# taz.de -- Reform des Sexualstrafrechts: Bundestag ringt um „Nein heißt Nei… | |
> Alle bekennen sich zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Die | |
> Koalition hat allerdings Probleme mit der Konsequenz. | |
Bild: Ist Po-Grapschen in Zukunft straftbar? | |
BERLIN taz | Noch bestehen gute Chancen, das Prinzip „Nein heißt Nein“ im | |
Strafgesetzbuch zu verankern. Bei einer Bundestagsdebatte im März bekannten | |
sich alle Fraktionen dazu – nur verstehen sie teilweise etwas anderes | |
darunter. | |
Eindeutig ist die Position von Grünen und Linken. Beide Fraktionen haben | |
eigene Gesetzentwürfe eingebracht. Danach sollen sexuelle Handlungen gegen | |
den erkennbaren Willen des Opfers stets strafbar sein. | |
Auch die SPD ist für „Nein heißt Nein“ und einen „lückenlosen Schutz v… | |
sexualisierter Gewalt“, betonte die Abgeordnete Mechthild Rawert. Zugleich | |
erklärte der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner, der | |
Gesetzentwurf von Justizminister Maas sei „hervorragend“. | |
[1][Der Minister ist in dieser Debatte die Schwachstelle der SPD]. Nachdem | |
er anfangs gar keine Lücken im geltenden Gesetz erkennen konnte, betont er | |
nun schon seit Monaten, „Nein heißt Nein“ wäre für das deutsche Strafrec… | |
ein so dramatischer Paradigmenwechsel, dass eine entsprechende Änderung in | |
dieser Wahlperiode nicht mehr möglich wäre. Er verweist dabei auf eine | |
Expertenkommission, die eine Reform des Sexualstrafrechts vorbereitet, | |
ihren Bericht aber erst im Herbst vorstellen wird. | |
## Die Vorfälle von Köln | |
Die CDU – insbesondere ihre rechtspolitische Sprecherin Elisabeth | |
Winkelmeier-Becker – hat Maas lange Druck gemacht. Nach den [2][Vorfällen | |
von Köln] hat der CDU-Parteivorstand sogar beschlossen: „Für den | |
Straftatbestand muss ein klares ‚Nein‘ des Opfers ausreichen, auch wenn | |
nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt.“ Das war | |
ein klares Bekenntnis zu „Nein heißt Nein“. Einen Tag später ließ | |
Fraktionsvize Thomas Strobl allerdings via FAZ erklären, das Ganze sei | |
„nicht wortwörtlich zu nehmen“, man habe nur eine „griffige Formulierung… | |
gesucht. | |
Ähnlich diffus argumentierte im Bundestag der CSU-Mann Alexander Hoffmann. | |
Einerseits bekannte er sich zum Prinzip „Nein heißt Nein“. Dann aber warnte | |
er davor, dass es bei Situationen ohne Zeugen oft zu Einstellungen und | |
Freisprüchen kommen könnte. Die Union sei für eine gesetzliche Regelung, | |
„die Frauen Mut macht, Anzeige zu erstatten“ – indem der übergangene Wil… | |
allein eben doch nicht genügen soll. | |
An einem anderen Punkt wird es aber wohl sicher noch zu einer Änderung des | |
Regierungsentwurfs kommen. So soll das überraschende Begrapschen von | |
Frauen, etwa an der Brust oder zwischen den Beinen, strafbar werden. | |
Bisher gab es hier zwei Probleme. Zum einen gelten Überraschungsakte nicht | |
als sexuelle Nötigung, weil das Opfer gar keinen entgegenstehenden Willen | |
äußern konnte. Diese Lücke will bereits der Regierungsentwurf schließen. | |
Zum anderen sind bisher laut Gesetz aber nur sexuelle Handlungen „von | |
einiger Erheblichkeit“ strafbar. | |
Hier will die Koalition nun ein neues Delikt einführen, das vermutlich | |
„tätliche sexuelle Belästigung“ heißen wird. Nach den bisherigen | |
Diskussionen würde das Delikt mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren | |
Gefängnis bestraft werden. Zugleich müsste der Bundestag dann aber auch die | |
Erheblichkeitsschwelle streichen. | |
Eine konkrete Formulierung für die neue Strafvorschrift soll das | |
Justizministerium erarbeiten, das zu dieser Nachbesserung auch | |
grundsätzlich bereit ist. Ein entsprechender Entwurf liegt bisher aber noch | |
nicht vor. | |
26 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Reform-des-Sexualstrafrechts/!5295216/ | |
[2] /Der-muslimische-Mann/!5263585/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Sexualstrafrecht | |
Heiko Maas | |
sexuelle Belästigung | |
Sexismus | |
Sex | |
Vergewaltigung | |
Jens Spahn | |
Sexualstrafrecht | |
Sexualisierte Gewalt | |
Vergewaltigung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Liebeserklärung: Jaaaaa! | |
Zuletzt ging es viel um Gewalt und „Nein heißt nein“. Zeit, sich mit Sex | |
und dem viel schöneren Wort „Ja“ zu beschäftigen. | |
Reform des Sexualstrafrechts: „Nein heißt nein“ | |
Frauengruppen wenden sich in einem offenen Brief an Angela Merkel: Ihnen | |
reicht der Vorstoß des Justizministers nicht aus. | |
Kolumne Dumme weiße Männer: Wo bleibt dein Aufschrei, Jens Spahn? | |
Nach Köln haben mächtige weiße Männer ziemlich viel Quatsch zu Gesetzen | |
gemacht. Mehr Sicherheit für Frauen war aber nicht dabei. | |
Kommentar Sexualstrafrecht: Maas bleibt mäßig | |
Das Sexualstrafrecht bleibt weitgehend reaktionär. „Nein heißt Nein“ gilt | |
weiter nicht, Frauen müssen meist Widerstand leisten. | |
Kampagne gestartet: Männer gegen sexualisierte Gewalt | |
Seit Köln kursieren viele Pauschalurteile über Männer mit | |
Migrationshintergrund. Ein Männer-Netzwerk fordert, genauer hinzuschauen. | |
Debatte Reform Sexualstrafrecht: Das bisschen Grabschen | |
Frauen müssen besser geschützt werden, hieß es nach Köln. Justizminister | |
Maas versäumt es, das antiquierte Sexualrecht zu reformieren. |