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# taz.de -- Verfassungsgericht zu Kachelmann: Freispruch schützt nicht vor Vor…
> Erlaubter Vergewaltigungsvorwurf: Auf diffamierende Äußerungen
> Kachelmanns musste seine Ex-Geliebte nicht neutral und sachlich
> reagieren.
Bild: Der frühere Wettermoderator musste vor dem Bundesverfassungsgericht eine…
KARLSRUHE taz | Claudia D., die Ex-Geliebte von Wettermoderator Jörg
Kachelmann, durfte ihre Vergewaltigungsvorwürfe auch noch nach Kachelmanns
Freispruch öffentlich wiederholen. Das entschied jetzt das
Bundesverfassungsgericht.
Anfang 2010 hatte D. ihren langjährigen Freund Jörg Kachelmann wegen
Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung angezeigt. Kachelmann
wurde verhaftet, saß monatelang in U-Haft, wurde aber im Mai 2011 vom
Landgericht Mannheim freigesprochen – weil die Beweislage nicht eindeutig
genug war.
Kurz darauf gab Kachelmann der Zeit ein großes Interview. Darin bezeichnete
er Claudia D. als „lügende Zeugin“. Sie habe sich die Vergewaltigung
„ausgedacht“, das sei „kriminell“.
Eine weitere Woche später reagierte Claudia D. mit einem Interview in der
Bunte. Dort betonte sie: „Es war aber so.“ Außerdem: „Wer mich und ihn
kennt, zweifelt keine Sekunde daran, dass ich mir diesen Wahnsinn nicht
ausgedacht habe.“ Und: „In seinen Augen hat er in der besagten Nacht ja
nichts falsch gemacht. Er hat nur die Machtverhältnisse wieder so
hergestellt, wie sie seiner Meinung nach richtig sind.“
## Meinungsfreiheit zählt
Kachelmann klagte auf Unterlassung dieser Äußerungen und bekam beim
Landgericht Köln ebenso Recht wie beim dortigen Oberlandesgericht (OLG).
Zwar habe D. auf den Vorwurf der Falschaussage reagieren dürfen, aber nicht
so „emotional“. Dadurch habe sie die Persönlichkeitsrechte Kachelmanns
verletzt. Claudia D. erhob dagegen Verfassungsbeschwerde und berief sich
auf die Meinungsfreiheit.
Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die Karlsruher Richter werteten
Claudia D.s Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als
Meinungsäußerungen. Es handele sich um „subjektive Bewertungen eines nicht
aufklärbaren Geschehens“. Die Meinungsfreiheit schütze nicht nur den
gesellschaftlichen Diskurs, sondern auch das subjektive Bedürfnis, sich zu
äußern.
Dazu gehöre auch „die Freiheit, die persönliche Wahrnehmung von
Ungerechtigkeiten in subjektiver Emotionalität in die Welt zu tragen.“ Auf
D. habe nach dem Freispruch ein starker „Druck“ gelastet, der sie zur
„öffentlichen Verarbeitung“ veranlasste.
## Reaktion auf Diffamierung
Wegen des Freispruchs dürfe sie ihre Vorwürfe zwar „nicht unbegrenzt“
wiederholen, so die Verfassungsrichter. In unmittelbarer zeitlicher Nähe
zum für sie aufwühlenden Freispruch könne dies aber durchaus möglich sein.
Die Richter gaben auch zu bedenken, dass Claudia D. in ihrem Interview auf
„diffamierende“ Äußerungen Kachelmanns reagierte, der sich ebenfalls
„emotionalisierend“ geäußert habe. Ein Gegenschlag ihrerseits müsse daher
nicht neutral-sachlich bleiben.
In Karlsruhe entschied eine mit drei Richtern besetzte Kammer. Ihr gehörten
der konservative Senatspräsident Ferdinand Kirchhof, der Liberale Johannes
Masing und die Feministin Susanne Baer an. Das Oberlandesgericht Köln muss
über den Fall nun neu entscheiden.
Az.: 1 BvR 2844/13
29 Apr 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Jörg Kachelmann
Bundesverfassungsgericht
Sexuelle Gewalt
Meinungsfreiheit
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Sexuelle Gewalt
Strafrecht
Dokumentation
Alice Schwarzer
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