# taz.de -- Detroit Techno in einem Fotoband: Motown's Underground Resistance | |
> Die Detroiter Technoszene aus der Nähe: In ihrem Buch „313ONELOVE“ | |
> porträtiert die Fotografin Marie Staggat DJs und Musiker der Motor City. | |
Bild: Der Produzent und DJ Blake Baxter | |
Der Fotograf plündert und bewahrt, verurteilt und verklärt“, hat Susan | |
Sontag in ihrem Essay „Über Fotografie“ die ambivalente Motivation von | |
Fotoreportagen beschrieben. Das trifft auf die Fotografin Marie Staggat nur | |
zum Teil zu. Denn sie bewahrt etwas, aber plündert nicht. | |
In ihrem sorgfältig aufgemachten Fotoband „313ONELOVE“ bildet die | |
29-Jährige Menschen aus der Detroiter Techno-Szene ab. In einer Inventur | |
hat sie Frauen und Männern, Produzenten und DJs, die für den Dancefloor | |
Detroits tätig sind, Gesichter gegeben. Von ihnen existieren bis dato kaum | |
Fotos. | |
In den USA gilt Techno so wenig wie die bankrotte Stadt, in der er zuerst | |
entstanden ist. Die Künstler verzichten daher weitgehend auf Vermarktung, | |
„no images, just sound“. | |
Staggat gibt den Dienstleistern des Nachtlebens mit ihren Fotos Würde. | |
„Soul entsteht durch unseren Existenzkampf. Er hat einen charakteristischen | |
Klang, ist nicht käuflich, lässt sich nicht sampeln, auch nicht erlernen. | |
Man muss ihn sich verdienen. Geld regiert die Welt, davon besitzen wir in | |
Detroit nicht viel. Wenn es um Integrität, kreative Energie oder | |
gegenseitige Hilfe geht, sind wir dagegen Millionäre“, erklärt Mike Banks, | |
Mitbegründer des Kollektivs Underground Resistance, einer der Macher in der | |
Stadt. | |
Auch darum darf man Staggats Fotoband als Pioniertat bezeichnen. Sie zeigt | |
die Künstler nicht nur in ihrem Umfeld, sondern lässt sie auch zu Wort | |
kommen. Oft fokussiert sie auf Hände und Ohren, Werkzeuge, wie die des | |
Produzenten Carl Craig. Auch in der Nahaufnahme wahrt Staggat ästhetische | |
Distanz, als weiße Ausländerin in der mehrheitlich schwarzen Technoszene | |
der Stadt bleibt sie Außenstehende. | |
Detroit ist eine Industriestadt mit langer proletarischer Tradition. Auch | |
Techno-Auteure und ihre Maschinenmusik sind darin verwurzelt. In | |
„313ONELOVE“ wirken sie unverstellt und doch cool. Wie DJ Minx, die im | |
Kinosessel sitzt und konzentriert in die Kamera blickt. Staggat hat die | |
Idee für „313ONELOVE“ über sechs Jahre und viele Aufenthalte vor Ort | |
entwickelt. | |
Ihre Ausbildung zur Fotografin finanzierte sie als Türsteherin des Berliner | |
Clubs „Tresor“. In Detroit fand sich Staggat in der umgekehrten Rolle | |
wieder. Sie wollte Zugang finden, musste erst das Vertrauen der | |
Techno-Community gewinnen. Die Fotos in „313ONELOVE“ zeugen davon, dass sie | |
es geschafft hat. | |
1 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Julian Weber | |
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