# taz.de -- Regierungsbildung in Spanien: Es muss neu gewählt werden | |
> Die Regierungsbildung in Spanien ist sechs Monate nach der Wahl endgültig | |
> gescheitert. Auch der König schaffte es nicht, zu vermitteln. | |
Bild: Das war wohl nix: Felipe und der Präsident des Abgeordnetenhauses, Patxi… | |
MADRID ap | Spanien muss erneut an die Urnen. Über vier Monate nach den | |
Parlamentswahlen vom 20. Dezember erklärte König Felipe VI. die | |
Verhandlungen zur Regierungsbildung für gescheitert, nachdem er Montag und | |
Dienstag mit den Vertretern aller im Parlament vertretenen Parteien | |
Gespräche geführt hatte. Er werde niemanden mehr mit der Regierungsbildung | |
beauftragen, verkündete der spanische Staatschef. Damit werden Neuwahlen am | |
26. Juni unumgänglich. | |
Seit dem Urnengang vergangenen Dezember sitzen im spanischen Parlament | |
erstmals vier starke Fraktionen. Die konservative Partido Popular (PP) des | |
amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, die sozialistische PSOE, die | |
jungen Antiausteritätspartei Podemos – „Wir können“ – und die | |
rechtsliberalen Ciudadanos – „Bürger“ – (C’s). Keine der Parteien ha… | |
ausreichende Mehrheit. | |
Die PP hatte im Dezember ihre absolute Mehrheit verloren. Angeschlagen | |
durch unzählige Korruptionsskandale fand Rajoy keine Koalitionspartner. | |
König Felipe VI. beauftragte deshalb den Führer der zweitstärkste Kraft, | |
den Sozialisten Pedro Sánchez, mit der Regierungsbildung. Zwar handelte | |
dieser erfolgreich ein Abkommen mit den rechtsliberalen C's aus, doch | |
reicht dies nicht für eine Mehrheit im Parlament. Ein Linksbündnis, wie es | |
Podemos und mehrere kleinere Parteien vorgeschlagen haben, das mit Duldung | |
durch nationalistische Kräfte aus dem Baskenland und Katalonien eine | |
ausreichende Mehrheit hätte erzielen können, lehnten die Sozialisten bis | |
zum Schluss ab. | |
Förmlich im letzten Augenblick versuchte die valencianische Compromis die | |
Blockade zu brechen. Die Regionalbewegung, die im Bündnis mit Podemos | |
angetreten war, legte einen 30-Punkteplan für eine Koalition aller | |
fortschrittlichen Kräfte vor. Die PSOE akzeptierte 27 Punkte, lehnte jedoch | |
ein Gesetzespaket gegen die Zwangsräumung säumiger Wohnungseigner ebenso | |
ab, wie die Streichung der Schuldenbremse in der Verfassung und die | |
Rücknahme einer Arbeitsmarktreform, die den Kündigungsschutz völlig | |
aufgeweicht hatte. Außerdem weigerte sich die PSOE einmal mehr, eine | |
Koalition zu bilden. Sánchez wollte mit seinen 90 Angeordneten alleine | |
unter Duldung von Podemos und Ciudadanos regieren. Die absolute Mehrheit | |
liegt bei 176. „Eine Beleidigung aller Spanier“ sieht Compromis-Chefin | |
Monica Oltra in der starren Position der Sozialisten. Sie selbst regiert in | |
ihrer Heimatregion Valencia in Koalition mit den Sozialisten. | |
Sánchez sucht die Schuld für die Neuwahlen bei Podemos. „Herr Iglesias hat | |
die Tür geschlossen“, wiederholte Sánchez immer wieder auf seiner | |
Pressekonferenz nach dem Besuch beim König. Der angesprochene Podemos-Chef | |
Pablo Iglesias sieht dies freilich anders. „Pedro Sánchez hat zu oft Nein | |
gesagt“, sagt er. Anders als die PSOE habe sich Podemos kompromissbereit | |
gezeigt, beteuerte der junge Politikprofessor. Tatsächlich hatte die neue | |
Partei mehrmals programmatische Forderungen abgeschwächt und Iglesias | |
selbst hatte angeboten, nicht persönlich in einer eventuellen | |
Koalitionsregierung sitzen zu wollen. | |
Für Iglesias ist Sánchez in einem „Käfig gefangen“. Die großen | |
Wirtschaftsvertreter des Landes und die Regionalfürsten und Altpolitiker | |
der PSOE – unter ihnen Ex-Premier Felipe González, hätten eine Linksbündnis | |
nicht zugelassen. Diese favorisierten stattdessen eine Große Koalition, um | |
Podemos von der Macht fernzuhalten. | |
„Wir werden nach den Wahlen der PSOE erneut die Hand reichen“, fügte | |
Iglesias hinzu. Podemos versucht jetzt mit der postkommunistischen | |
Vereinigten Linken ein Wahlbündnis zu schmieden um so die Sozialisten im | |
Juni an den Urnen zu überholen. PSOE und Podemos trennten nur 300.000 | |
Stimmen. | |
Die große Frage ist nun, ob es zu nennenswerten Wählerverschiebungen kommt. | |
So manche Umfrage zeigt, dass dies nicht zu erwarten ist. Dann steht | |
Spanien im Sommer einmal mehr vor einer Blockade, die sich nur durch ein | |
Linksbündnis oder durch eine Große Koalition wie sie der amtierende Premier | |
Rajoy und auch C’s immer wieder gefordert und die Sozialisten abgelehnt | |
haben, auflösen lässt. | |
27 Apr 2016 | |
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