteln werden sie nicht thematisiert. Erst
kürzlich hat die EU-Kommission dazu einen neuen Vorschlag unterbreitet, der
in den Papieren aber noch nicht auftaucht. Auch das berühmte Chlorhühnchen
wird in den Texten nicht erwähnt: Wenn überhaupt, wird es in den Anhängen
unterschlüpfen, die ganz zum Schluss verhandelt werden – und die ganz
konkreten Vereinbarungen enthalten.
3 May 2016
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Schwerpunkt TTIP
Chemikalien
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Tag der Arbeit, Tag der Proteste
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