# taz.de -- Interreligiöse Krise: Postlagerndes Miteinander | |
> Bremens Evangelische Kirche will sich mit der Jüdischen Gemeinde über | |
> ihren Pastor Volker Keller verständigen. Der hatte sich ironisch als | |
> Antisemit bezeichnet | |
Bild: Vorreiter des christlichen Antisemitismus: Martin Luther | |
Bremen taz | Jetzt hat die Bremische Evangelische Kirche (BEK) doch noch | |
geantwortet. Präsidentin Edda Bosse sei zuvor im Ausland gewesen, teilte | |
Schriftführer Renke Brahms auf Anfrage am Montag mit. Aber „heute Morgen | |
haben wir miteinander sprechen können und der Jüdischen Gemeinde einen | |
Brief geschrieben“ – mit der Bitte, sich baldmöglichst zu einem Gespräch … | |
treffen. Zum Krisengespräch. | |
Am 2. Mai hatte, erstmals in der Geschichte der Jüdischen Gemeinde zu | |
Bremen, deren gesamter Vorstand gemeinsam einen Beschwerde-Brief an die | |
BEK-Spitze geschrieben, adressiert an Bosse und Brahms. Es sei „auch das | |
erste Mal“ gewesen, „dass sich der Landesrabbiner an einem Brief an die BEK | |
beteiligt“, so der Vize-Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Grigori | |
Pantijelew. Man habe „lange darüber beraten, und im Zuge der Beratungen hat | |
das Schreiben etwas an Schärfe gewonnen“. | |
Anlass waren Auslassungen des BEK-Beauftragten für interreligiösen Dialog, | |
Pastor Volker Keller: „Bestürzt und erschreckt“ sei man darüber, „dass | |
Pastor Keller sich in unseren Augen hämisch und verunglimpfend, somit den | |
Antisemitismus verharmlosend verhalten“ habe. Schwerer aber wiege, „dass er | |
als Dialogbeauftragter sein Amt missbraucht und unwürdig seiner Funktion | |
gehandelt“ habe. | |
Der Vegesacker Pastor hatte sich in einer Mail an Benjamin Weinthal, | |
Korrespondent der Jerusalem Post, ironisch darüber beschwert, dass dieser | |
nicht den Vortrag des Bremer Publizisten Arn Strohmeyer in seiner | |
Kirchengemeinde skandalisiert hatte. Strohmeyer äußert sich seit | |
Jahrzehnten zum Nahost-Konflikt: Dessen Wurzel sei das „zionistische | |
Projekt“, dem „von Anfang an der Charakter eines großen Unrechts“ | |
angehaftet habe, heißt es [1][in seinem jüngsten Werk]. Als er daraus zum | |
Jahrestag der Reichspogromnacht im Bürgerhaus Weserterrassen hatte | |
vortragen wollen, war Weinthal auf die Barrikaden gegangen (taz | |
berichtete). Die Lesung wurde verschoben. Keller mahnte nun ähnliche | |
Aufmerksamkeit für seine Vegesacker Soirée an. Weinthal habe ihn „nicht | |
einmal beschimpft“, mokierte er sich, und versprach, ihn künftig vorab zu | |
unterrichten. „Mit besten Wünschen nach Israel, Ihr Volker Keller, | |
Antisemit.“ | |
Zwar: später hat er sich im Gespräch mit der taz davon distanziert. Aber in | |
der Welt waren sie und außer in der Jerusalem Post fand die Nachricht vom | |
Geistlichen aus der „ciudad di Bremen“, der sich selbst Antisemit nennt, | |
auch in Mexiko und in den USA Abnehmer: schlecht für Bremen. Entsprechend | |
erleichtert reagierte das Rathaus gestern, dass die BEK die Jüdische | |
Gemeinde zum Gespräch einlädt: „Das begrüße ich sehr“, ließ Senator f�… | |
Kirchenfragen Carsten Sieling (SPD) ausrichten. | |
Auf die Idee, sich an die Jüdische Gemeinde direkt zu wenden, war bei der | |
BEK vor dem Brief selbst niemand gekommen – geschweige denn der | |
Dialogbeauftragte. Auch mit der taz will der nicht mehr sprechen: Er sieht | |
sich zu Unrecht mit Boykottaufrufen des von ihm mitgegründete Bündnisses | |
Nordbremer Bürger gegen den Krieg gegen Israel in Verbindung gebracht. Bei | |
der Jüdischen Gemeinde scheint indes das Misstrauen gegen ihn kaum zu | |
schwinden. „Wie sollen wir einen Dialogbeauftragten […] akzeptieren“, hei… | |
es im Brief an die BEK-Spitze, „wenn er sich offensichtlich antisemitisch | |
präsentiert?“ Die Antwort müssen Bosse und Brahms noch finden: „Ich bitte | |
um Verständnis, dass wir das Gespräch abwarten wollen, bevor wir uns weiter | |
dazu äußern“, so der Schriftführer. | |
9 May 2016 | |
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## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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1914 | |
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