# taz.de -- Israel und die Bremer Linke: Linke sieht kein Problem | |
> Während sich die Linke auf Bundesebene um Distanz zum Antisemitismus | |
> bemüht, wird in Bremen Ruhe bewahrt - obwohl der Landesverband bundesweit | |
> in der Kritik steht | |
Bild: Sehr umstritten: Die Boykottaktion des Bremer Friedensforums | |
Die Bremer Linkspartei sieht keinen Grund gegen judenfeindliche Tendenzen | |
besonders in der eigenen Partei aktiv zu werden. Dabei waren in den | |
jüngsten Diskussionen um Antisemitismus in der Linken immer wieder auch die | |
Positionen aus Bremen in den Schlagzeilen. Jetzt hat der | |
Linken-Bundesvorstand erneut auf Vorwürfe zu Antisemitismus in seiner | |
Partei reagiert und ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels in einem | |
Entwurf zum Grundsatzprogramm verankert. Bereits im Juni hatte die | |
Bundestagsfraktion sich mit Beschlüssen zur Israel-Kritik geäußert. | |
Als "Hirngespinst" sei von den Linken in Bremen das Existenzrecht Israels | |
bezeichnet worden, schrieb etwa Dieter Graumann, der Präsident des | |
Zentralrates der Juden in Deutschland in der Süddeutschen Zeitung. Sein | |
Beitrag ist Teil einer Debatte um Antisemitismus in der Linken, die in | |
diesem Frühjahr erneut entbrannt war. Auch wegen einer Boykottaktion des | |
Bremer Friedensforums, die im März mit Schildern vor einem Supermarkt gegen | |
den Kauf israelischer Produkte demonstrierten und zu der sich zahlreiche | |
wohlwollende Beiträge auf der Website der Bremer Linken finden. | |
Bis in die Jerusalem Post reichte die Kritik an der Aktion. Auch in Bremen | |
haben sich alle Bürgerschaftsparteien in einer gemeinsamen Erklärung mit | |
der Jüdischen Gemeinde dagegen positioniert - nur Die Linke nicht. | |
Stattdessen gab es eine eigenen Stellungnahme der LandessprecherInnen in | |
der es heißt: "Der Aufruf, keine Waren aus Israel zu kaufen, erinnert in | |
Deutschland an die Nazikampagne ,Kauft nicht bei Juden'". Das jedoch | |
bedeute nicht, "Boykottaktionen gegen Israel als antisemitisch" | |
einzustufen. Die damalige Fraktionschefin Monique Troedel, unterstützte | |
ausdrücklich die Erklärung der anderen Parteien. | |
Landessprecher Christoph Spehr hält die Diskussion darüber für wichtig, | |
nicht jedoch speziell in der Linkspartei: "Antisemitismus ist hier nicht | |
stärker vertreten als in anderen Parteien". Die klare Positionierung der | |
Bundespartei sei im Landesverband diskutiert worden. "Unzufriedenheit" sei | |
über einen Beschluss aufgekommen, mit dem Anfang Juni die | |
Bundestagsfraktion Position gegen die Beteiligung von Linken an der | |
aktuellen Gaza-Flottile bezog und sich gegen den Boykott israelischer | |
Produkte ausgesprochen hatte. "Es ist ärgerlich, alles, was nicht in die | |
richtige Richtung geht, mit der Antisemitismus-Keule abzuwürgen", so Spehr. | |
Daher sei man in Bremen "froh" über einen weiteren Beschluss der | |
Bundestagsfraktion von Ende Juni, der die Kritik an | |
Menschenrechtsverletzungen Israels bekräftigte. "Es ist nicht hinnehmbar", | |
heißt es darin, "wenn einer derartigen Kritik mit dem Vorwurf des | |
Antisemitismus begegnet wird." Ein Konflikt mit der Bundespartei bestehe | |
nicht: Weder führen Bremer bei der Gaza-Flotte mit, noch habe man zum | |
Boykott aufgerufen. | |
Auf der Linken-Website sei lediglich ein Nachbericht über die Aktion im | |
März erschienen, der später noch redigiert worden sei, "um Neutralität zu | |
wahren". Außerdem fänden sich auf der Webpräsenz auch Debattenbeiträge, die | |
nicht unbedingt Parteipositionen wieder spiegelten. In einem solchen | |
"Debattenbeitrag" hatte der Bremer Friedensfreund Arn Strohmeyer seine | |
Meinung zum neuem Antisemitismus kundgetan: Der Begriff sei, von Zionisten | |
und ihren Anhängern völlig neu definiert worden, so Strohmeyer. "So gesehen | |
produzieren Israel und seine Freunde ihre ,Antisemiten' selbst". Mit | |
Strohmeyer einig ist sich Spehr, dass es nur Antisemitismus sei, wenn Juden | |
negative Eigenschaften aufgrund ihrer "Rasse" oder Biologie zugeschrieben | |
würde. Und, dass dieses Kriterium durch die Boykottaktion nicht erfüllt | |
sei. Für Spehr ist es auch kein Antisemitismus, wenn auf einer | |
Veranstaltung des Bremer Friedensforums ein Zuschauer statt von Israel von | |
einem "zionistischen Gebilde" spricht. | |
Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Agnes Alpers, war für die Frage, wie | |
sie bei den Fraktionsbeschlüssen abgestimmt hat, trotz wiederholter | |
Nachfrage über Wochen nicht erreichbar. | |
4 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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Bremen | |
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