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# taz.de -- Risiko-Untersuchung zu Glyphosat: Gift im Leseraum
> Ein kleines bisschen Öffnung: Monsanto will eine Studie zu Glyphosat nur
> unter großen Einschränkungen zugänglich machen.
Bild: Pflanzenschutz ist nicht immer ganz ungefährlich
Berlin taz | Der Leseraum, bekannt vom Freihandelsabkommen TTIP, macht
Karriere. Der Agrarkonzern Monsanto kopiert die Idee. „Wir wollen uns der
Diskussion stellen“, sagte ein Monsanto-Sprecher – beim Pflanzengift
Glyphosat. Monsanto hat den Unkrautvernichter einst auf den Markt gebracht.
Heute produzieren ihn auch andere. Die Hersteller fürchten um die
Neuzulassung des unter Krebsverdacht stehenden Stoffs. Im Mai wollen die
EU-Staaten entscheiden.
„Personen, die ein berechtigtes Interesse haben“, so der Sprecher, sollten
die Risiko-Untersuchungen der Hersteller lesen können: 14 Studien dazu, ob
der Stoff krebserregend ist, jede rund 500 Seiten dick. Dafür sollen zwei
Räume eingerichtet werden, im Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit in Braunschweig und bei der europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit, Efsa, im italienischen Parma. Vielleicht werden
auch Handys oder Notizen erlaubt.
Dem Vorschlag ging ein höflicher, aber in seiner Art seltener Brief voraus.
Vergangenen Montag schrieb der EU-Kommissar für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, an die Glyphosat-Hersteller.
Er forderte sie auf, „proaktiv“ die eigenen Studien zu veröffentlichen.
Transparenz müsse zwar mit gesellschaftlichen Belangen wie „Schutz des
privaten Eigentums“ in Einklang gebracht werden. Glyphosat habe aber eine
„außergewöhnliche“ Aufmerksamkeit bekommen.
Ein Grund: Die Risiko-Einschätzungen gehen weit auseinander. Die EFSA,
deren Urteil als Grundlage einer EU-Entscheidung gilt, hält es für
unwahrscheinlich, dass Glyphosat ein Krebsrisiko birgt. Die Vorarbeit dazu
kam vom deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung. Dieses verwarf das
Urteil „möglicherweise krebserregend“ der Internationalen Agentur für
Krebsforschung (IARC), das der Weltgesundheitsorganisation angehört. Es kam
in Erklärungsnot, weil es sich auf die Herstellerangaben verließ.
## Ein simples Molekül
Kritiker pochen längst auf die Veröffentlichung der Daten. Heike
Moldenhauer vom Umweltverband BUND spricht beim Leseraum denn auch von
„Pseudotransparenz“. Max Blank von Lobbycontrol hält ihn für
„inakzeptabel“. Anders Andreas Gies vom Umweltbundesamt. Er, selbst
Glyphosat-Kritiker, findet den Vorstoß „epochal“. Gies hält das Argument
der Hersteller, nur im Leseraum blieben Geschäftsgeheimnisse gewahrt, für
stichhaltig. Es gehe dabei nicht um die Chemie-Rezeptur, das „simple
Molekül“ könne jeder nachbauen.
Für Konkurrenten seien vielmehr die Angaben über die „aufwendigen und
kostspieligen“ Risikoanalysen interessant. Diese müsse jeder Hersteller
vorlegen, bevor er ein neues Mittel mit Glyphosat vermarkten wolle. Da für
sie viel Geld gezahlt werde, dürften sie nicht „einfach kopiert“ werden.
Gies plädiert dafür, eine hochrangige wissenschaftliche Gruppe zu bilden,
die die Studien kritisch begutachtet, und ihr nicht nur Zugang zu
Leseräumen zu geben, sondern auch Zeit, etwa ein halbes Jahr. Doch ein
Sprecher der EU-Kommission sagt: „Der Glyphosat-Entscheidungsprozess geht
weiter.“ Er sei „nicht gebunden“ an den Austausch der Hersteller mit dem
Gesundheitskommissar.
7 Apr 2016
## AUTOREN
Hanna Gersmann
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